Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Wenn Sie im Auftrag der Staatsanwaltschaft bei der Polizei als Zeuge geladen sind, sind Sie verpflichtet, zu dem Termin zu erscheinen und auszusagen.
Ob hier die Staatsanwaltschaft die Polizei beauftragt hat, Sie zu vernehmen, wird man bezweifeln dürfen. Beauftragt nämlich die Staatsanwaltschaft die Polizei Sie als Zeugen zu vernehmen, wird darauf hingewiesen, dass Sie verpflichtet sind, eine Aussage zu machen. Nach Ihrer Schilderung enthält die Ladung einen solchen Hinweis nicht.
Allerdings wird auf der Ladung mehr stehen, als Sie es in der Frage wiedergegeben haben. Deshalb empfehle ich, die Ladung genau auf den Wortlaut prüfen.
So wie Sie die Ladung, zumindest auszugsweise, zitiert haben, gehe ich davon aus, dass kein Auftrag der Staatsanwaltschaft vorliegt, so dass Sie auch nicht als Zeuge bei der Polizei erscheinen müssen.
2.
Ist es üblich, dass kein Grund für die Ladung als Zeuge genannt wird?
Grundsätzlich sollte man dann, wenn man als Zeuge geladen wird, vorsichtig sein.
Vielfach erfolgt eine Ladung als Zeuge vor dem Hintergrund, im Grunde eine Beschuldigtenvernehmung durchzuführen.
Gerade deswegen empfehle ich, die Ladung genauestens zu lesen, um in Erfahrung zu bringen, ob Sie verpflichtet sind, als Zeuge vor der Polizei zu erscheinen.
3.
Sollte ich mir Sorgen machen? Könnte das ein Trick (für was auch immer) sein?
Wie oben gesagt, kann die Ladung als Zeuge einen Trick der Polizei sein, zum Beispiel, um den vermeintlichen Zeugen zu einer Aussage zu bewegen, die den Anfangsverdacht hinsichtlich einer Straftat entstehen lassen kann.
Wenn Sie also fragen, ob eine Zeugenladung ein Trick sein kann, kann man das nur eindeutig mit „ja" beantworten
4.
Was bedeutet "Ersuchen von Justiz (StA, LG, AG)" genau?
Wenn z. B. die Staatsanwaltschaft in einem Ermittlungsverfahren weitere Einzelheiten in Erfahrung bringen will bzw. muss, kann sie die Polizei beauftragen, einen vermeintlichen Zeugen zu befragen.
Die Alternative ist, dass die Polizei ihrerseits Zeugen befragt, ohne dass ein Auftrag der StA vorliegt.
Eine Zeugenbefragung seitens des Gerichts sieht dagegen anders aus. Dann lädt das Gericht direkt den Zeugen zum Gerichtstermin.
Die Bezeichnung „Ersuchen von Justiz" ist in Ihrem Fall unpräzise. Schließlich geht daraus nicht hervor, wer - angeblich - den Auftrag erteilt hat. War es die Staatsanwaltschaft, das Landgericht oder das Amtsgericht? Deshalb gehe ich davon aus, dass in Wirklichkeit kein Auftrag der Staatsanwaltschaft vorliegt. Dass ein Auftrag des Landgerichts oder des Amtsgerichts vorliegt, halte ich für unwahrscheinlich, da dann die Ladung vom Gericht erfolgt.
5.
Muss ich dort hin?
Wie oben schon gesagt, müssen Sie als Zeuge vor der Polizei erscheinen, wenn darauf hingewiesen wird, dass ein Auftrag der Staatsanwaltschaft vorliegt. Das sehe ich bei Ihrer Ladung allerdings nicht, so dass ich davon ausgehe, dass Sie nicht zur Polizei gehen müssen, um eine Aussage zu machen.
6.
Muss es sich bei der Vernehmung konkret um einen Vorfall an dem besagten Tag handeln, oder könnten die dann auch vorort von einem ganz anderen Zeitraum reden, um mich bewusst zu täuschen?
Eine Zeugenvernehmung ist keinesfalls eine Angelegenheit, die man auf die leichte Schulter nehmen darf.
Sie können in der Tat zu anderen Dingen vernommen werden, als es in der Ladung nur kurz angerissen ist.
So kann es zum Beispiel auch empfehlenswert sein, wenn eine Ladung als Zeuge im Auftrag der Staatsanwaltschaft erfolgt, zu dem Termin bei der Polizei mit einem Rechtsanwalt zu erscheinen.
7.
Könnte es auch sein, dass es eine Anfrage einer Staatsanwaltschaft aus einer anderen Stadt ist zu einer Sache, wo z.B. ein Geschäftspartner sich hat etwas zu Schulden kommen lassen haben könnte, womit ich gar nichts zu tun habe?
Ja.
8.
Ist so eine Art der Vorladung eher die Ausnahme?
Das würde ich nicht als Ausnahme sehen. Fälle, in denen von einer Vernehmung als Zeuge gesprochen wird, stellen sich häufig im Ergebnis so dar, dass es eigentlich um eine „versteckte" Beschuldigtenvernehmung gehen soll.
9.
Darf man mich vorladen als Zeuge, ohne einen konkreten Grund zu nennen bzw. sollte das Anlass zur Sorge geben?
Ja, einen konkreten Grund braucht man nicht zu nennen.
Anlass zur Vorsicht ist aber auch bei einer Ladung als Zeuge, wie oben schon gesagt, immer geboten.
9.
Wie soll ich mich verhalten?
Zunächst sollten Sie die Ladung genau lesen und prüfen, ob ein Auftrag der Staatsanwaltschaft vorliegt. Nur dann müssen Sie bei der Polizei erscheinen. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, Sie zu der Zeugenvernehmung zu begleiten.
10.
Sie sagen, sie hätten bereits intensiv recherchiert. Daher gehe ich davon aus, dass Ihnen viele Punkte, die ich angesprochen habe, bekannt sind.
Allerdings haben Sie den kritischen Punkt, dass der Rechtsanwalt nicht in die Glaskugel schauen kann, treffend hervorgehoben.
In Ihrem Fall weiß man nicht, was hinter der Ladung steckt. Deshalb kann man auch nicht mehr sagen als das, was ich hier mitgeteilt habe.
Wenn man den Fall nicht kennt, hat man keine Möglichkeit, verwertbare gezielte Ratschläge zu geben. Die Ratschläge können sich zwangsläufig nur auf eine erste Einschätzung beziehen, also darauf, was Sie in Ihrem Fall beachten müssen.
Und nochmals: Da Sie die Ladung nur sehr bruchstückhaft wiedergegeben haben, sollten Sie die Ladung wirklich genau ansehen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
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Tel: 02234-63990
Web: http://www.ra-raab.de
E-Mail:
Vielen Dank für die Antworten!
Hier noch einmal im wesentlichen der genaue Wortlaut:
"
Absender: Örtliche Polizei
Vorladung
Sehr geehrte/r Herr/Frau,
im Ermittlungsverfahren
Ersuchen von Justiz (StA, LG, AG)
Tatzeit: Zeitraum über gesamten Tag im Feb 22
werden Sie gebeten, sich am *Datum* um *Uhrzeit* bei der Polizedienstelle unter vorzeigen dieser Vorladung einzufinden.
Es ist beabsichtigt Sie als Zeuge vernehmen.
Bitte bringen Sie Ihren Ausweis mit
Unterschrift
Rechtsbelehrung gem. 52 Abs 3 StPo, Auskunftverweigerungdsrecht gem. 55 Abs 2StPo. Leisten Sie als Betroffene/r einer Vorladung nach § 15
Vorladung
(1) Die Polizei kann eine Person schriftlich, elektronisch oder mündlich vorladen, wenn
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die Person sachdienliche Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind, oder
das zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen erforderlich ist.
(2) Bei der Vorladung soll deren Grund angegeben werden. Bei der Festsetzung des Zeitpunkts soll auf den Beruf und die sonstigen Lebensverhältnisse des Betroffenen Rücksicht genommen werden.
(3) Leistet ein Betroffener der Vorladung ohne hinreichenden Grund keine Folge, so kann sie zwangsweise durchgesetzt werden,
wenn die Angaben zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sind oder
zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen.
Die zwangsweise Vorführung darf nur aufgrund richterlicher Anordnung erfolgen, es sei denn, daß Gefahr im Verzug vorliegt.
(4) § 136a der Strafprozeßordnung gilt entsprechend."
Mehr steht da nicht drin, kein konkreter Grund. Ich hoffe Sie können mir die Frage, wie ich mich verhalten sollte nun besser beantworten und ob es sich um einen Auftrag einer Staatsanwaltschaft handelt und somit die Pflicht besteht dort zu erscheinen.
Nochmals danke.
Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Auch auf der Grundlage des vollständigen Texts der Ladung bin ich der Auffassung, dass hier kein Auftrag der Staatsanwaltschaft auf eine polizeiliche Zeugenvernehmung vorliegt.
Aus der Ladung ist nicht ersichtlich, dass die Staatsanwaltschaft den Auftrag, Sie als Zeugen zu laden, erteilt hat. Es wird nur lapidar auf die Justiz mit den Beispielen StA, LG und AG hingewiesen. Daraus geht aber nicht hervor, dass es sich um einen konkreten Auftrag seitens der Staatsanwaltschaft handelt.
Hier sehe ich deshalb eher den Versuch, den Eindruck des Vorliegens eines Auftrags durch die StA zu erwecken.
Deshalb werden Sie aufgrund dieser Ladung nicht zur Vernehmung erscheinen müssen.
2.
Denkbar ist aber, dass im Fall des Nichterscheinens der Auftrag der Staatsanwaltschaft "eingeholt" wird. Sodann erhalten Sie eine zweite Ladung, in der eindeutig darauf hingewiesen wird, dass Sie im Auftrag der Staatsanwaltschaft als Zeuge vernommen werden sollen.
3.
Da die Angelegenheit aber für Sie undurchsichtig ist und Sie sich nicht vorstellen können, wozu Sie befragt werden sollen, ist es zu empfehlen, die Vernehmung in Begleitung eines Rechtsanwalt wahrzunehmen. Das gilt dann für den Fall, dass Sie eine weitere Ladung erhalten mit dem eindeutigen Hinweis, dass diese im Auftrag der StA erfolge.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt