Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf der Grundlage Ihrer Schilderung und Ihres Einsatzes gerne wie folgt beantworte:
I. Ein Rücktritt vom Kaufvertrag wegen des Kraftstoffverbrauchs setzt voraus, daß es sich bei dem Verbrauch um einen Mangel des Fahrzeugs handelt.
Daß ein überhöhter Kraftstoffverbrauch ein Mangel eines Neuwagens sein kann, ist grundsätzlich anerkannt. Umstritten ist lediglich, wie hoch der Mehrverbrauch sein muß, damit man de facto von einem Mangel des Fahrzeugs sprechen kann. Während z. B. das LG Ravensburg (Urt. v. 06.03.2007 - 2 O 297/06
) meint, daß ein - bezogen auf die Angaben in der Richtlinie 80/1268/EWG - Mehrverbrauch von 3,03 % einen Sachmangel darstellt, wurde zum alten Recht vertreten, daß ein Mehrverbrauch von bis zu 10 % hinzunehmen sei.
Da im vorliegenden Fall der Mehrverbrauch erheblich höher liegt, dürfte ein Sachmangel vorliegen. Letztlich wird das aber nur ein Sachverständiger zuverlässig beurteilen können.
II. Geht man nach nach alledem von einem Sachmangel aus, müssen Sie dem Verkäufer zunächst Gelegenheit zur - hier grdsl. möglichen - Nacherfüllung geben.
Dabei können Sie im Prinzip nach Ihrer Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen (§ 439 BGB
).
Bei Wahl einer Ersatzlieferung besteht allerdings die Gefahr, daß der Verkäufer diese unter Berufung auf § 439 Abs. 3 BGB
berechtigt verweigert. In diesem Fall hätten Sie lediglich Anspruch auf eine Nachbesserung.
III. Sie sollten deshalb, soweit sich dies hier beurteilen läßt, den Verkäufer sogleich zur Beseitigung des Mangels auffordern und ihm hierfür - wie § 323 Abs. 1 BGB
es verlangt - eine angemessene Frist setzen.
Was "angemessen" ist, ist naturgemäß eine Frage des Einzelfalls. Ich meine aber, daß hier eine Frist von zwei Wochen ausreichend sollte, um dem Verkäufer ausreichend Zeit zur Mangelbeseitigung zu geben.
Verweigert der Verkäufer die Nacherfüllung, oder bleibt diese erfolglos, können Sie Ihren Rücktritt vom Kaufvertrag erklären.
Nicht erforderlich ist, daß sich der Verkäufer zweimal oder öfter an dem Fahrzeug "versucht" hat. Zwar gilt eine Nachbesserung nach zwei erfolglosen Versuchen i. d. R. als fehlgeschlagen (§ 440 Satz 2 BGB
). Dies ist aber nur insoweit von Bedeutung, als es dann - wenn also zwei erfolglose Versuche unternommen wurden - vor einem Rücktritt nicht mehr der in § 323 Abs. 1 BGB
genannten Fristsetzung bedarf.
Ich hoffe, daß Ihnen diese Auskunft weiterhilft, und ich Ihnen eine erste Orientierung geben konnte. Für eine kostenlose Nachfrage stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Sofern Sie darüber hinaus eine Beratung oder Vertretung in dieser Sache wünschen, nehmen Sie bitte Kontakt über die u. a. E-Mail-Adresse auf.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Trettin
Rechtsanwalt
fea@trettin-rechtsanwaelte.de
www.trettin-rechtsanwaelte.de
Diese Antwort ist vom 22.01.2008 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Trettin,
ich danke Ihnen vielmals für Ihre Antwort. Jetzt habe ich noch eine Nachfrage:
Mein Autohändler hat heute eine Verbrauchsmessung an meinem Wagen durchgeführt, die angeblich nach der Richtlinie 80/1268/EWG erfolgte, die für die Verbrauchsangaben der Hersteller verwendet wird. Dabei ermittelte er einen weit geringeren Wert von von 3,57 l / 100 km. Ich hatte kurz davor getankt und der Wert lag bei 4,43 l / 100 km. Wenn die Messung des Händlers tatsächlich stimmt, dann scheint es, dass der Motor sich schon bei geringen Abweichungen von der Test-Richtlinie sehr stark in seinem Verbrauchsverhalten ändert.
Ich bin ein sehr defensiver Fahrere und erziele mit anderen Fahrzeugen regelmäßig Verbrauchswerte, die im Bereich und unter der mittleren Verbrauchsangabe der Hersteller liegen. Darüber bin und war ich noch nie.
Mir ist jetzt nicht klar, ob erst dann ein Mangel vorliegt, wenn der nach der Richtlinie ermittelte Wert für meinen Wagen über 10% höher ist oder der im täglichen Fahrbetrieb erzielte Wert?
Vielen Dank für Ihre Hilfe.
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Nachfrage beantworte ich gerne wie folgt:
I. Nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB
ist eine Sache insbesondere dann frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat.
Deshalb stellt der im vorgeschriebenen Verfahren ermittelte - dazu unten - Kraftstoffverbrauch eines Neuwagens schon dann einen Sachmangel dar, wenn er zum Nachteil des Käufers von den Angaben im Verkaufsprospekt abweicht und jenseits des vorgegebenen Toleranzbereichs liegt. Dies ist z. B. bereits bei einem Mehrverbrauch von 3,03 % der Fall (vgl. LG Ravensburg, Urt. v. 06.03.2007 - 2 O 297/06
).
II. Nicht jeder Sachmangel berechtigt indes zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Hierfür muß vielmehr ein "erheblicher" Mangel vorhanden sein.
Wann der Kraftstoffmehrverbrauch "erheblich" ist, ist allerdings umstritten. Zum Teil wird - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung zum alten Schuldrecht - angenommen, ein Mehrverbrauch von 10 % (oder gar 15 %) sei unerheblich. Andere meinen dagegen, gerade mit Rücksicht auf das gestiegene Umweltbewusstsein sei dieser Grenzwert herabzusetzen.
III. Die Messung des Kraftstoffverbrauchs muß entsprechend der EU-Richtlinie 80/1268/EWG - auf der auch die Herstellerangaben basieren dürften - auf dafür zugelassenen Prüfständen erfolgen.
Ob dies hier geschehen ist, vermag ich naturgemäß nicht zu sagen. Allerdings weicht ja auch der von Ihrem Autohändler gemessene Wert zu Ihrem Nachteil von den angegebenen Verbrauchswerten ab.
Deshalb könnte es sich empfehlen, im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens verbindlich zu klären, ob Ihr Fahrzeug einen Sachmangel aufweist, und daran das weitere Vorgehen auszurichten.
Ich hoffe, daß ich Ihnen mit diesen Erläuterungen weiterhelfen konnte, und stehe Ihnen auch weiterhin gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Trettin
Rechtsanwalt
fea@trettin-rechtsanwaelte.de
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