Sehr geehrte Fragestellerin,
haben Sie fristgerecht Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid eingelegt, wird die Sache nun an das Gericht abgegeben, das im Mahnbescheid angegeben worden war und es geht im normalen Klageverfahren weiter.
Soweit Sie mit Ihrem Stiefvater vereinbart haben, dass Ihnen die Forderung gestundet wird und zur Zeit nur monatliche Raten fällig sind, hat Ihr Stiefvater derzeit keinen fälligen Anspruch auf die restliche Schuldsumme. Eine Klage auf die restliche Summe würde abgewiesen werden, die bereits fällig gewesenen Raten haben Sie ja nach Ihrer Darstellung überwiesen (dies müssten Sie ebenfalls ggfs. im Bestreitensfalle vor Gericht nachweisen können). Die Gerichtskosten müsste dann Ihr Stiefvater selbst tragen. Sie müssten in diesem Fall die Stundungsabrede vor Gericht auch beweisen können, am besten durch eine schriftliche Vereinbarung. Da Ihr Stiefvater mit einem Vollstreckungsbescheid einen Vollstreckungstitel gegen Sie hat und damit auch die Möglichkeit z.B. Ihre Sachen oder Ihr Gehalt - soweit nicht pfändungsfrei - zu pfänden, war es im Falle einer Stundungsvereinbarung richtig, Einspruch gegen diesen Vollstreckungsbescheid einzulegen. Bei einer bereits bestehenden Stundungsvereinbarung sollten Sie sich auf den neuen Vorschlag vom Anwalt nicht einlassen.
Sie sollten sich als Mutter von vier Kindern aber ohnehin überlegen, ob Sie die monatlichen Raten weiter zahlen müssen und sollten oder ob Sie - je nach Ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen und der Höhe Ihrer Schulden - nicht besser ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchlaufen.
Unter dieser Adresse: http://www.bmj.bund.de/media/archive/885.pdf finden Sie im Internet eine Tabelle der gültigen Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen. Bei vier unterhaltsberechtigten Kindern wäre Ihr Arbeitseinkommen damit erst ab einem Betrag von 1.980,-- Euro teilweise pfändbar, darunter wäre es pfändungsfrei.
Bei einem durchgeführten Verbraucherinsolvenzverfahren wären Sie nach einer sog. Wohlverhaltenszeit von sechs Jahren (bzw. fünf Jahren, falls Sie bereits vor dem 1. Januar 1997 zahlungsunfähig waren) unter bestimmten Voraussetzungen schuldenfrei. Ihr Vermögen (soweit pfändbar) würde zwar verwertet, aber Ihnen verbleibt immer das unpfändbare Einkommen. Zwangsvollstreckungen einzelner Gläubiger sind während dieser Wohlverhaltenszeit unzulässig. Vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren muss ein außergerichtlicher Einigungsversuch unternommen werden. Für den außergerichtlichen Teil kann Beratungshilfe gewährt werden, für den gerichtlichen Teil kommt eine Stundung der Verfahrenskosten in Betracht.
Ziehen Sie ein sog. Verbraucherinsolvenzverfahren in Betracht, sollten Sie sich an eine Schuldnerberatungstelle oder an einen Anwalt wenden. Gerne stehe ich Ihnen hierfür auch zur Verfügung, bitte setzen Sie sich für weitere Informationen hierzu ggfs. kurz mit mir per E-Mail (info@kanzlei-haeske.de) in Verbindung.
Ich hoffe, ich habe Ihnen hiermit eine hilfreiche erste rechtliche Orientierung gegeben.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Haeske
Rechtsanwältin
Diese Antwort ist vom 31.03.2006 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwältin Gabriele Haeske
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Vielen Dank,
ja, den Einspruch habe ich fristgerecht eingelegt, und die Sache ist an das Gericht meines Wohnortes abgegeben worden (wir wohnen ca. 600 km weit auseinander). Sowohl die Stundungsvereinbarung, als auch die Belege, das ich pünktlich gezahlt habe sind vorhanden, und ich könnte das alles belegen. Kann/darf mein Stiefvater mir denn die Gerichtskosten, die ihm dann entstehen und seine Fahrtkosten, wenn es zur mündlichen Anhörung kommt in Rechnung stellen?Muß ich mir für das Klageverfahren einen Anwalt nehmen?Dieses ist für mich zur Zeit finanziell sehr schwierig.
Wegen der Verbraucherinsolvenz werde ich sicherlich nochmal auf sie zurückkommen, wenn ich darf, da mein Exmann mich mit einer Menge Schulden zurückgelassen hat, die ich so gut es mir möglich ist versuche abzutragen.
Erstmal vielen vielen Dank, sie haben mir sehr geholfen.
Sehr geehrte Fragestellerin,
vor dem Landgericht besteht Anwaltszwang, vor dem Amtsgericht nicht. Es ist aber empfehlenswert, dass Sie sich einen Anwalt nehmen. Bei geringem Einkommen gibt es auch die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen.
Soweit ich Ihre Frage verstanden habe, versucht Ihr Stiefvater mit dem Vollstreckungsbescheid die gesamte restliche Schuldsumme auf einmal geltend zu machen und zu titulieren. Bei einer bestehenden, beweisbaren Stundungsvereinbarung würde eine solche Klage - wie bereits in meiner obigen Antwort ausgeführt - mangels Fälligkeit der restlichen Raten abgewiesen werden (es sei denn, es wäre zu befürchten, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde, da Sie alle Raten rechtzeitig gezahlt haben, sehe ich dafür aber keine Anhaltspunkte). Wird die Klage in vollem Umfang abgewiesen, hat Ihr Stiefvater alle Kosten selbst zu tragen und kann Sie nicht Ihnen in Rechnung stellen.
In der Stundungsvereinbarung hatten Sie eine monatliche Ratenzahlung vereinbart. Ihr Stiefvater hat dann zwar nicht mehr die Möglichkeit, die gesamte restliche Summe zur sofortigen Zahlung einzuklagen, er könnte aber trotzdem noch eine Klage auf Zahlung der künftigen monatlichen Raten erheben. Sofern Ihr Stiefvater mit einer Klage nur diese zukünftigen monatlichen Raten und nicht die restliche Summe auf einmal geltend macht, könnte dieser Klage trotz Stundungsvereinbarung auch stattgegeben werden, auch dann, wenn Sie die Raten bisher immer pünktlich gezahlt haben.
Soweit Ihr Stiefvater mit einer solchen Klage obsiegt, könnten Ihnen die Kosten für das Verfahren zu Last fallen. Nach § 93 ZPO
hat aber der Kläger die Prozesskosten selbst zu tragen, wenn der Beklagte durch sein Verhalten keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und den Anspruch auch sofort anerkennt.
Trotz der möglichen Kostenlast würde ich Ihnen aber nicht raten, ohne weitere rechtliche Überprüfung selbst einen geltend gemachten Anspruch auf Zahlung der weiteren monatlichen Raten vor Gericht anzuerkennen.
Sie sollten so bald wie möglich das für Sie zuständige Amtsgericht aufsuchen und dort Beratungshilfe für den Rechtsstreit mit Ihrem Stiefvater sowie ggfs. gleich für den außergerichtlichen Teil des Verbraucherinsolvenzverfahrens beantragen. Dazu benötigen Sie Belege über Ihr Einkommen. Mit diesem Beratungshilfeschein sollten Sie einen Anwalt vor Ort aufsuchen, der Sie dann auch im Prozess vertreten kann. Es sollte unbedingt genauer überprüft werden, ob der geltend gemachte Zahlungsanspruch Ihres Stiefvaters gegen Sie auch wirklich in diesem Umfang überhaupt besteht, bevor der Anspruch auf die monatlichen Raten ggfs. vor Gericht anerkannt wird. Nach einem Anerkenntnisurteil sind keine solchen Einwendungen mehr gegen den Anspruch möglich. Um den Anspruch zu überprüfen, muss aber Einsicht in die gesamten Unterlagen genommen werden, dies ist am besten vor Ort möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Haeske
Rechtsanwältin