Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworten möchte:
1. Erhebung eines Nutzungsentgelts, auch rückwirkend für den Zeitraum ab dem Jahr 1999
Ob Sie ein Nutzungsentgelt von Ihren Nachbarn erheben können, ist aus mehreren Gründen fraglich. Erstens existiert keine gesetzliche Regelung über eine Entgeltlichkeit von Grunddienstbarkeiten, so dass als Grundlage für einen Entgeltanspruch nur die Erklärung der Stadt vom 09.12.1998 dienen kann. Diese Erklärung bindet aber nur dann Ihre Nachbarn, wenn diese damals Vertragspartner der Stadt gewesen sind oder die aus dieser Erklärung resultierende Verpflichtung von ihren Rechtsvorgängern übernommen haben. Zweitens ist fraglich, wie die Erklärung "die Ausübung der Dienstbarkeit erfolgt entgeltlich" zu verstehen ist. Wenn die damaligen Vertragsparteien eine Einmalzahlung vereinbart hatten, ist die Dienstbarkeit damit abgegolten, so dass Ihnen auch vor diesem Hintergrund kein jährliches Nutzungsentgelt mehr zustände. Insoweit müssten Sie bei der Stadt einmal nachfragen.
Sollten Sie diese Einwände aus der Welt schaffen können, dann dürfte Ihrem Anspruch auf Zahlung eines jährlichen Nutzungsentgelts allerdings nichts mehr im Wege stehen. Diesen Anspruch werden Sie dann auch rückwirkend geltend machen können. Gemäß § 196 BGB
verjähren derartige Ansprüche nämlich erst nach zehn Jahren, die in Ihrem Fall noch nicht verstrichen sind.
2. Anspruch auf hälftige Beteiligung der Nachbarn an den Kosten für den Weg und die Toranlage
Ein solcher Anspruch kann aufgrund der - wohl auch im Grundbuch eingetragenen - Unterhaltungspflicht der Eigentümer des Grundstücks A bestehen. Insoweit gilt § 1021 Abs. 1 Satz 2 BGB
, der besagt, dass in dem Fall, dass dem Eigentümer das Recht zur Mitbenutzung des Weges zustehen soll, bestimmt werden kann, dass der durch die Dienstbarkeit Berechtigte verpflichtet ist, den Weg zu unterhalten, soweit dies für das Benutzungsrecht des Eigentümers erforderlich ist. Das heißt, dass Ihre Nachbarn Ihnen gegenüber verpflichtet sind, den Weg auf ihre Kosten in einen Zustand zu versetzen, der der Art und Weise der Benutzung des Weges durch Sie angemessen ist. Wenn hierzu gehört, dass der Weg für das Befahren mit schweren Fahrzeugen ausgelegt sein muss und zudem ein stabiles Tor und ein Briefkasten am Beginn des Weges vorhanden sein müssen, dürfen Sie von Ihren Nachbarn verlangen, dass diese die Kosten für die entsprechenden Arbeiten tragen, und zwar sogar in vollem Umfang.
3. Aussichten der eventuell beabsichtigten Klage
Die Bestellung einer Grunddienstbarkeit ist gemäß § 1019 BGB
nur dann wirksam, wenn sie in einer Belastung besteht, die für die Benutzung des Grundstücks des Berechtigten einen Vorteil bietet. Ein "Vorteil" im Sinne dieser Vorschrift ist jeder objektive wirtschaftliche Nutzen für die Benutzung des herrschenden Grundstücks. Hieran bestehen nach Ihrer Schilderung in Ihrem Fall durchaus Zweifel. Eine objektive Nützlichkeit der Dienstbarkeit für die Benutzung des Grundstücks A ist auf den ersten Blick nicht recht ersichtlich. Nur dann, wenn das Grundstück A aus bestimmten Gründen z.B. nur über den nun bestehenden Weg erreicht werden kann (etwa aufgrund der Art und Weise der bestehenden Bebauung auf dem Grundstück A), ließe sich ein objektiver wirtschaftlicher Vorteil begründen. Dies kann ich aus der Ferne nicht beurteilen, stimme Ihnen aber grundsätzlich zu, dass das gesamte Geschehen etwas seltsam anmutet. Der Versuch, die Löschung der Grunddienstbarkeit in die Wege zu leiten, erscheint daher nicht von vornherein als aussichtslos. Im Falle des Falles müssten die Nachbarn zunächst außergerichtlich aufgefordert werden, ihre Einwilligung zur Löschung der Grunddienstbarkeit zu erklären; sollten sie diese verweigern, können Sie entsprechend Klage erheben.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine erste Orientierung zu Ihrem Fall verschaffen. Für eine Nachfrage stehe ich selbstverständlich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Laurentius
(Rechtsanwältin)
Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin,
die Beantwortung meiner Fragen erfolgte präzise und umfassend. Vielen Dank dafür.
In Ihrer Antwort zu Frage 2 bemerken Sie: "Ein solcher Anspruch kann aufgrund der- wohl auch im Grundbuch eingetragenen- Unterhaltspflicht der Eigentümer des Grundstücks A bestehen".
Nun ist die Unterhaltspflicht nicht explizit im Grundbuch eingetragen aber der Verweis auf die Bewilligung der Stadt.
Genauer Wortlaut: Grunddienstbarkeit (Leitungs- Geh- und Fahrrecht) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks "A". Eingetragen unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom 9. Dezember 1998 am 29. Dezember 1998 und mit dem belasteten Grundstück hier eingetragen am 16.04.1999.
Ist die Formulierung im Grundbuch so anzusehen, als wäre der Inhalt der Bewilligung im Grundbuch niedergeschrieben, was nur aus Platzgründen nicht erfolgte?
Im weiteren Wortlaut Ihrer Antwort teilen Sie mit, "...dürfen Sie von Ihren Nachbarn verlangen, dass diese die Kosten für die entsprechen Arbeiten tragen, und zwar sogar in vollem Umfang".
Gehen mit der gesamten oder anteiligen Kostenübernahme der Nachbarn auch dingliche Sachen in ihr Eigentum über? Beispiel: Alleinige Kostenübernahme des Eingangstores durch die Nachbarn-damit ihr alleiniges Eigentum? 50% Kostenübernahme-hälftiges Eigentum?
Vienen Dank für die Beantwortung im Rahmen der kostenfreien Nachfrage.
Dingliches Eigentum werden Ihre Nachbarn in keinem Fall erwerben. Sowohl die Toranlage als auch der Weg und die Versorgungsleitungen sind nach Ihrer Schilderung fest mit Ihrem Grundstück verbunden und damit schon kraft Gesetzes Eigentum ausschließlich desjenigen, dem das Grundstück gehört. Im Übrigen führt die Kostentragung grundsätzlich nicht zu Veränderungen hinsichtlich der Eigentumslage.
Es genügt zudem für das Bestehen der Unterhaltspflicht, dass im Grundbuch lediglich auf die Bewilligung, die eine solche Unterhaltspflicht vorsieht, Bezug genommen wurde. Denn der Inhalt der Bewilligung bestimmt durch die Bezugnahme den genauen Inhalt des im Grundbuch verbrieften Rechts Ihrer Nachbarn, also auch deren Unterhaltspflicht, mit derselben Wirkung, als wäre die Unterhaltspflicht direkt in das Grundbuch eingetragen worden.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Laurentius
(Rechtsanwältin)