Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne nehme ich zu Ihrer Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Angaben und Ihres Einsatzes wie folgt Stellung:
Ich unterstelle bei meiner Antwort, dass die Ehefrau den Fitnessvertrag mit Schreiben vom 30.08.2010 wirksam zum 30.11.2010 kündigen konnte. Um das abschließend beantworten zu können, müsste aber der Fitnessvertrag samt der einbezogenen AGB eingesehen werden.
Ich unterstelle das deswegen, weil das Fitnessstudio dem Ehemann die Kündigung zum 30.11.2010 bestätigt hat. Das spricht dafür, dass der Ehemann die im Fitnessvertrag/AGB geregelte Kündigungsfrist eingehalten hat; denn sonst hätte das Fitnessstudio die Kündigung nicht wunschgemäß bestätigt. Ich unterstelle des Weiteren, dass die Kündigungsregelung des Vertrages der Ehefrau und die Kündigungsregelung im Vertrag des Ehemanns gleichlautend sind. Da die beiden Verträge nahezu gleichzeitig abgeschlossen wurden, würde das bedeuten, dass auch die Ehefrau mit dem Einschreiben vom 30.08.2010 mit Wirkung zum 30.11.2010 kündigen konnte.
Sollte Widerspruch gegen den Einspruch eingelegt werden, müsste die Ehefrau im folgenden streitigen Verfahren dann „nur noch" beweisen, dass ihre Kündigungserklärung dem Fitnessstudio fristgerecht zugegangen war. Es ist nämlich so, dass der Kündigende beweisen muss, dass seine Kündigung dem Empfänger auch zugegangen ist, wenn der Empfänger das bestreiten sollte.
Sie können hier davon ausgehen, dass der Zugang der Kündigung vom Fitnessstudio mit Sicherheit bestritten werden wird, denn sonst würde das Fitnessstudio nicht den Rechtsweg beschreiten.
Das weitere Vorgehen (widersprechen oder zahlen) muss also davon abhängig gemacht werden, ob die Ehefrau den fristgerechten Zugang der Kündigung im Bestreitensfall voraussichtlich beweisen könnte.
Eine Kündigung ist zugegangen, wenn sie dergestalt in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser die Kündigung zur Kenntnis nehmen KANN und die Kenntnisnahme nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist. Der Empfänger muss die Kündigung also nicht zwingend gelesen haben. Wenn nachgewiesen werden kann, dass sich das Kündigungsschreiben der Ehefrau im selben Briefumschlag wie das Kündigungsschreiben des Ehemanns befunden hat, dann hätte das Fitnessstudio auch davon Kenntnis nehmen können. Es könnte sich also nicht damit herausreden, die zweite Kündigung „übersehen" zu haben.
Hier kann bewiesen werden, dass das Kündigungsschreiben des Ehemanns dem Fitnessstudio spätestens am 06.09.2010 zugegangen sein musste; denn andernfalls hätte das Fitnessstudio keinen Anlass gehabt, die Kündigung mit Schreiben vom gleichen Tag zu bestätigen.
Kann die Ehefrau beweisen, dass sie ihr Kündigungsschreiben im selben Briefumschlag verschickt hat, in dem auch das Kündigungsschreiben des Ehemanns enthalten war, wäre damit auch der Zugang der Kündigung der Ehefrau nachgewiesen. Denn es kann nicht sein, dass nur ein Teil des Inhalts ein und derselben Briefsendung zugegangen, während der andere Teil abhandengekommen sein soll. Hierfür würde sich der Zeugenbeweis anbieten. Die Ehefrau müsste dann einen Zeugen benennen, der gesehen hat, wie die beiden unterschriebenen Kündigungsschreiben im Original in denselben Briefumschlag eingelegt und dieser anschließend fest verschlossen und an den richtigen Empfänger adressiert bei der Post aufgegeben wurde. Damit wäre dem Fitnessstudio im streitigen Verfahren die Ausflucht versperrt, in dem Umschlag habe sich gar kein zweites Kündigungsschreiben befunden.
Die Ehefrau selbst würde als Zeugin ausscheiden; dafür käme aber der Ehemann oder ein anderer Dritter als Zeuge in Betracht.
Gibt es einen solchen Zeugen nicht, könnte der Zugang der Kündigung der Ehefrau jedenfalls allein auf Grund der Kündigungsbestätigung für den Ehemann nicht bewiesen werden.
In diesem Fall kann der Widerspruch ggf. auf einen Teil des Mahnbescheids beschränkt werden, z. B. weil die geltend gemachte (Neben-)Forderung überhöht ist. Dies müsste aber im Einzelnen geprüft werden.
Ich hoffe, Ihnen hiermit einen ersten Überblick über die Rechtslage verschafft zu haben, und wünsche Ihnen für das weitere Verfahren viel Erfolg und alles Gute.
verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Felix M. Safadi
Rechtsanwalt
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Allgemeine Hinweise:
Bitte erlauben Sie mir noch den obligatorischen Hinweis, dass es sich bei dieser Antwort lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des allein auf Ihren Angaben basierenden Sachverhalts handelt. Eine solche ERSTberatung kann und will eine umfassende Begutachtung und den Gang zum Anwalt nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen weiterer Angaben kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.
Sehr geehrter Ratsuchender,
statt "Einspruch" muss es im dritten Absatz meiner Antwort richtigerweise "Mahnbescheid" heißen. Bitte entschuldigen Sie die Unachtsamkeit.
Mit freundlichen Grüßen
RA Safadi