Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Nein, das Letztere ist nicht richtig. Wenn aufgrund des von den Beamten protokollierten Geschehens Anklage erhoben würde, dann kommt es auf das Zeugnisverwerweigerungsrecht der Geschädigten nicht an. Sie muss vor Gericht ebensowenig aussagen wie vor der Polizei, aber das hindert weder Polizei noch Staatsanwaltschaft noch Gericht daran, gegen den Beschuldigte oder Angeklagten zu ermitteln bzw. zu verhandeln, wenn es objektive Beweise gibt oder auch Aussagen von Dritten, z. B. Nachbarn.
Die strafrechtliche Verfolgung eines Täters hängt ja nicht davon ab, ob ein (geschädigter) Angehöriger dem Verfahren zustimmt oder nicht. Das ist nicht zu verwechseln mit dem Strafantragsrecht bei kleineren Delikten oder bei der einfachen Körperverletzung (etwa innerhalb der Familie). Manche Delikte werden nur verfolgt, wenn es diesen Antrag gibt, aber bereits bei der einfachen KV kann die StA das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejahen, und bei der gefährlichen KV braucht die StA keinen Strafantrag, sondern ermittelt von Amts wegen bzw. erhebt Anklage.
Die Aussage der Geschädigten wird dann möglicherweise gar nicht gebraucht, wenn es andere Zeugen gibt, denn trotz einer KV verlangt das Gesetz nicht von einer Ehefrau, gegen ihren Ehemann auszusagen, um sie nicht in den Gewissenskonflikt zu bringen. Das hindert aber das Gericht nicht, bei schwereren Delikten andere Beweismittel heranzuziehen, und hier könnten auch die Polizeibeamten als Zeugen vernommen werden, die als erstes am Tatort waren und das (vermutete) Geschehen protokolliert und dokumentiert haben - evtl. zusätzlich zu anderen Zeugen und/oder Beweismittel wie etwa Photos.
Fragen Sie gerne nach, wenn noch etwas unklar geblieben ist. Ich rate dazu, einen Strafverteidiger zu beauftragen, um sich gegen die polizeilich festgehaltenen Vorwürfe zu wehren. Hier kommt es auf eine gute Argumentation an, etwa die Wahrnehmungen Dritter zu relativieren. Auch Photos sind interpretationsfähig. Wichtig ist aber die Wiedergutmachung, also beispielsweise eine ernsthafte und dauerhafte Versöhnung mit der Geschädigten, die insofern auch (glaubhaft) zugunsten des Beschuldigten aussagen könnte.
Freundliche Grüße!
Elisabeth v. Dorrien
Rechtsanwältin