Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich möchte sie auf der Grundlage Ihrer Angaben und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten:
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass Sie mit dem Interessenten, der Ihnen 800,00 EUR geboten hat, wohl einen gültigen Kaufvertrag geschlossen haben. Insofern ist das Abschicken der Ware nicht zu beantstanden.
Fraglich ist, wie das Schicksal der "normalen" Auktion zu bewerten ist.
Bei den sog. Ebay-Auktionen handelt es sich streng-juristisch nicht um Auktionen im Rechtssinne. Vielmehr stellt das Einstellen des Artikels eine vorweggenommene rechtsverbindliche Annahme dar. Der Verkäufer erklärt verbindlich die Annahme des höchsten Gebotes bei Ablauf der Auktionszeit. Zu beachten sind bei der Auslegung der Erklärungen auch die Ebay-Regeln und Grundsätze, namentlich die AGB von Ebay.
Zunächst einmal ist wichtig, ob Sie einen berechtigten Grund für die Beendigung der Auktion hatten (siehe §§ 10, 11 AGB-Ebay).
Ferner differenziert Ebay wohl zwischen Auktionen, die eine Laufzeit von mehr als 12 Stunden haben und Auktionen, bei denen die Restlaufzeit geriner als 12 Stunden ist. Bei Angeboten, die eine Restlaufzeit von weniger als 12 Stunden haben, sieht Ebay weitere Einschränkungen vor (siehe hier: http://pages.ebay.de/help/sell/end_early.html).
Aber ich gehe davon aus, dass Ihr Angebot ohnehin noch eine längere Laufzeit als 12 Stunden hatte.
Nach alledem kommt es darauf an, ob Sie einen zur Beendigung berechtigenden Grund hatten oder nicht.
Allein die Tatsache, dass Ihnen eine sehr lukratives Angebot gemacht worden ist und Sie die Auktion deshalb vorzeitig beenden wollten, stellt keinen berechtigenden Grund dar. Ebay nennt beispielhaft die Beschädigung oder Fehler bei der Mindestpreisangabe als berechtigende Gründe.
Dem Grunde nach wäre daher das Beenden der Auktion nicht wirksam. Der Bieter hätte einen wirksamen Kaufvertrag, den Sie nicht (mehr) erfüllen können. Sie wären daher schadensersatzpflichtig.
Allerdings gehe ich davon aus, dass nach Beendigung der Auktion auf Ebay keine weiteren Angebote für Ihren Artikel abgegeben werden konnten, da Ebay ihn herausnahm. Daher ist anzunehmen, dass bei normalen Verlauf der Dinge Sie einen höheren Preis als 423,00 EUR hätten erzielen können und auch gut möglich, dass der jetzige Anspruchsteller gar nicht den Zuschlag bekommen hätte.
Außerdem wird der jetzige Anspruchsteller Schwierigkeiten haben, die unberechtigte Beendigung des Angebots zu beweisen.
Ferner wird er extreme Schwierigkeiten haben, seinen Schaden konkret darzulegen und zu beziffern. Dazu ist er aber als Anspruchsteller verpflichtet.
Daher möchte ich Ihnen abschließend raten, falls Ebay die Auktion als wirksam beendet ansieht und eine Beendigung erfolgt ist, den Schadensersatzanspruch des Bieters zu ignorieren und erst einmal abzuwarten, ob dieser seinen Anspruch weiterverfolgt und was er an Informationen und "Beweisen" zur Verfügung hat. Auf dieser Grundlage könnten Sie, wenn es denn überhaupt zu einem gerichtlichen Verfahren kommen sollte, die Sach- und Rechtslage neu überdenken. Derzeit gehe ich aber davon aus, dass der Bieter seinen Schadensersatzanspruch nicht darlegen und beweisen können wird.
Ich hoffe, Ihnen durch diese Antwort eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben.
Über eine positive Bewertung würde ich mich freuen.
Für eine weitere Beauftragung stehe ich gerne zur Verfügung. Sollten Unklarheiten bestehen, bitte ich Sie, die kostenlose Nachfragefunktion in Anspruch nehmen.
An dieser Stelle möchte ich mir noch den Hinweis erlauben, dass die rechtliche Einschätzung ausschließlich auf den von Ihnen mitgeteilten Tatsachen beruht und dass durch das Hinzufügen oder Weglassen von weiteren tatsächlichen Angaben die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen kann.
Auch aus diesem Grunde, kann und soll diese Plattform eine umfassende Begutachtung durch eine Kollegen vor Ort nicht ersetzen, sondern lediglich eine erste Orientierung bieten.
Mit freundlichen Grüßen
Kerem E. Türker
Rechtsanwalt