Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Frage, ich Ihnen gerne wie folgt beantworte:
(1) Sie beschreiben einen grenzüberschreitenden Sachverhalt, da Ihr Kunde den Geschäftssitz in der Schweiz hat. Bei solchen Sachverhalten stellt sich immer die Frage des anwendbaren Rechts.
Sollte keine Rechtswahl zugunsten der Rechtsordnung eines bestimmten Staates getroffen worden sein (zu einer solchen Klausel haben Sie nichts mitgeteilt) wäre wohl aufgrund Ihres deutschen Geschäftssitzes deutsches Recht anwendbar (Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom-I-VO
). Ich gehe also bei der Beantwortung Ihrer Frage davon aus, dass deutsches Recht anwendbar ist. Wenn eine Rechtswahl zugunsten des schweizerischen Rechts besteht, kann die Beurteil vollkommen anders ausfallen.
(2) Bei dem von Ihnen beschriebenen Vertrag handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis. Bei Dauerschuldverhältnissen, bei denen über einen gewissen Zeitraum hinweg wiederkehrende Leistungen geschuldet sind, besteht kein Recht zum Rücktritt, wie man es etwa vom Kaufvertrag kennt (vgl. § 323 BGB
).
(3) Bei Dauerschuldverhältnissen gibt, wie Sie richtig andeuten, nur die Möglichkeit der Kündigung. Diese richtet sich nach § 314 BGB
. Dieser lautet:
,,(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. § 323 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.
(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.
(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen."
Voraussetzung ist demnach das Vorliegen eines ,,wichtigen Grundes", der zur Kündigung berechtigt. Ein solcher Grund ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anzunehmen, wenn Tatsachen vorliegen, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages für den Kündigenden unzumutbar machen (BGH Urteil vom 07. Dezember 2011 – IV ZR 50/11
= NJW 2012, 376
).
Hierunter fällt vor allem die Verletzung vertraglicher Pflichten.
Die dauerhafte Unterschreitung der in der Klausel ,,Auftragsvolumen" vorausgesetzten Mindestmenge an Datensätzen durch das Verlagshaus könnte beispielsweise zur außerordentlichen Kündigung berechtigen, wenn die für diesen Fall vereinbarte Vertragsstrafe unzureichend wäre. Umgekehrt könnte die dauerhafte und signifikante Unterschreitung der Abschlussquote so beurteilt werden. Sie haben allerdings angegeben, dass die Abschlussquote erfüllt wird.
In jedem Fall setzt die Kündigung des Dauerschuldverhältnisses wegen Verletzung einer vertraglichen Pflicht zudem eine vorherige Abmahnung mit angemessener Fristsetzung voraus (§ 314 Abs. 2 BGB
).
Sie haben jedoch in Ihrer Schilderung keine Gründe vorgetragen, die die Annahme eines wichtigen Grundes rechtfertigen könnten.
Die dauerhafte Unterschreitung der in der Klausel ,,Auftragsvolumen" vorausgesetzten Mindestmenge an Datensätzen durch das Verlagshaus könnte zur außerordentlichen Kündigung berechtigen.
(4) Die Laufzeit des Vertrages von 2 Jahren ist nicht zu beanstanden, so dass sich auch hieraus kein Recht zur vorzeitigen Vertragsbeendigung konstruieren lässt. Eine solche Laufzeit wäre nach dem AGB-Recht selbst dann möglich, wenn der Vertragspartner Verbraucher wäre (§ 309 Nr. 9 BGB
).
(5) Anhaltspunkte für eine Störung der Geschäftsgrundlage sind ebenfalls nicht vorgetragen (vgl. § 313 BGB
). Die Hürden für diese Vorschrift wären indes noch deutlicher höher und führen nicht einmal in allen Fällen zu einem Rücktrittsrecht.
(6) Andere Anhaltspunkte, die etwa zur Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums oder Täuschung berechtigen könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich.
(7) Wie bereits ausgeführt gibt es auch keine Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit der zitierten Klausen aus der Perspektive einer AGB-Kontrolle (insbesondere § 307 Abs. 1 BGB
). Selbst die Unwirksamkeit der zitierten Klauseln würde jedoch nicht zur vorzeitigen Beendigung des Vertrages führen.
Ob die erforderliche Abschlussquote von 16 % unangemessen hoch oder gar sittenwidrig ist, kann ich mangels Branchenkenntnis nicht beurteilen.
Auf Basis des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes kann ich ein Recht zur vorzeitigen Beendigung des Vertrages nicht erkennen.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Schilling
-Rechtsanwalt-
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Diese Antwort ist vom 09.02.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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09.02.2014
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17:54
Antwort
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