Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts im Rahmen einer Erstberatung gern beantworte. Bei der Beantwortung der Frage, gehe ich davon aus, dass Sie mit "Nebenkosten" das von jedem Eigentümer zu zahlende Hausgeld meinen und verwende daher auch diesen Begriff.
Die Frage, ob und ggf. von wem während der Zwangsverwaltung das Hausgeld zu zahlen ist, stellt sich leider immer wieder, obwohl der BGH inzwischen eine eindeutige Rechtsauffassung vertritt.
Zu berücksichtigen ist, dass sich zum 01.07.2009 das WEG geändert hat, was auch zu Neuerungen im Gesetz über die Zwangsversteigerung und -verwaltung geführt hat. Aus diesen Änderungen ergeben sich derzeit die meisten Probleme bei den Hausgeldzahlungen durch den Zwangsverwalter.
Für Zwangsverwaltungen, die vor dem 30.06.2007 begannen, galt zweifelsfrei, dass der Zwangsverwalter nach § 155 Abs. 1 ZVG
das laufende Hausgeld an die WEG zu entrichten hat (BGH, Urt. v. 5. Februar 2009, IX ZR 21/07
). Der die Zwangsvollstreckung betreibende Gläubiger hatte dabei ggf. dem Zwangsverwalter einen entsprechenden Vorschuss bereitzustellen, damit der Zwangsverwalter dieser Pflicht gegenüber der WEG nachkommen konnte.
Mit der Änderung des WEG am 30.06.2007 ergibt sich die Frage, ob die bisherige Rechtsprechung auch weiterhin unverändert gelten sollte. Die Folgen dieser Änderung werden teilweise kontrovers diskutiert. Die wesentlichen Ansichten stellen sich dabei wie folgt dar:
1.
Eine wohl erhebliche Meinung des juristischen Schrifttums, der sich einige erstinstanzliche Gerichte (z. B. AG Duisburg) angeschlossen haben, gehen aufgrund der Gesetzesänderung davon aus, dass nunmehr das Hausgeld erst bei der Verteilung der durch die Zwangsverwaltung erzielten Überschüsse zu berücksichtigen sei und insoweit auch keine Vorschusspflicht mehr für den die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger zur Zahlung des laufenden Hausgeldes bestehen könne (vgl. Ausführungen im BGH Beschluss vom 15.10.2009 - V ZB 43/09
mit weiteren Nachweisen).
Mit dieser Begründung lehnen etliche Zwangsverwalter daher die Zahlung des Hausgelds ab.
2.
Der andere große Teil des Schriftums, dem auch einige Gerichte folgen (z. B. AG Köln, LG Düsseldorf, AG Leipzig) geht davon aus, dass die Gesetzesänderung an der früheren Rechtslage nichts verändert habe, so dass der Zwangsverwalter auch weiterhin verpflichtet sei, das laufende Hausgeld als Verwaltungsausgabe an die WEG zu zahlen. Desgleichen soll der Gläubiger, der die Zwangsvollstreckung betreibt, weiterhin verpflichtet sein, dem Zwangsverwalter einen Vorschuss zur Verfügung zu stellen, wenn die Einnahmen aus der Verwaltung nicht ausreichen, um die Kosten für das Hausgeld zu (vgl. auch Ausführungen im BGH Beschluss vom 15.10.2009 - V ZB 43/09
mit weiteren Nachweisen).
Der BGH folgt in dem Beschluss vom 15.10.2009 - V ZB 43/09
- der Auffassung, dass die Kosten für das laufende Hausgeld auch nach der Änderung des WEG Kosten der Verwaltung im Sinne des § 155 Abs. 1 ZVG
darstellen. Das Hausgeld dürfe im Grunde nicht anders behandelt werden, als die Aufwendungen für den Erhalt des Grundstücks, da letztlich auch das Hausgeld der Erfüllung von Forderungen der WEG und damit dem Erhalt des Wohneigentums dient. Das laufende Hausgeld ist damit den Verwaltungskosten in diesem Sinne gleichzustellen.
Der BGH kommt damit zu dem Ergebnis, dass auch nach der Gesetzesänderung der Zwangsverwalter im Sinne des § 155 Abs. 1 ZVG
verpflichtet ist, das laufende Hausgeld an die WEG zu bezahlen und ggf. von dem die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger einen entsprechenden Vorschuss verlangen. Damit setzt der BGH also die bisherige Rechtsprechung über die Zahlungspflicht des Zwangsverwalters uneingeschränkt fort.
Zusammengefasst bedeutet das, dass das laufende Hausgeld auch während der Zwangsverwaltung zu zahlen ist und dass der Zwangsverwalter für die Zahlung zu sorgen hat.
Die Zwangsverwalter, die die Zahlung des Hausgeldes ablehnen, sollten daher unter Hinweis auf den genannten BGH-Beschluss an ihre Zahlungspflicht dringend erinnert werden.
Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Frage beantwortet und eine Argumentationshilfe für das weitere Vorgehen gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin
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Diese Antwort ist vom 03.07.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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