Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund Ihrer Angaben und der Höhe Ihres Einsatzes wie folgt beantworte.
Die Voraussetzungen für die Einteilung in die Steuerklasse II liegen dann vor, wenn bei einem Arbeitnehmer, gleich ob ledig, verheiratet, geschieden oder verwitwet, der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG
zu berücksichtigen ist.
Bis Juli 2007, also vor Ihrem Umzug lagen die Voraussetzungen vor.
Nach § 24b Abs. 2 EStG
gilt als Alleinerziehend, wer keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bildet. Ist eine andere Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet, wird vermutet, dass sie mit dem Steuerpflichtigen gemeinsam wirtschaftet (Haushaltsgemeinschaft). Unter einem gemeinsamen Wirtschaften versteht man in objektiver Sicht das Wirtschaften aus einem Topf - dabei ist es nicht maßgeblich, wer die Kosten des Haushalts trägt und in subjektiver Sicht, dass die Personen den Haushalt als einen gemeinsamen betrachten. Ob das in Ihrem Fall zutrifft, läßt sich von meiner Seite aus nur schwer feststellen. Sie schreiben, dass dort finanziell unabhängig von anderen Personen lebten und eigene Räumlichkeiten (Wohnung?)bewohnten. Daher gehe ich davon aus, dass noch keine Haushaltsgemeinschaft bestand. Allerdings ist es für eine sichere Einstufung unabkömmlich, alle Umstände hinsichtlich der Haushaltsführung zu kennen. Z.B. gibt es jeweils eigene Küchen, oder gibt es einen Gemeinschaftskühlschrank, ist das Leben dort gleich einer typischen Wohngemeinschaft...
Wenn die Voraussetzung des § 24b Abs. 2 EStG
nicht mehr vorliegen, dann erfolgt eine Einstufung in die Steuerklasse I als geschiedene; sofern nicht die Ehe aufgelöst worden ist und die im Kalenderjahr der Auflösung der Ehe beide Ehegatten unbeschränkt steuerpflichtig waren und nicht dauernd getrennt gelebt haben und der andere Ehegatte wieder geheiratet hat, von seinem neuen Ehegatten nicht dauernd getrennt lebt und beide unbeschränkt einkommensteuerpflicht sind. Dann erfolgt für dieses Kalenderjahr eine Einstufung in Steuerklasse III.
Da die Vermutung der Haushaltgemeinschaft vom Steuerpflichtigen widerlegt werden muss, sollten Sie, sofern die Voraussetzungen des Allein stehenden Steuerpflichtigen vorliegen, gegenüber dem FA vorbringen, dass Sie in keiner Haushaltsgemeinschaft leben.
Soweit ich es beurteilen kann, bringt der Umzug keine Änderung der Steuerklasse mit sich.
Durch die Verheiratung und die Eröffnung einer ehelichen Lebensgemeinschaft entfallen die Voraussetung nach § 24b EStG
und damit folgt eine Änderung der Steuerklasse. Allerdings ist es hier fraglich, ob eine Einteilung in Steuerklasse IV erfolgt, da diese zwingend voraussetzt, dass beide Ehegatten Arbeitslohn beziehen. Nachdem Ihr Mann selbständig ist, bezieht er keinen Arbeitslohn.
Ob eine Steuererklärung abgegeben werden muss, richtet sich nach § 46 EStG
und hängt von vielen Umständen ab, die in diesem Rahmen aber nicht abgehandelt werden können.
Ich hoffe, dass ich Ihnen in Ihrer Angelegenheit weiterhelfen konnte. Bei Unklarheiten verweise ich auf die kostenlose Nachfrageoption.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred A. Binder
- Rechtsanwalt -
Ich darf schließlich noch auf Folgendes hinweisen:
Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen, so dass die Beratung innerhalb dieses Forums lediglich eine erste rechtliche Orientierung in der Sache darstellt und keinesfalls den Gang zu einem Kollegen vor Ort ersetzen kann.
§ 46 Veranlagung bei Bezug von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
(1) (weggefallen)
(2) Besteht das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, so wird eine Veranlagung nur durchgeführt,
1.wenn die positive Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen waren, vermindert um die darauf entfallenden Beträge nach § 13 Abs. 3 und § 24a, oder die positive Summe der Einkünfte und Leistungen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, jeweils mehr als 410 Euro beträgt;
2.wenn der Steuerpflichtige nebeneinander von mehreren Arbeitgebern Arbeitslohn bezogen hat; das gilt nicht, soweit nach § 38 Abs. 3a Satz 7 Arbeitslohn von mehreren Arbeitgebern für den Lohnsteuerabzug zusammengerechnet worden ist;
3.wenn für einen Steuerpflichtigen, der zu dem Personenkreis des § 10c Abs. 3 gehört, die Lohnsteuer im Veranlagungszeitraum oder für einen Teil des Veranlagungszeitraums nach den Steuerklassen I bis IV unter Berücksichtigung der Vorsorgepauschale nach § 10c Abs. 2 zu erheben war;
3a.wenn von Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen sind, beide Arbeitslohn bezogen haben und einer für den Veranlagungszeitraum oder einen Teil davon nach der Steuerklasse V oder VI besteuert worden ist;
4.wenn auf der Lohnsteuerkarte eines Steuerpflichtigen ein Freibetrag im Sinne des § 39a Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 5 oder 6 eingetragen worden ist; dasselbe gilt für einen Steuerpflichtigen, der zum Personenkreis des § 1 Abs. 2 gehört, wenn diese Eintragungen auf einer Bescheinigung nach § 39c erfolgt sind;
4a.wenn bei einem Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 nicht vorliegen,
a)(weggefallen)
b)(weggefallen)
c)(weggefallen)
d)im Fall des § 33a Abs. 2 Satz 6 das Elternpaar gemeinsam eine Aufteilung des Abzugsbetrags in einem anderen Verhältnis als je zur Hälfte beantragt oder
e)im Fall des § 33b Abs. 5 Satz 3 das Elternpaar gemeinsam eine Aufteilung des Pauschbetrags für behinderte Menschen oder des Pauschbetrags für Hinterbliebene in einem anderen Verhältnis als je zur Hälfte beantragt.
2Die Veranlagungspflicht besteht für jeden Elternteil, der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen hat;
5.wenn bei einem Steuerpflichtigen die Lohnsteuer für einen sonstigen Bezug im Sinne des § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2 und 4 nach § 39b Abs. 3 Satz 9 oder für einen sonstigen Bezug nach § 39c Abs. 5 ermittelt wurde;
5a.wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer von einem sonstigen Bezug berechnet hat und dabei der Arbeitslohn aus früheren Dienstverhältnissen des Kalenderjahres außer Betracht geblieben ist (§ 39b Abs. 3 Satz 2, § 41 Abs. 1 Satz 7, Großbuchstabe S);
6.wenn die Ehe des Arbeitnehmers im Veranlagungszeitraum durch Tod, Scheidung oder Aufhebung aufgelöst worden ist und er oder sein Ehegatte der aufgelösten Ehe im Veranlagungszeitraum wieder geheiratet hat;
7.wenn
a)für einen unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 auf der Lohnsteuerkarte ein Ehegatte im Sinne des § 1a Abs. 1 Nr. 2 berücksichtigt worden ist oder
b)für einen Steuerpflichtigen, der zum Personenkreis des § 1 Abs. 3 oder des § 1a gehört, das Betriebsstättenfinanzamt eine Bescheinigung nach § 39c Abs. 4 erteilt hat; dieses Finanzamt ist dann auch für die Veranlagung zuständig;
8.wenn die Veranlagung beantragt wird, insbesondere zur Anrechnung von Lohnsteuer auf die Einkommensteuer.2Der Antrag ist durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen.
(2a) (weggefallen)
(3) 1In den Fällen des Absatzes 2 ist ein Betrag in Höhe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, von denen der Steuerabzug vom Arbeitslohn nicht vorgenommen worden ist, vom Einkommen abzuziehen, wenn diese Einkünfte insgesamt nicht mehr als 410 Euro betragen.2Der Betrag nach Satz 1 vermindert sich um den Altersentlastungsbetrag, soweit dieser den unter Verwendung des nach § 24a Satz 5 maßgebenden Prozentsatzes zu ermittelnden Anteil des Arbeitslohns mit Ausnahme der Versorgungsbezüge im Sinne des § 19 Abs. 2 übersteigt, und um den nach § 13 Abs. 3 zu berücksichtigenden Betrag.
(4) 1Kommt nach Absatz 2 eine Veranlagung zur Einkommensteuer nicht in Betracht, so gilt die Einkommensteuer, die auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfällt, für den Steuerpflichtigen durch den Lohnsteuerabzug als abgegolten, soweit er nicht für zuwenig erhobene Lohnsteuer in Anspruch genommen werden kann.2§ 42b bleibt unberührt.
(5) Durch Rechtsverordnung kann in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1, in denen die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, von denen der Steuerabzug vom Arbeitslohn nicht vorgenommen worden ist, den Betrag von 410 Euro übersteigen, die Besteuerung so gemildert werden, dass auf die volle Besteuerung dieser Einkünfte stufenweise übergeleitet wird.
Der Steuerpflichtige hat das Entfallen der Voraussetzung für die Einteilung in Steuerklasse II zum Zeitpunkt des Entfallens den Behörden anzuzeigen.
Diese Antwort ist vom 28.02.2008 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt, vorab meinen herzlichsten Dank für Ihre Antwort, so wie auf den Hinweis der Nachfrageoption.
Bis Juli war ich nach § 24b Abs. 2 EStG Alleinerziehende. Ab Juli demnach vermutlich nicht mehr. Es bestand eine Wohngemeinschaft mit einer Küche für 3 Personen, wo jeder jedoch seinen Anteil selber finanziert hat. ( Anteil Miete, Anteil Strom, Anteil Nebenkosten, eigene Finanzierung der Lebensmittel und meines eigenen Telefon-Festnetzanschlusses)
Für den Fall, dass ich ab Juli nach Steuerklasse 1 als Geschiedene (seit 1999) hätte versteuern müssen, habe ich bis zu meiner Hochzeit im November zu wenig Steuern gezahlt, da ich bis zur Eheschließung weiterhin nach Steuerkl. 2 versteuert wurde. Direkt im Anschluss an meine Eheschließung befragte mein Mann seinen Steuerberater, der uns zwar mitteilte, dass er als Selbstständiger eigentlich nicht in Steuerkl. 4 gehöre. Uns ist bekannt, dass die Variante 3/5 üblich ist. Da wir jedoch darauf bestanden, unsere Finanzen weiterhin zu splitten, (getrennte Veranlagung) riet der Steuerberater erstmal zu 4/4, da ich so keine Nachzahlungen in den Folgejahren zu erwarten hätte, was mir bei Klasse 3 passieren könne. Ferner dem bilanziert mein Mann, so dass dort das Einkommen ohnehin zum Spitzensteuersatz versteuert werden müsse. Wie auch immer, ich habe mich dahingehend auf die Aussage des Steuerberaters verlassen, den dieser macht schließlich die Steuerdinge meines Mannes. Bislang war ich nie zu einer Steuererklärung verpflichtet, sondern sie basierte auf freiwilliger Ebene.
Meine Frage abschließend wäre, ob ich nun auf Grund der Eheschließung verpflichtet werden könnte, trotz getrennter Veranlagung? Falls ja, wann würde das sein? Mein Mann macht seine Steuererklärung wahrscheinlich, in Verbindung mit den üblichen bisherigen Fristverlängerungen, erst für 2007 Angang 2009.
Oder wird es dann so sein, dass der Fiskus mich unbeachtet lassen wird, zumal ich für das Jahr 2008 direkt zu Beginn 2009 meine Erklärung wie bisher einreichen werde und zu dem Zeitpunkt die Steuererklärung von meinem Mann für 2007 sicher noch nicht dort vorliegen wird?
Mein Jahreseinkommen liegt im Übrigen bei 18.500 € brutto.
Laut Steuerprogramm würde ich für 2007 etwa 300,- € nachzahlen müssen. Nicht die Welt, aber für mich dennoch eine Summe, für die sich eine Nachfrage bei Ihnen lohnt.
Bereits hier und jetzt schon meinen verbindlichsten Dank im Voraus. Mit freundlichen Grüßen nach München.
Sehr geehrter Fragesteller,
grundsätzlich bezieht sich die Nachfrageoption auf die Beseitigung von Unklarheiten, nicht aber gilt sie für eine Neuanfrage.
Gleichwohl werde ich Ihre Anfrage kurz beantworten:
Gem. § 46 EStG
besteht für Sie, soweit ich es aufgrund Ihrer Angaben überprüfen konnte, keine Veranlagungspflicht. Jedoch ergibt sich die Abgabepflicht einer Steuererklärung nach § 25 Abs. 3 Satz 3 EStG
mit der Entscheidung der getrennten Veranlagung, entweder iSd § 26a EStG
oder des § 26c EStG
.
Dabei ist zu beachten, dass der Antrag auf getrennte Veranlagung ein Ereignis ist, das auf den VZ zurückwirkt, (Blümlich, EStG, § 26a, 10).
Die Einkommensteuererklärung, die sich auf ein Kalenderjahr bezieht, ist nach § 149 Abs. 2 AO
spätestens fünf Monaten danach abzugeben. Freilich kann gem. § 109 AO
eine Fristverlängerung beantragt werden.
Hinsichtlich der Haushaltsgemeinschaft ist noch folgendes anzumerken:
Eine Haushaltsgemeinschaft liegt vor, wenn der Steuerpflichtige und die andere Person in der gemeinsamen Wohnung - im Sinne des § 8 AO
- gemeinsam wirtschaften („Wirtschaften aus einem Topf“). Die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft setzt hingegen nicht die Meldung der anderen Person in der Wohnung des Steuerpflichtigen voraus.
Eine Haushaltsgemeinschaft setzt ferner nicht voraus, dass nur eine gemeinsame Kasse besteht und die zur Befriedigung jeglichen Lebensbedarfs dienenden Güter nur gemeinsam und aufgrund gemeinsamer Planung angeschafft werden. Es genügt eine mehr oder weniger enge Gemeinschaft mit nahem Beieinanderwohnen, bei der jedes Mitglied der Gemeinschaft tatsächlich oder finanziell seinen Beitrag zur Haushalts- bzw. Lebensführung leistet und an ihr partizipiert (der gemeinsame Verbrauch der Lebensmittel oder Reinigungsmittel, die gemeinsame Nutzung des Kühlschrankes etc.).
Auf die Zahlungswege kommt es dabei nicht an, d. h. es steht der Annahme einer Haushaltsgemeinschaft nicht entgegen, wenn z. B. der Steuerpflichtige die laufenden Kosten des Haushalts ohne Miete trägt und die andere Person dafür vereinbarungsgemäß die volle Miete bezahlt.
Es kommt ferner nicht darauf an, dass der Steuerpflichtige und die andere Person in besonderer Weise materiell (Unterhaltsgewährung) und immateriell (Fürsorge und Betreuung) verbunden sind. (Auszug aus dem Anwendungsschreiben vom 29.10.2004 [BMF IV C 4 - S 2281 - 515/04]).
Inwieweit dies bei Ihnen vorliegt, kann ich nicht abschätzen.
Sollte jedoch eine Änderung der Steuerklasse ab Juli vorgenommen werden, dann rate ich Ihnen, anhand oben beschriebener Kriterien, die Vermutung einer Haushaltsgemeinschaft zu widerlegen.
Gerne stehe ich Ihnen hierfür zur Verfügung.
Ich hoffe, dass ich Ihnen in der Angelegenheit behilflich sein konnte und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Manfred A. Binder
- Rechtsanwalt -
E-Mail: info@ra-manfredbinder.de