Sehr geehrter Herr Meyer, vielen Dank für Anfrage.
Zur Frage 1:
Ich gehe aufgrund ihrer Angaben davon aus, dass sich die Verjährung der klägerischen Ansprüche gem. Art. 229
§ 6 I 1 EGBGB ab dem 1. 1. 2002 nach dem ab dann geltenden neuen Verjährungsrecht richtet. Die Verjährung deliktischer Ansprüche hatte wegen fehlender Kenntnis i.S. von § 852 BGB
a.F. noch nicht begonnen. Ich habe dies jedoch nicht geprüft und anhand ihrer Angaben auch nicht prüfen können.
Sowohl die Ansprüche gegen den Arzneimittelhersteller (etwa aus § 84 AMG
und § 5 AMG
i. V. mit § 823 II BGB
) als auch gegen den Arzt verjähren ab Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen. Auf die Beschaffung von Einzelnachweisen (gemeint sind wohl Beweise) und einen Kausalitätsnachweis kommt es nicht an. Dies ist Sache eines Gerichts- oder Schlichtungsverfahrens. Dort wird zur Kausalitätsfrage regelmäßig ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Allerdings kann die Verjährung gegen den Arzneimittelhersteller durch Verhandlungen und/oder Führen eines Schlichtungsverfahrens gehemmt sein. Um dies korrekt beantworten zu können, sind von Ihnen weitere Informationen notwendig.
Wann hatten Sie/der Verstorbene Kenntnis davon, dass die Höhe der Dosierung schädliche Auswirkungen hat?
Wann und wie lange wurde verhandelt?
Dauern die Verhandlungen noch an?
Erst kann kann verlässlich beantwortet werden, ob Ansprüche bereits verjährt sind.
Zur Frage 1b:
Der irreführende Hinweis des Arzneimittelhersteller bezüglich des verlangtes Einzelnachweises führt nicht zu dessen Haftung. Denn es hätte Ihnen ja freigestanden die Verjährung der Ansprüche gegen den Arzt zu verhindern, indem sie einen Rechtsanwalt beauftragt hätten. Allerdings ist es denkbar, dass sich der Arzneimittelhersteller nicht auf eine Verjährung der Ansprüche berufen kann, wenn dies rechtsmißbräuchlich ist und sich bspw. aus der bisherigen Korrespondenz ergibt.
Hat der Arzneimittelhersteller die Haftungsfrage dem Grunde nach offen gelassen und weitere Nachweise verlangt? Dazu ist Einsicht in die bisherige Korrespondenz erforderlich.
Der Arzneimittelhersteller ist rechtlich nicht verpflichtet auf eine etwaige Haftung des Arztes hinzuweisen. Deshalb bleibt ein unterlassener Hinweis auch sanktionslos.
Zur Frage 2):
Eine Haftung des Arztes bleibt kommt nicht in Betracht, wenn diese Ansprüche verjährt sind. Eine von Ihnen erwähnte "Ablenkung" vom zusätzlichen oder alternativ haftenden Arzt durch die Informationspolitik des Arzneimittelherstellers ist zwar unfair aber führt nicht zu dessen Ersatzhaftung für Fehler des Arztes. Es sei denn, Sie können nachweisen, dass der Arzneimittelhersteller vorsätzlich gehandelt hat, damit sie Ansprüche gegen den Arzt nicht geltend machen können.
Erlauben sie mir zum Schluss noch einen Hinweis. Ein erfolgreiches Vorgehen gegen den Arzneimittelhersteller - unbeschadet der Verjährungsfragen - setzt voraus, dass durch das Medikaments ein nicht mehr vertretbares Mißverhältnis zwischen Nutzen und Schaden eingetreten ist. Die Materie insgesamt ist für dieses Forum eher nicht geeignet; die Kommentare der Kollegen deuteten dies bereits an. Sie können sich gerne per E-Mail an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Stein
Fachanwalt für Medizinrecht
thomas.stein@advo-kontor.de
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Diese Antwort ist vom 21.06.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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