Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf der Grundlage der von Ihnen gemachten Angaben wie folgt beantworte.
Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen, so dass die Beratung innerhalb dieses Forums lediglich eine erste rechtliche Orientierung in der Sache darstellt und keinesfalls den Gang zu einem Kollegen vor Ort ersetzen kann.
Dies vorausgeschickt wird das Folgende ausgeführt:
Die StPO bietet eine Reihe von Möglichkeiten des Strafaufschubs. In Ihrem Fall ist § 456 StPO
einschlägig.
Danach kann auf Antrag des Verurteilten die Vollstreckung aufgeschoben werden, sofern durch die sofortige Vollstreckung dem Verurteilten oder seiner Familie erhebliche, außerhalb des Strafzwecks liegende Nachteile erwachsen. Der Aufschub selber darf den Zeitraum von vier Monaten nicht überschreiten und kann an einer Sicherheitsleistung geknüpft werden.
Ihrer Familie müssen also erhebliche, außerhalb des Strafzwecks liegende Nachteile erwachsen.
Nachteile, die auch nach vier Monaten noch existieren, sind für einen Strafaufschub nach dieser Vorschrift nicht ausreichend (vgl. Schleswig NStZ 1992, 558
; Meyer-Goßner, 49. A., § 456 RN 3).
Wenn sich Ihre Ehefrau im Krankenhaus befinden würde und keine andere Person sich um Ihr Kind kümmern könnte, würde einen Strafaufschub rechtfertigen.
Der Umstand, dass Weihnachten vor der Tür steht, reicht nicht aus.
Zu beachten ist, dass Sie keinen Rechtsanspruch auf Vollstreckungsaufschub haben. Allerdings muss die Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen ergehen.
Als Rechtsbehelf können Sie bei Gericht Einwendungen nach § 458 Abs. 2 StPO
erheben.
Eine darauf ergangene gerichtliche Entscheidung können Sie nach § 462 Abs. 3 StPO
mit der sofortigen Beschwerde anfechten.
Hält das Beschwerdegericht Ihren Antrag auf Vollstreckungsaufschub für begründet, entscheidet das Berufungsgericht selbst und würde Ihnen den Aufschub bewilligen.
In der Sache wird es allerdings nach meiner Erfahrung sehr schwierig, dass Ihrem Antrag entsprochen wird.
Die Tatsache, dass Ihre Frau mit der familiären Situation überfordert ist, könnte der Rechtspfleger dahingehend auslegen, dass dieser Nachteil auch noch nach vier Monaten bestehen wird.
Auf diesen Punkt wäre der Schwerpunkt im Rahmen der Erhebung von Einwendungenbzw. bei einer sofortigen Beschwerde zu setzen, d.h. dass Ihre Frau gerade jetzt und für eine Zeit von vier Monaten auf Ihre Hilfe und Unterstützung angewiesen ist und nach dieser Zeit mit der neuen Familiensituation zurecht kommt.
Anderenfalls wird es sehr schwierig, dass Sie in der Sache Erfolg haben.
Ich hoffe, dass ich Ihnen in der Sache weiterhelfen konnte.
Für eine kostenlose Rückfrage stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Sollten Sie eine darüber hinausgehende Vertretung in Erwägung ziehen, empfehle ich Ihnen eine Kontaktaufnahme über die unten mitgeteilte E-Mail-Adresse. Die moderne Kommunikation ermöglicht insoweit auch die Überbrückung größerer Entfernungen.
Antwort
vonRechtsanwalt Karlheinz Roth
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Rechtsanwalt Karlheinz Roth
Hallo Herr RA Roth,
doch kann man doch sagen, das in diesem Sachverhalt einiges Schief gelaufen ist.
U.a. die Gesamtstrafenbildung, Offener Vollzug u.s.w. die Beschwerde gegen den Ablehnungsbescheid, ist diese Haftaufschiebend ??
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihren Nachtrag.
Wenn nach Ablehnung Ihres Antrags durch die Vollstreckungsbehörde die sofortige Vollstreckung droht, ehe das Gericht über die von Ihnen erhobenen Einwendungen entschieden hat, müsste ein Eilantrag nach § 458 Abs. 3 StPO
gestellt werden.
Die sofortige Beschwerde nach § 462 Abs. 3 StPO
hat leider keine aufschiebende Wirkung, da dies im Gesetz nicht besonders bestimmt ist.
Lediglich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft nach § 462 Abs. 3 Satz 2 StPO
hat aufschiebende Wirkung.
Da in Ihrem Fall die Vollstreckbarkeit des Urteils bzw. die abschließende Enscheidung über die Gesamtstrafenbildung von dem Ergebnis der sofortigen Beschwerde abhängt, wäre diese Entscheidung zunächst abzuwarten.
Nach der Rechtsprechung ist aber die Vollstreckung der rechtskräftig festgesetzten Einzelstrafen bis zur Rechtskraft des Gesamtstrafenbeschlusses zulässig.
Da in dem Ablehnungsbescheid auf die von Ihnen vorgebrachten Umstände überhaupt nicht eingegangen worden ist (Standardschreiben), steht zu vermuten, dass das Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt worden ist.
Im Rahmen der sofortigen Beschwerde müssen Sie unbedingt nochmals nachhaltig aufzeigen, dass der Aufschub aufgrund der familiären Situation eine besondere Härte vermeidet und deshalb erforderlich ist, da anderenfalls die mit der familiären Situation einhergehenden erheblichen Nachteile Sie und Ihre Familie unmittelbar treffen.
Als letzte Möglichkeit wäre noch an einen gnadenweisen Strafaufschub zu denken. Ein dahingehender Antrag wäre bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hamburg zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
K. Roth
- Rechtsanwalt -
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