Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1) Pfandrecht erweitern
Beim Berliner Modellmuss der Vermieter eine Aufteilung der Gegenstände nach zu entsorgendem Müll sowie nach pfändbaren und unpfändbaren Gegenständen vornehmen. An dieser Stelle liegt das größte Risiko, da die Einteilung doch mehr oder weniger subjektiven Einschätzungen unterliegt und Kenntnisse der Mitarbeiter von der Pfändbarkeit von Sachen voraussetzt. Die pfändbaren und unpfändbaren Gegenstände müssen nicht zwingend in der Wohnung verbleiben, sondern können an einen anderen Ort verbracht werden, wo sie sicher verwahrt werden.
Dem Vermieterpfandrecht unterfallen nicht die nach den §§ 811
, 811c
, 812 ZPO
unpfändbaren Sachen Dazu gehören u.a. alle persönlichen Gegenstände des Schuldners, die dieser für eine bescheidene Lebens- und Haushaltsführung sowie die Ausübung seines Berufes benötigt, z. B. Zahnbürste, Rasierapparat und notwendige Kleidung. persönliche Dokumente und Ausweispapiere sind im allgemeinen nicht pfändbar. Zur Haushaltsführung unbedingt zu belassen ist die übliche bescheidene Wohnungseinrichtung, zu der auch ein Fernseher, Kühlschrank und Waschmaschine gehören. Besonders wertvolle Gegenstände unterliegen der sog. Austauschpfändung.
Der Vermieter muss unpfändbaren Sachen auf Verlangen an den ehemaligen Mieter herausgeben. Andernfalls macht er sich nach §§ 280 Abs. 1
und 823 Absatz 1 BGB
schadensersatzpflichtig.
Sollten jedoch noch pfändbare Gegenstände vorhanden sein, sollten Sie das Vermieterpfandrecht ausüben.
2. Umgang mit unpfändbaren Sachen
Offensichtlicher Müll ist zu entsorgen und muss nicht aufbewahrt werden. Unpfändbare Sachen dürfen jedoch nicht gepfändet oder versteigert werden.
Unpfändbaren Sache muss der Vermieter auf Verlangen an den ehemaligen Mieter herausgeben. Macht der ehemalige Mieter davon nicht Gebrauch, stellt sich die Frage, wie mit diesen unpfändbaren Gegenständen weiterverfahren wird. Dazu gibt es keine explizite gesetzliche Regelung. Sofern der Gerichtsvollzieher auch die Räumung vorgenommen hat, darf dieser nach Ablauf der Frist von zwei Monaten diese der Vernichtung zuführen, vgl. § 885 Abs. 4 Satz 2 ZPO
. Diese Regelung dürfte entsprechend anzuwenden sein, so dass die Entsorgung als Müll vorgenommen werden kann. Allein bei werthaltigen Sachen (z. B. Geld, Wertpapieren und sonstigen Urkunden) und persönlichen Dokumenten sollte von der Möglichkeit der Hinterlegung Gebrauch gemacht werden.
3. Verwertung der pfändbaren Sachen
Die Verwertung der pfändbaren und werthaltigen Gegenstände richtet sich nach den §§ 1228 ff. BGB
, so dass diese im Wege des Pfandverkaufs zu verwerten sind. Die Veräußerung kann jedoch nicht vom Vermieter selbst vorgenommen werden, sondern muss im Wege einer öffentlichen Versteigerung durch den Gerichtsvollzieher bzw. einem Versteigerer gemäß § 34 c GewO
erfolgen. Diese Versteigerung verursacht jedoch nicht unerhebliche Kosten.Vor der Versteigerung muss der Vermieter dem betroffenen Eigentümer der zu versteigernden Sache den Verkauf mit einer Frist von einem Monat androhen und ihm die Forderung mitteilen, wegen der der Verkauf erfolgen soll. Sodann wird die Zeit und der Ort der Versteigerung öffentlich bekannt gemacht.
4. Gerichtsvollzieher oder Versteigerer
Die Erfahrung zeigt, dass insbesondere bei werthaltigen Sachen die Verwertungserlöse über die Justizplattform, die der Gerichtsvollzieher nutzt, geringere Erlöse bringen als wenn eine professionelle, pro-aktive Verwertung durch Versteigerer stattfindet.
Es ist daher, dazu zu raten, die Verwertung einem Versteigerer zu überlassen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Matthias Richter
Gräfelfinger Str., 97a
81375 München
Tel: 089 1222189
Web: http://www.kanzlei-richter-muenchen.de
E-Mail:
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
vielen Dank für Ihre Antwort. Diesbezüglich ergibt sich meinerseits noch folgende Nachfrage:
Wie wäre die Vorgehensweise beim "Berliner Modell" mit den nicht gepfändeten aber pfändbaren Gegenständen, sofern ich darüber kein Vermieterpfandrecht ausspreche?
Bitte beachten Sie, dass es sich nicht um einen Wohnungsmieter handelt und er bereits drei Monate Zeit hatte, seine Gegenstände aus der Mietsache zu entnehmen.
Freundliche Grüße
Hallo,
das Vermieterpfandrecht entsteht gem. § 562 BGB
originär an den eingebrachten Sachen des Mieters. D.h. eine Erklärung über die Geltendmachung eines Pfandrechts bedarf es nicht.
Sie haben also ein Pfandrecht an allen eingebrachten und pfändbaren Sachen des Mieters.
Gegenstände, die pfändbar sind, unterliegen also der Verwertung pfändbarer Sachen (Punkt 3).
Beste Grüße
RA Richter