Wildschaden mit Mietauto ohne Haftungsbeschränkung - wer haftet?
| 17.07.2018 23:03
| Preis:
***,00 € |
Zusammenfassung:
Im vorliegenden Fall geht es um Beweisfragen und die Haftung des Mieters gegenüber einem Autovermieter nach einem Wildschaden. Grundsätzlich haftet man nicht. Aus Beweisgründen sollten derartige Unfälle stets der Polizei gemeldet werden, damit der Vorfall als Wildunfall aufgenommen werden kann.
Sehr geehrte Dame,
sehr geehrter Herr,
am 30.05.2018 ist mir mit einem bei Sixt in München angemieteten Fahrzeug (VW Golf 7) in Österreich nachts auf der Landstraße ein Hase direkt vor das Auto gesprungen.
Eine Vollbremsung oder ein Ausweich-Manöver war aufgrund der kurzen Distanz unmöglich.
Die Verkehrsregeln wurden eingehalten.
Dies habe ich Sixt gegenüber auch so geschildert.
Im Mietvertrag steht hierzu folgendes:
"Nach einem Unfall, Diebstahl, Brand, Wild oder sonstigen Schaden hat der Mieter oder der Fahrer unverzüglich die Polizei zu verständigen.
Wird die Polizei nicht verständigt, kann eine vereinbarte Haftungsbeschränkung voll oder teilweise entfallen."
Da keine Haftungsbeschränkung vereinbart wurde, kein Dritter in den Unfall verwickelt wurde und der Hase nach dem Zusammenstoß garantiert tot war (und deshalb auch nicht mehr gelitten hat), habe ich weder die Polizei noch die Unfallhotline von Sixt angerufen. Bei der Rückgabe habe ich auf den Schaden hingewiesen und dieser wurde in das Übergabeprotokoll aufgenommen.
Aus diesem Grund habe ich auch keine Wildunfall-Bescheinigung.
Da ich mangels Haftungsbeschränkung davon ausgegangen bin, dass ich den Schaden ohnehin selbst begleichen müsse, habe ich zunächst auch keine Fotos gemacht.
Nach einiger Recherche bin ich auf § 538 BGB
gestoßen, den ich so interpretiere, dass ich den Schaden nicht zu vertreten habe.
In den AGB von Sixt steht außerdem folgendes:
"Bei Fahrzeugschäden, Fahrzeugverlust und Mietvertragsverletzungen haften der Mieter und/oder der Fahrer grundsätzlich nach den allgemeinen Haftungsregeln.
Demnach haften der Mieter und/oder der Fahrer dann nicht, wenn sie die Pflichtverletzungen nicht zu vertreten haben."
Daraus folgere ich, dass ich für den entstandenen Schaden nicht haften muss.
Für einen ähnlichen Fall habe ich folgendes Urteil gefunden: https://openjur.de/u/635316.html
Im drittletzten Grund (46) wurde ein Wildunfall als "ein von außen kommendes, zufälliges Ereignis" bezeichnet und in diesem Zusammenhang angedeutet, dass der Vermieter eine Schuld des Mieters nachzuweisen hätte.
Zwei Tage nach dem Unfall habe ich doch noch ein paar Fotos gemacht.
Das meiste Fell war dann bereits weg, allerdings habe ich nun bei genauerer Betrachtung tatsächlich noch ein paar einzelne Haare gefunden.
Nun habe ich eine Schadenersatzforderung über 944,61 € erhalten.
Angehängt war auch ein Gutachten, das Schäden an der Luftführung des Stoßfängers und am Kondensator feststellt.
In diesem sind auch Lichtbilder des Schadens enthalten und auch dort ist zumindest noch ein Haar zu sehen, das auch auf meinen eigenen Bildern abgebildet ist.
Im Gutachten gibt es auch den Punkt "Schadenhergang / Plausibilität". Dort steht folgendes:
"Dem Sachverständigen sind keine näheren Einzelheiten zum Schadenhergang bekannt, daher konnte die Plausibilität nicht geprüft werden. Diesbezüglich muss auf die Schadenunterlagen verwiesen werden."
D.h. Sixt hat dem Gutachter meine Schilderung des Schadenhergangs nicht mitgeteilt, sodass diese im Gutachten weder für plausibel erklärt noch widerlegt wurde.
Zusammenfassung und weitere wichtige Fakten:
- Weder Polizei noch Unfallhotline wurden gerufen
- Auf den Schaden habe ich bei der Rückgabe hingewiesen und dieser wurde im Übergabeprotokoll aufgenommen (allerdings nur der Schaden an der Stoßstange - nicht der Schaden am Kondensator)
- Es gibt eine Zeugin, die meine Freundin ist und Beifahrerin war
- Ich habe Fotos erst 2 Tage später gemacht
-> Als ich diese jetzt nochmal genauer untersuchte, sind mir tatsächlich noch einzelne Haare aufgefallen, wovon eines auch in den Lichtbildern des Gutachtens zu erkennen ist
- Der Unfall ereignete sich am 30.05.2018
- Das Gutachten wurde am 09.07.2018 erstellt
- Die Schadenersatzforderung beläuft sich auf 944,61 €.
- Da die Forderung keine Steuer enthält, scheint Sixt den Schaden nicht reparieren zu lassen
Fragen:
1) Hafte ich überhaupt für den Wildunfall?
2) Welches weitere Vorgehen würden Sie mir empfehlen?
a) Wenn ich für den Schaden haften muss:
a1) Habe ich das Recht, den Schaden bei einer günstigeren (ggf. nicht markengebundenen) Werkstatt reparieren zu lassen bzw. deren Kostenvoranschlag für die Bewertung des Schadens zu verwenden?
-> Im Gutachten wurde als Referenzwerkstatt die MAHAG GmbH in München (die Anmietung erfolgte ebenfalls in München) mit einem Stundensatz von 169,00 € (ohne MWST) genannt
b) Wenn ich für den Schaden *nicht* haften muss:
b1) Wer trägt die Beweispflicht dafür, dass es tatsächlich ein Wildunfall war?
-> Dem Gutachter wurde meine Unfallschilderung nicht mitgeteilt, sodass deren Plausibilität nicht beurteilt wurde
b2) Ausgehend von meiner schlechten Beweislage (keine Polizei, Zeugin war Beifahrerin und auf den Fotos sind nur noch vereinzelte Haare zu sehen): Wie hoch sind meine Aussichten auf Erfolg?
Vielen Dank und freundliche Grüße