Sehr geehrte Mandantin,
sicher haben Sie bereits gelesen oder gehört, dass Fälle von Mängeln in der Wohnung und damit verbundenen Mietminderungen stets als Einzelfälle entschieden werden müssen. Es gibt daher nicht "die" richtige Lösung und es mag für Ihren Vermieter auch sicherlich höchst ärgerlich und mit hohen finanziellen Schäden verbunden sein. Nach Ihren Schilderungen gehe ich aber klar davon aus, dass Ihre Situation bei weitem überdurchschnittlich belastend und im Ausmaß der Schäden wirklich ungewöhnlich groß ist. Ihre Rechte sind daher ganz erheblich:
1.
Zunächst einmal haben Sie selbstverständlich einen Anspruch auf Entfernung des Schimmels. Es gehört zu den Hauptleistungspflichten eines Wohnungsmietvertrages, dass der Mieter die vereinbarten Mietzahlungen erbringt und dass der Vermieter umgekehrt den Mietraum in einem nutzbaren Zustand erhält. Dabei ist er insbesondere auch zur Rücksichtnahme auf die Rechte des Mieters verpflichtet. Hier werden nicht nur die tägliche Wohnqualität stark beeinflusst, sondern insbesondere auch Ihre Gesundheit und die Ihres Sohnes stark beeinträchtigt. Es gibt insofern keine Diskussionen: Der Schimmel muss weg und das endgültig und dauerhaft.
2.
Natürlich müssen Sie Ihrem Vermieter dabei die Möglichkeit einräumen, auf die Wohnung Zugriff zu nehmen, um anstehende Arbeiten fachmännisch ausführen lassen zu können. Einen Anspruch auf eine Ausweich-Unterkunft haben Sie immer dann, wenn die Nutzbarkeit der Wohnung während dieser Baumaßnahmen soweit herabgesenkt ist, dass ein Verbleib in der Wohnung nicht mehr zumutbar ist.
Hiervon ist nach Ihrer Schilderung auszugehen: Selbst wenn diesmal nur ein Badezimmer betroffen ist, das zweite also grundsätzlich nutzbar wäre, müssen Sie den Raum regelmäßig betreten und wirbeln selbst bei vorsichtiger Umgangsweise die Schimmelsporen so auf, dass diese - für Sie nicht sicht- oder planbar - in der gesamten Wohnung verteilt werden. Dies stellt nicht nur eine gesundheitliche Gefährdung, sondern mittlerweile schon klare Schädigung dar. Lassen Sie sich Arztbesuche und genaue Diagnosen sowie die Behandlungsverläufe zu Beweiszwecken bei allen Betroffenen genau schriftlich dokumentieren.
Hinzu kommt, dass die Bauarbeiten ohnehin bereits mit Lärm und Schmutz verbunden sind, so dass der Erholungswert Ihrer Wohnung in der Freizeit ebenfalls stark herabgesetzt sein dürfte.
Auch die Lautstärke der Trocknungsgeräte spricht für sich. Sie können von Ihrem Vermieter daher den Ersatz der Kosten einer Ersatzunterkunft verlangen.
Zu beachten ist, dass Sie eine so genannte Schadenminderungspflicht trifft. Das bedeutet, dass Sie kein Luxushotel mieten dürfen, sondern die Kosten in einem angemessenen Rahmen belassen müssen. Sie können also ein Hotel oder eine Pension in mittlerer Preislage wählen, die Ihren Bedürfnissen, also Nähe zu Arbeitsplatz und Schule sowie genug Platz für alle Familienmitglieder, gerecht wird.
Insofern müssen Sie sich auch nicht auf Vertröstungen durch Ihren Vermieter einlassen. Er selbst ist für den Ersatz dieser Kosten verantwortlich. Ob und wie weit eine Versicherung ihm diese Kosten ersetzt, betrifft Sie nicht und führt nicht dazu, dass Sie auf den Kosten sitzen bleiben müssen.
3.
Zu den Kosten der Mängelbeseitigung durch den Vermieter gehören auch die Reinigungsarbeiten im Anschluss an die Bau- und Sanierungsmaßnahmen. Es ist zwar davon auszugehen, dass Sie ein zuträgliches Maß selbst übernehmen müssen, hiervon wird aber nicht mehr als staubsaugen und einmal den Boden feucht durchzuwischen betroffen sein. Im Übrigen muss der Vermieter selbst dafür Sorge tragen, dass sämtliche Gerätschaften und Baumaterialien fortgeschafft werden. Tut er dies nicht, können Sie hierfür entstehende Kosten in Rechnung stellen.
4.
Zu guter Letzt kann ich Ihnen mitteilen, dass Ihnen aufgrund des hohen Ausmaßes der Schäden sowie der bereits eingetretenen konkreten Gesundheitsschäden ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht zusteht.
Gem. § 569 Abs. 1 BGB
können Sie außerordentlich und fristlos kündigen. Dies ist deshalb wichtig, weil Störungen im Mietverhältnis normalerweise durch Sie abzumahnen und dem Vermieter eine Frist zur Abhilfeschaffung zu setzen wäre, § 543 Abs. 3 BGB
. In Verbindung mit § 569 BGB
ist aber klargestellt, dass dies in Fällen von Gesundheitsgefährdungen nicht der Fall ist.
Wichtig ist nach § 569 Abs. 4 BGB
, dass Sie sich in dem Kündigungsschreiben ausdrücklich auf die Gesundheitsgefährdung als wichtigen Grund beziehen. Ich gehe davon aus, dass dies von jedem deutschen Gericht so akzeptiert werden würde. Die Häufung der Schadensfälle in Ihrer Wohnung spricht dafür, dass massive Baufehler vorliegen. Ob und mit welchen zeitlichen und finanziellen Einbußen diese zu beseitigen wären, muss Sie nicht interessieren.
Bitte beachten Sie auch, dass Ihr Vermieter die Kündigung nicht "akzeptieren" muss. Sie wird vielmehr mit dem Zeitpunkt wirksam, in dem Sie sie aussprechen. Sie müssen lediglich nachweisen, dass sie den Vermieter auf dem Schriftweg erreicht hat. Insofern sollten Sie die Kündigung als Einwurfeinschreiben versenden.
Auch wenn Sie nicht ausdrücklich danach gefragt haben, erlaube ich mir den Hinweis, dass auch für Ihre Kosten der Vergangenheit noch eine Ersatzpflicht durch den Vermieter gegeben ist. Dies gilt auch für die nicht erstatteten Hotelkosten.
Insofern ist es für Sie auch interessant zu wissen, dass die Stromkosten für die Trocknungsgeräte nach der Rechtsprechung ohnehin von Ihrem Vermieter zu tragen waren und sind. Er hat Ihnen insofern kein besonderes "Entgegenkommen" gewährt, für das Sie dankbar sein müssten.
Ich hoffe, Ihnen hiermit eine erste Orientierung ermöglicht zu haben und stehe Ihnen für Rückfragen über die Nachfragefunktion gerne zur Verfügung. Gerne können Sie mich auch darüber hinausgehend bei ergänzendem Beratungs- oder Vertretungsbedarf in der Abwicklung dieser Angelegenheit über meine Kanzlei kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin
Diese Antwort ist vom 20.02.2016 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrte Frau Daniela Désirée Fritsch,
vielen Dank für Ihre Antwort!
Da der Vermieter sich aber nun mal weigert der Schimmel entfernen zu lassen und ich auch leider keinen so langen Hotelaufenthalt vorfinanzieren kann, helfen mir die Ansprüche, die ich später vor Gericht geltend machen kann, in meiner momentanen Lage leider nicht weiter. Kann ich den Handwerkern den Zutritt verwehren, wenn sie angeben, dass keine Schimmelentferung ausgeführt werden wird, oder muss ich es zulassen, dass der Schimmel freigelegt wird? Ich möchte nicht für Folgeschäden durch Verzögerung in Verantwortung gezogen werden. Andererseits grenzt es ja fast schon an Körperverletzung, dass ich mich gegen diese Gesundheitsschädigung nicht im Moment des Geschehens wehren darf. Gibt es da keine andere Möglichkeit?
Sehr geehrte Fragestellerin,
ich kann nicht beurteilen, ob der aktuelle Schaden "nur" langfristig beseitigt werden muss, oder ob eine akute Gefahr von Verschlechterungen für die Bausubstanz zu befürchten ist, wenn keine Sofortmaßnamhen ergriffen werden.
Ist dies nicht der Fall, kann es eine Einigung darstellen, sich auf Wohnungssuche zu begeben und zunächst in der Wohnung zu verbleiben. Dadurch würde der Vermieter sich die Hotelkosten sparen, umgekehrt könnte er sich dann damit einverstanden erklären, die Sanierung erst dann vorzunehmen, wenn Sie ausgezogen sind. In diesem Fall wäre der Gesundheitsschutz über Ihre Verpflichtung zur Mitwirkung an einer Sanierung zu stellen.
Eventuell kann dann auch ein gerichtliches Eilverfahren in Frage kommen, um Ihnen möglichst schnell weiterhelfen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin