Sehr geehrter Ratsuchender,
ich möchte Ihre Fragen auf Grund des dargelegten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten:
Ich weise darauf hin, dass dies einer ersten Orientierung über die bestehende Rechtslage dient und ein ggf. persönliches Beratungsgespräch bei einem Anwalt Ihrer Wahl nicht ersetzt.
Das Hinzufügen oder Weglassen von Informationen kann die rechtliche Beurteilung beeinflussen.
Dies vorangestellt beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
Ich werde versuchen Ihre einzelnen Fragen zusammenzufassen und Ihnen somit ein umfassende Antwort zu geben.
Zunächst möchte ich voranstellen, dass die beabsichtigte Erbrechtsreform noch nicht in Kraft getreten ist und somit noch nicht feststeht, welche endgültigen Regelungen dann gelten.
Hinsichtlich der Freibeträge betrifft dies in erster Linie die Pflichtteilsberechtigten, also nicht Sie sonder Ihre 3 Geschwister.
Diese wären besser gestellt, mit der Geltendmachung des Pflichtteils noch bis zum Inkrafttreten der Reform zu warten, da die Freibeträge hinsichtlich der Erbschaftssteuer, die auch auf den Pflichtteil zu zahlen ist, da höher liegen und somit geringere Erbschaftssteuer zu zahlen ist.
Dies ist in Ihrem Fall jedoch noch unerheblich, da der Erbfall (der Tod Ihrer Mutter) noch nicht eingetreten ist.
Ich gehe davon aus, dass beim Vorliegen des Erbfalls dann jedoch die Erbrechtsreform bereits in Kraft getreten ist, so dass es auf diese Frage dann überhaupt nicht mehr ankommt.
Im Wesentlichen geht es allein um die Frage, ob Ihnen das Haus zu Lebzeiten geschenkt werden solle oder jedoch der Erbfall abgewartet werden soll.
Maßgeblich für die Auszahlung von Pflichtteilsansprüchen ist dann nämlich der Zeitablauf.
Eine Schenkung die Sie von Ihrer Mutter zu Lebzeiten erhalten, wird dem Nachlass hinzugerechnet, wenn seit der Schenkung bis zum Erbfall keine 10 Jahre vergangen sind (Pflichtteilsergänzungsanspruch).
Dabei wäre es für die Auszahlung des Pflichtteils und auch steuerlich unerheblich, ob Ihnen zu Lebzeiten nur die Hälfte geschenkt werden würde, wenn die 10 Jahre noch nicht vergangen sind.
Aus diesem Grund macht eine hälftige Übertragung keinen Sinn. Sind die 10 Jahre noch nicht abgelaufen, wird auch die Hälfte des Hauses, die dann Ihnen übertragen wurde zum Nachlass und somit maßgeblich für den Pflichtteilsanspruch hinzugerechnet.
Wenn zu erwarten ist, dass Ihre Mutter noch 10 Jahre lebt und diese Sie als Alleinerben für das Haus einsetzen will, macht es einen Sinn, Ihnen das Haus zum jetzigen Zeitpunkt im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, zu überschreiben.
Eine Absicherung Ihre Mutter kann dann allenfalls über die Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts geschehen.
Nur dies würde eine ausreichende Sicherheit bieten, da die Nutzung andererseits nur durch Mietvertrag möglich wäre, dieser aber gekündigt werden kann, das eingetragene lebenslange Wohnrecht jedoch nicht.
Wie eine vertragliche Regelung hinsichtlich der Mieten für den Fall der Übertragung auf Sie ausgestaltet ist, ist allein Sache zwischen Ihnen und Ihrer Mutter.
Diesbezüglich besteht insofern Vertragsfreiheit zwischen Ihnen und Ihrer Mutter.
Sie können Mieten, die Sie als Eigentümer erzielen, beispielsweise im Wege einer Schenkung oder auf Grund vertraglicher Beziehung auf Ihre Mutter übertragen.
Der Pflichtteil entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Erhalten Sie das gesamte Haus beim Erbfall, beträgt der Pflichtteil Ihrer Geschwister 1/8 vom Wert des Hauses.
Erhalten Sie zu Lebzeiten das ganze Haus und sind 10 Jahre noch nicht abgelaufen, beträgt der Pflichtteil ebenfalls 1/8 am Wert des ganzen Hauses.
Erhalten Sie die Hälfte des Hauses zu Lebzeiten und sind 10 Jahre noch nicht abgelaufen, beträgt der Pflichtteil auf Grund des Pflichtteilergänzungsanspruchs ebenfalls 1/8 vom Wert des ganzen Hauses.
Wenn Sie die Hälfte oder das Haus im Ganzen zu Lebzeiten erhalten
Sie gehen fehl in der Annahme, dass bei Aufnahme eines Kredites zur Auszahlung des Pflichtteils und Erhalt des Hauses, Sie schlechter stehen würden, als wenn Sie im Wege der gesetzliche Erbfolge lediglich 1/4 des Hauses erhalten würden.
Bei der gesetzlichen Erbfolge erhalten Ihre Geschwister 1/4 des Hauses. Sind Sie Alleinerbe haben Sie jeweils nur 1/8 des Wertes des Hauses jeweils an Ihre Geschwister zu zahlen, im Gegensatz dazu erhalten Sie jedoch 5/8 des Nachlasses, was mehr als 1/4 ist.
Fazit:
Zum einen ist es erforderlich, dass Ihre Mutter eine Verfügung von Todes wegen verfasst, nach dem Sie als Alleinerbe eingesetzt werden, wenn diese Ihnen das Haus zuwenden will.
Im Ergebnis würde ich, auch im Hinblick auf die Erbschaftsreform eine Übertragung zu Lebzeiten vorziehen, mit der Eintragung eines lebenslangen dinglichen Wohnrechts für Ihre Mutter zu deren Absicherung.
Hinsichtlich der Schenkungssteuer mindert die Eintragung eines lebenslangen Wohnrechts zu Gunsten Ihrer Mutter, den Wert des Hauses um den Wert des Wohnrechts, wonach sich auch die Schenkungssteuer reduziert.
Auch nach der Erbschaftsreform bleibt ein Schenkung nach Ablauf von 10 Jahren unberücksichtigt.
Da die Erbschaftsreform eine Abstufung nach Zeitablauf seit der Schenkung vorsieht, käme Ihnen eine Übertragung zu Lebzeiten zugute.
Würde Ihre Mutter innerhalb der 10 Jahre, beispielsweise nach 6 Jahren sterben, würde nach der alten jetzigen Regelung der Wert des Hause komplett zum Nachlass zählen.
Nach der Erbschaftsreform jedoch nur noch zur Hälfte.
Das lebenslange Wohnrecht wird notariell vereinbart und im Grundbuch eingetragen.
Dies gilt erst recht für den Fall, dass zu erwarten ist, das Ihre Mutter noch 10 Jahre leben wird.
Hinsichtlich der Miete können Sie mit Ihrer Mutter eine vertragliche Regelung treffen.
Sind die 10 Jahre seit Schenkung bis zum Erbfall abgelaufen, bleibt das Haus bei der Pflichtteilsberechnung und Erbschaftssteuer außer Acht, ganz egal, ob ein Wohnrecht für Ihre Mutter eingeräumt war oder nicht.
Der Wert des Hauses bestimmt sich nach dem Verkehrswert. Eine Erzielung der Mieten spielt dafür allein keine Berücksichtigung sondern fließt allenfalls in die Gesamtbewertung mit hinein.
Der Wert des Hauses bildet für den Nachlass nur eine Berechnungsgröße. Hier sind die Schulden, die der Erblasses zum Zeitpunkt des Todes hat gegenzurechnen.
Der Wert des Nachlasses, der für die Berechnung des Pflichtteils maßgeblich ist, errechnet sich aus vorhandenen Vermögen, wozu der Wert des Hauses zählt, abzüglich Verbindlichkeiten.
Sollte das Haus Ihnen jedoch zu Lebzeiten übertragen wurden sein und 10 Jahre seitdem vergangen sein, spielt es für die Ermittlung des Nachlasses keine Rolle mehr.
Ich hoffe ich konnte Ihnen einen ersten Überblick über die bestehende Rechtslage geben und Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.
Bestehende Unklarheiten beantworte ich Ihnen gern innerhalb der kostenlosen Nachfragefunktion, wobei ich darum bitte, die Vorgaben dieses Forums zu beachten.
Darüber hinausgehende Fragen beantworte ich Ihnen gern im Rahmen einer Mandatserteilung.
Durch eine Mandatserteilung besteht auch die Möglichkeit einer weiterführenden Vertretung.
Die Kommunikation bei größerer Entfernung kann via Email, Post, Fax und Telefon erfolgen und steht einer Mandatsausführung nicht entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Liebmann
Rechtsanwalt