Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne unter Zugrundelegung der mir mitgeteilten Informationen beantworten möchte:
Sie haben zunächst nicht erwähnt, ob das Wohnrecht im Grundbuch eingetragen wurde (dingliches Wohnrecht, § 1093 BGB
) oder ob eine Eintragung nicht erfolgte (schuldrechtliches Wohnrecht). Ein schuldrechtliches Wohnrecht wird wie eine Leihe behandelt. Ihre Eltern könnten hier die Möglichkeit zur Kündigung des Wohnrechts nach § 605 BGB
haben. Der Verleiher (also Ihre Eltern) kann die Leihe kündigen: 1.wenn er infolge eines nicht vorhergesehenen Umstandes der verliehenen Sache bedarf, 2.wenn der Entleiher (also Ihr Bruder) einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, insbesondere unbefugt den Gebrauch einem Dritten überlässt (...).
Ihr Bruder hat die Dachwohnung einem Dritten überlassen, was von der Rechtsprechung in der Regel als unzumutbar angesehen wird, da sich die Wohnung im Einfamilienhaus der Eigentümer befindet.
Sollten Ihre Eltern das Haus verkaufen wollen, da sie in ein Pflegeheim möchten und dies sonst nicht finanzieren könnten, so könnte eine Kündigung nach § 605 BGB
in Betracht gezogen werden, wenn es sich um ein Wohnrecht handelt, das nicht im Grundbuch eingetragen wurde.
Auch bei einem dinglichen Wohnrecht stellt sich die Frage, ob Ihrem Bruder die Vermietung gestattet wurde.
Ihr Bruder hat u.U. zunächst gar keinen Gestattungsanspruch zur Vermietung der Dachwohnung. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 1092 I 2 BGB
, sondern allenfalls aus § 242 BGB
. Die Rechtsprechung ist hier sehr uneinheitlich.
Die Gestattung muss vom jeweiligen Eigentümer erteilt werden und ist gegenüber dem Rechtsnachfolger, also einem Käufer oder Erben nur wirksam, wenn sie im Grundbuch eingetragen worden ist.
Es stehen Ihren Eltern hier u. U. Abwehransprüche aus § 1004 BGB
gegen Ihren Bruder zu, die dann geprüft werden müssten.
Sollten Ihre Eltern Ihnen den Vertrag zur Verfügung stellen, so müssten Sie diesen bitte einsehen. Ihre Eltern könnten zudem einen Grundbuchauszug anfordern, falls das Wohnrecht eingetragen wurde. Ein Wohnungsrecht wird teilweise unter der auflösenden Bedingung vereinbart, dass der Wohnungsberechtige auszieht. Es könnte sich entsprechend das Wohnungsrecht schon durch seinen Auszug aufgelöst haben. Die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung ist zivil- und grundbuchrechtlich zulässig.
Das Haus kann trotz Wohnrecht veräußert werden.
Wenn Ihre Eltern das Haus vermieten, dann kann es zu einer gesetzlichen Überleitung der Ansprüche auf die Miete auf den Träger der Sozialhilfe kommen ( § 93 SGB XII
) .
Bei einem schuldrechtlichen Wohnrecht würde die Möglichkeit der Kündigung, § 605 BGB
, bestehen, die das Sozialamt dann u.U. einfordern würde, um zu einer Verwertung zu gelangen. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit der Geltendmachung eines Elternunterhalts gegenüber den Kindern durch das Sozialamt. Dann würden auch bei weiter bestehenden Wohnrecht und Vermietung Mieteinkünfte Ihres Bruders berücksichtigt. Das Sozialamt nimmt bei unterhaltsbedürftigen Pflegepersonen bei den unterhaltspflichtigen Kindern über § 94 SGB XII
Rückgriff oder veranlasst, dass ein Betreuer bestellt wird, dessen Aufgabenbereich die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen umfaßt.
Bitte berücksichtigen Sie, dass eine abschließende Prüfung der Angelegenheit, ohne Einsichtnahme der Vertragsunterlagen etc. nicht möglich ist und es sich vorliegend lediglich um eine Erstberatung handelt.
Mit freundlichen Grüßen,
Ute Lins
Rechtsanwältin