Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Der Titelschutz erfolgt in Deutschland über das Markengesetz (MarkenG). Dort wird in den §§ 5
und 15 MarkenG
der Werktitel umfassend geschützt. Titelschutz entsteht grundsätzlich durch Benutzungsaufnahme. Einer besonderen Registrierung bedarf es nicht. Benutzungsaufnahme liegt vor, wenn der Titel für ein bestehendes Werk im geschäftlichen Verkehr benutzt wird, bei Druckschriften also durch das Erscheinen.
Dies setzt zunächst Unterscheidungskraft der Bezeichnung voraus. An die Unterscheidungskraft von Zeitungstiteln sind nach der Rechtsprechung des BGH nur geringe Anforderungen zu stellen, weil auf dem Zeitungsmarkt seit jeher Zeitungen unter mehr oder weniger farblosen Gattungsbezeichnungen angeboten werden, so dass sich das Publikum an diesen Zustand gewöhnt hat und bei Zeitungen auch solchen Titeln Unterscheidungskraft beimisst, denen für andere Druckschriften keine Kennzeichnungskraft zukommt (BGH, Urt. v. 27.2.1992 – I ZR 103/90
– Morgenpost; Urt. v. 10.4.1997 – <a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=I%20ZR%20178/94" target="_blank" class="djo_link" title="BGH, 10.04.1997 - I ZR 178/94: "B.Z./Berliner Zeitung"; Titelschutz für jeweils nur in einem Te...">I ZR 178/94</a> – B.Z./Berliner Zeitung; vgl. auch BGH, Urt. v. 31.7.2008 – I ZR 171/05
– Haus & Grund II). Diese Rechtsprechung kann auch auf Seminarunterlagen übertragen werden, wenn sich die angesprochenen Verkehrskreise an eine solch beschreibende Titelverwendung gewöhnt haben (was allerdings im Streitfall von demjenigen, der Rechte geltend macht, nachgewiesen werden muss).
Titelschutz kann also grundsätzlich auch bestehen, wenn bei einem beschreibenden Namen mangels Unterscheidungskraft bzw. Freihaltebedürfnisses eine Markeneintragung nicht möglich ist.
Die Entstehung des Werktitelschutzes nach § 5 Abs. 3 MarkenG
setzt ferner eine kennzeichenmäßige Benutzung und nicht lediglich eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung voraus; die Bezeichnung muss als Werktitel tatsächlich benutzt werden. Eine titelmäßige Verwendung liegt vor, wenn eine Kennzeichnung in einer Weise benutzt wird, dass ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs in ihr die Bezeichnung eines Werkes zur Unterscheidung von anderen Werken sieht.
Da die Anforderungen an einen geschützten Werktitel also deutlich geringer sind als an eine Marke, ist auch der Schutzbereich eingeschränkt. Ob die Gefahr einer Verwechlung mit einem älteren Titel besteht, bemisst sich nach drei wesentlichen Faktoren:
- Kennzeichnungskraft des älteren Titels
- Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Werktitel
- Identität oder Ähnlichkeit der jeweiligen Werke
Wie bei Marken stehen all drei in Wechselwirkung. Generell kann man aber sagen, dass bereits geringfügige Abweichungen bei Titeln mit geringer Kennzeichnungskraft eine Verwechslungsgefahr ausschließen können. Wenn bereits rein beschreibenden Titel Titelschutz zukommen kann, wird in diesen Fällen der Schutz auch nur gegen konkrete und identische Übernahmen bestehen können. In Ihrem Fall scheint die Bezeichnung nur ähnlich, aber nicht identisch zu sein, so dass aus diesem Grund schon einen Verwechslungsgefahr ausscheiden könnte.
Ferner gilt die Schutzwirkung auch nur für die betreffende Werkart und nicht umfassend. Denn weil Titel eigentlich nur gegen unmittelbare Verwechslungsgefahr geschützt sind, scheidet eine Verwechslungsgefahr dann aus, wenn der angegriffene Titel zu einem Werk einer anderen Werkart gehört, da der Verkehr dann das eine Werk aufgrund der Unterschiede nicht für das andere hält. In Ihrem Fall werden zum einen Seminarunterlagen bezeichnet, zum anderen eine Domain mit einem Seminarangebot. Zwar liegt hier eine gewisse Werknähe vor, unter Berücksichtigung des beschreibenden Charakters des Titels und der leichten Abwandlung kann man aber wohl auch in dieser Hinsicht eine Verwechslungsgefahr verneinen.
Nicht zuletzt besteht der Titelschutz nur im in dem räumlichen Bereich, in dem das Werk bestimmungsgemäß vertrieben wird. Werden die Seminarunterlagen also nur in der Schweiz vertrieben, kommt ein Schutz in Deutschland nicht in Betracht. Dementsprechend scheidet auch ein Anspruch aus § 15 Abs.3 MarkenG
aus, da es sich um keine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung handeln dürfte. Auch die Eintragung einer Marke in der Schweiz würde nur Schutz für die Schweiz entfalten. Wenn Sie Ihre Dienstleisung also nur auf dem deutschen Markt anbieten, griefen Sie nicht in den Schutzbereich ein.
Ich kann nach Ihrer Schilderung daher keine Ansprüche des Mitbewerbers aus Kennzeichenrecht erkennen.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
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Diese Antwort ist vom 20.01.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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20.01.2011
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13:01
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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