Sehr geehrte(r) Rechtssuchende(r),
Vielen Dank für Ihre Anfrage. Diese möchte ich anhand Ihrer Sachverhaltsdarstellung wie folgt beantworten und vorab darauf hinweisen, dass dieses Forum nur geeignet ist, einen groben Überblick über die rechtliche Lage zu erteilen und kein eingehendes Mandantengespräch ersetzen kann.
Insbesondere kann das Weglassen wesentlicher Angaben das Ergebnis der Rechtsangelegenheit entscheident beeinflussen.
Zu Frage 1: Wäre der neue Vorstand komplett für die Altlasten haftbar?
Gemäß § 31 BGB
haftet der Verein für diejenigen Schäden, die der Vorstand, ein Mitglied des Vorstandes oder ein anderer Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.
Die "Altlasten" des Vereins stellen also Verbindlichkeiten dar, die unabhängig vom früheren oder aktuellen Vorstand allein gegenüber dem Verein bestehen.
Sollten daneben noch frühere Vorstandsmitglieder aufgrund von Pflichtverletzungen oder unerlaubten Handlungen persönlich in Anspruch genommen worden sein, so hätte dies keine Auswirkungen auf andere/ neue Vorstandsmitglieder.
Zu Frage 2: Wenn ja, kann man dieses durch Satzungsänderungen umgehen?
Nein! Bestehende Zahlungsverpflichtungen gegenüber Gläubigern können nicht einfach durch Satzungsänderung umgangen werden.
Die Haftung eines Vereins gegenüber außenstehenden Dritten kann nicht durch Satzungsregelungen eingeschränkt werden. Einzig die Haftung im Innenverhältnis, d.h. unter den Vereinsmitgliedern und im Verhältnis zum Vorstand, kann durch Satzung auf vorsätzliche Pflichtverletzungen beschränkt werden.
Zu Frage 3: Was passiert wirklich wenn wir keinen Vorstand bekommen würden?
Sollte Ihr Verein aus seinen Mitgliedern keinen eigenen Vorstand stellen können, so sieht das Gesetz in § 29 BGB
eine Notbestellung durch das Amtsgericht vor. Danach kann in dringenden Fällen auf Antrag eines Beteiligten ein sog. Notvorstand bestellt werden. Zuständig ist das Amtsgericht, an dem der Verein bereits im Vereinsregister eingetragen ist. Der Notvorstand ist solange tätig, bis der Verein aus der Mitte seiner Mitglieder einen eigenen Vorstand wählt.
Zu Frage 4: Was würde mit den Altlasten passieren wenn der Verein aufgelöst werden würde ?
Ein Verein kann nach § 41 BGB
durch Beschluss von 3/4 der Mitglieder oder nach § 42 BGB
durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst werden. Sollte die Mitgliederversammlung die Auflösung beschließen, so müsste dabei gleichzeitig bestimmt werden, wer die Abwicklung des Verein übernehmen soll. In diesem Beschluß muss also festgelegt werden, wer bestehende Forderungen einziehen, bestehende Verbindlichkeiten aus dem Vereinsvermögen begleichen und ein eventuell vorhendenes Restvermögen verteilen soll.
Gemäß § 42 Abs. 2 BGB
muss der Vorstand im Fall von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen. Wird diese Antragstellung schuldhaft verzögert, so haften die Vorstandsmitglieder den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden als Gesamtschuldner.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine erste Orientierung bieten.
Bitte bedenken Sie nochmals, dass an dieser Stelle nur eine erste Einschätzung möglich ist und das jede Ergänzung des Sachverhalts zu einer veränderten rechtlichen Beurteilung führen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Biernacki
Rechtsanwalt
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Diese Antwort ist vom 30.12.2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Zu allererst vielen Dank für die Ausführungen. Zum Verständniss nochmal: Sollte die Vereinssatzung nichts anderes hergeben, hieße das, neue Vorstandsmitglieder können nicht mit Ihrem Privatvermögen zur Verantwortung gezogen werden.
Als juristische Person haftet ein Verein grundsätzlich nur mit dem Vereinsvermögen. Die jeweiligen Vorstandsmitglieder haften grundsätzlich nur dann, wenn sie entweder ihre satzungsmäßigen Kompetenzen überschreiten oder wenn sie neben dem Verein persönlich aufgrund von Pflichtverletzungen oder unerlaubter Handlung in Anspruch genommen werden. Das ein neu gewählter Vorstand für bereits bestehende Verbindlichkeiten des Vereins persönlich haftbar ist, findet meines Erachtens nach keinerlei gesetzliche Grundlage.