Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
§ 201 StGB
dürfte hier nicht einschlägig sein, da es (unabhängig von der Frage der Öffentlichkeit) schon an einem gesprochenen Wort fehlt.
Allerdings ist die Publikation einer privaten Nachricht oder eines privaten Chats ist nicht erlaubt. Das Recht am gesprochenen oder geschriebenen Wort ist durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer Person geschützt. Dies ist ständige Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 03,1727
). Insofern ist es verboten, wenn der Adressat ohne Zustimmung den Inhalt eines vertraulichen Gesprächs oder eines Briefs der Öffentlichkeit zugänglich macht. Im Regelfall beeinträchtigt daher die Veröffentlichung einer Chatnachricht, die für einen eingeschränkten und überschaubaren Personenkreis bestimmt ist, durchaus das allgemeine Persönlichkeitsrecht dessen, der diese Nachricht verfasst hat. Der Einzelne hat nämlich grundsätzlich ein Recht darauf, nicht den Blicken der Öffentlichkeit ausgesetzt zu sein.
Allerdings kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an. Im Ihrem Fall ist fraglich, ob die Äußerung im Chat noch als privat angesehen werden kann. Die Öffentlichkeit des Chatraums scheint ja insofern beschränkt zu sein, dass nur Teilnehmer des Rollenspiels (evt. auch nur die Spielergemeinschaft) hierauf Zugriff haben. Dann kommt es in erster Linie darauf an, ob der Äußernde die Teilnehmer der Gruppe persönlich kennt. Denn die Teilnahme an einem Chat mit einer unbekannten Anzahl von Teilnehmern und Teilnehmern, die man selbst nicht mehr persönlich kennt, wo es also an persönlichen Bindungen fehlt, gehört nicht mehr zur Privatsphäre. In diesem Zusammenhang kommt es auch darauf an, ob der Äußernde damit rechnen musste, dass im Einzelfall seine Nachricht auch weitergegeben wird. Das Bundesverfassungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass derjenige keinen Privatsphärenschutz genießt, der seinen privaten Bereich geöffnet hat (BVerfG NJW 2000, 1021
Aber selbst wenn die Äußerung nicht als privat anzusehen ist, bedarf die Veröffentlichung in einem anderen Forum einer Rechtfertigung, da eine Abwägung der Interessen des Äußernden gegenüber dem Veröffentlichenden zu Gunsten des Veröffentlichenden ausfallen. Dies wäre der Fall, wenn der Chat im Rahmen einer öffentlichen Diskussion veröffentlicht wird. Dagegen ist eine Veröffentlichung von Äußerungen in der Regel unzulässig, wenn sie Themen betreffen, die für die Öffentlichkeit ohne große Bedeutung sind, insbesondere wenn „nur private Dinge ausgebreitet werden, die lediglich die Neugier befriedigen", worunter auch durchaus die Bekanntgabe des Austritts aus der Spielergemeinschaft fallenn kann. Der zitierte Satz stammt aus einem Urteil des OLG Stuttgart (Urteil vom 10.11.2010 - 4 U 96/10
), dass sich ausführlich mit einer vergleichbaren Thematik (Yahoo-Mailingliste) befasst und dessen Lektüre ich empfehle.
Fazit:
Wenn der Chatraum nur einer geschlossenen Nutzergruppe zugänglich ist, wäre eine Veröffentlichung des Chats in einem öffentlichen Forum nicht zulässig. Ist der Chatraum für jedermann zugänglich bzw. sichtbar, wäre eine Veröffentlichung zumindest dann zulässig, wenn der Äußernde mit einer Veröffentlichung rechnen musste und die Veröffentlichung als Beitrag zu einer öffentlichen Diskussion zu werten ist. Grundsätzlich würde ich aber eher dazu raten, das Bildschirmfoto zu entfernen oder zumindest die angegriffene Äußerung unkenntlich zu machen.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Achtung Archiv
Diese Antwort ist vom 29.11.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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