Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Durch den Satz in Ihrem Arbeitsvertrag „Die Kündigungsfristen gelten beiderseits." will ihr Arbeitgeber grundsätzlich erreichen, dass die für ihn geltende verlängerte Kündigungsfrist aus dem Tarifvertrag auch für Sie gilt. Die gewählte Formulierung ist allerdings missverständlich, da es ja selbstverständlich ist, dass für beide Seiten Kündigungsfristen gelten sollen. Welche Fristen konkret beiderseits gelten sollen, wird aber gerade nicht klargestellt. Korrekterweise müsste die Regelung z.B. lauten: „Die für den Arbeitgeber geltenden Kündigungsfristen gelten beiderseits". Deshalb kann Ihr Arbeitgeber im Fall einer Kündigung Ihrerseits meines Erachtens nicht die Einhaltung der 5-monatigen Kündigungsfrist verlangen. Ich muss jedoch auf ein gewisses Restrisiko hinweisen, da ein Arbeitsgericht die Formulierung anders beurteilen könnte.
Daher würde ich Ihnen raten, sich in Ihrem Kündigungsschreiben auf die kurze Frist von 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats zu beziehen, die Kündigung aber dennoch so früh wie möglich einzureichen, um Diskussionen um diesen Punkt zu vermeiden. Die Kündigungsfrist ist ja lediglich eine Mindestfrist, die Sie einhalten müssen. Sie können daher auch unter Bezugnahme auf die 4 Wochenfrist bspw. am 31.7. zum 31.10. kündigen.
Sollte Ihr Arbeitgeber auf der Einhaltung der 5-Monatsfrist bestehen wollen, wird er Ihnen dies sicherlich mitteilen, so dass Sie dann auf der Grundlage der missglückten Formulierung im Arbeitsvertrag argumentieren können. Objektiv betrachtet hat der Arbeitgeber in solchen Fällen einen sehr schlechten Stand. Selbst wenn die längere Kündigungsfrist wirksam vereinbart worden wäre, könnte er im Fall der Nichteinhaltung lediglich Schadensersatzansprüche geltend machen (es sei denn, der Arbeitsvertrag enthält ausdrückliche, wirksame Vertragsstrafenregelungen für diesen Fall). Um den Schadensersatzanspruch durchzusetzen, müsste der Arbeitgeber jedoch nachweisen, dass gerade durch die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist konkrete, bezifferbare Schäden (entgangener Gewinn, verdorbene Ware o.ä.) entstanden sind. Das ist in der Praxis sehr schwierig und meist unmöglich, so dass Ihr Risiko diesbezüglich gering ist.
Bitte beachten Sie aber vorsorglich, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren beide Seite ihre Anwaltskosten stets selber tragen müssen, auch wenn sie am Ende Recht bekommen. Daher kann der rechtzeitige Abschluss einer Rechtsschutzversicherung sinnvoll sein.
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Mit freundlichen Grüßen
Annegret Müller-Mundt