Sehr geehrte Fragestellerin,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage wie folgt:
Aus meiner Sicht kommt es nicht darauf an, dass die Klausel unklar ist, womit Sie offenbar auf die Unklarheitenregel des AGB-Rechts anspielen, die in § 305 c BGB
enthalten ist. Diese Frage könnte ich an dieser Stelle ohnehin nicht zuverlässig beantworten, da hierfür die Einsichtnahme in den gesamten Vertrag notwendig ist, die an dieser Stelle nicht möglich ist.
Es dürfte allerdings eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 BGB
vorliegen, da Sie verpflichtet werden, für Zeiten zu zahlen, in denen Sie das Sportstudio aus gesundheitlichen Gründen nachweislich nicht nutzen können. Nach dem Urteil des BGH abgedruckt in NJW 1997, 193
ist eine Klausel, wonach das Entgelt auch für Zeiten gezahlt werden muss, in denen das Sportstudio nicht genutzt werden kann, unwirksam, da hier die Interessen des Sportstudios einseitig in den Vordergrund gestellt werden. Dies ist jedoch bei der vom Sportstudio vorgenommenen Auslegung, wonach Sie während der Zeit, in denen Sie das Studio nicht nutzen können, weiter die Beiträge zahlen müssen und Sie die Zeit dann am Ende nachtrainieren können, der Fall. Es sind ja extreme Fälle denkbar, in denen der Betreffende das Sportstudio nie mehr nutzen kann. In diesem Fall müsste er den Beitrag für die ursprüngliche Laufzeit voll bezahlen und hätte dann nie die Möglichkeit, die wegen seiner Krankheit nicht wahrgenommenen Zeiten nachzutrainieren.
Ein anderer Ansatz wäre noch möglich, wenn der Fitnessvertrag eher einen dienstrechtlichen Charakter hat, was vor Allem dann der Fall ist, wenn in dem Studio viele Kurse angeboten werden und die Miete von aufgestellten Fitnessgeräten, die von den Kunden selbstständig benutzt werden, nicht im Vordergrund steht. In diesem Fall könnte man einen Verstoß gegen § 309 Nr. 9 c BGB
argumentieren mit den Urteilen des AG Hamburg NJW-RR 1998, 1593
, KG Berlin 9 W 49/09
. Sie könnten den Vertrag vorzeitig kündigen, wenn er eine längere Kündigungsfrist als drei Monate vorsieht, was vermutlich der Fall ist.
Bei all diesen Argumenten ist zu beachten, dass es um Auslegungsfragen geht, also ein Prozessrisiko besteht, und die Kosten für einen Rechtsstreit bei dem vermutlich geringen Streitwert vergleichweise hoch sind. Insbesondere bei fehlender Rechtsschutzversicherung macht es daher Sinn, sich außergerichtlich im Vergleichsweg mit dem Fitnessstudio auf eine Aufhebung des Vertrags gegen eine Abstandszahlung zu einigen, nachdem Sie dem Studio zuvor Ihre Argumente mitgeteilt haben.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Elke Scheibeler, Rechtsanwältin
Diese Antwort ist vom 30.05.2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrte Frau Dr. Scheibeler, vielen Dank für Ihre rasche Antwort. Wenn ich die Erklärungen aund Ausführungen Ihres Links lese dann steht dort doch eindeutig: „Die von dem Betreiber eines Sport- und Fitneß-Studios in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen benutzte Klausel: "Der Beitrag ist auch dann regelmäßig zu zahlen, wenn das Mitglied die Einrichtungen nicht nutzt", benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders unangemessen und ist deshalb nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam."
Das Landgericht München hat zugunsten des Kunden schon vor längerer Zeit entschieden, dass eine AGB-Klausel unwirksam ist, die eine Vertragsverlängerung um eine Zeitspanne vorsieht, die dem Ruhen der Mitgliedschaft entspricht (LG München I, Az.: 21 O 13657/93).
Also, wie soll ich jetzt mit dem Fitnessbetreiber argumentieren, wenn er seine Verträge so gestaltet unklar gestaltet? Es sind wirklich keine ausführlichen AGBs in diesem Vertrag vorhanden, sondern lediglich die Dauer, Kündigungsfristen, Zahlungsmodalitäten und Zahlungsverzug, Nutzungsumfang, sonstige Kosten, Beitragserhöhungen und natürlich „Artzverordnete Pausen werden gutgeschreiben".
Sehr geehrte Fragestellerin,
gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Wie bereits in meiner Antwort geschrieben, sollten Sie die von mir aufgeführte Argumente dem Betreiber des Fitnesstudios präsentieren und fordern, dass Sie keine Beiträge zu zahlen haben, solange Sie nicht in der Lage sind, zu trainieren. Im Falle der Genesung würde der Vertrag dann bis zum vereinbarten Ende normal weiterlaufen und dann auslaufen. Bitte beachten Sie hier ggf. vereinbarte Kündigungsfristen und Verlängerungsklauseln, die zu einer Verlängerung des Vertrags unabhängig von der hier in Rede stehenden Erkrankung führen könnten. Sollten Sie länger krank sein als der Vertrag läuft, müssten Sie auch nichs mehr bezahlen.
Dem Urteil des LG München AZ 21 O 13657/93
kann ich aber entgegen Ihren Schilderungen nicht entnehmen, dass eine Vertragsverlängerung unzulässig ist. Dort ging es um eine Klausel, wonach im Falle der Schwangerschaft die Übungen des Fitnesstudios an die Schwangeschaft angepasst werden sollten, der Vertrag aber weiterlaufen sollte.
Ich gehe aber - vorbehaltlich einer genaueren Prüfung, die hier nicht geschuldet ist - gleichwohl davon aus, dass die Vertragsverlängerung unzulässig ist ausgehend von der von mir in der Ausgangsfrage zitierten Entscheidung des BGH.
Soweit das Studio eher Kurse anbietet und die Vermietung von Sportgeräten nicht im Vordergrund steht, könnten Sie auch eine Kündigung aussprechen, soweit eine längere Vertragslaufzeit vorgesehen ist.
Sie sollten also dem Fitnesstudio sagen, dass die Verlängerung des Vertrags nicht rechtens sind, sondern dass Sie solange Sie krank sind den vereinbarten Beitrag nicht zu zahlen brauchen. Wenn Sie dann wieder gesund sind, können Sie den Fitnessvertrag bis zum Ende fortsetzen und müssten dann auch wieder die vereinbarten Gebühren bezahlen.
Ich weise aber nochmals darauf hin, dass diese Einschätzung vorläufig ist, da ich die Unterlagen nicht kenne und es um Auslegungsfragen geht. Mandanten versichern mir oft, dass keine ausführlichen AGBs vorliegen, oder ein ganz einfacher Arbeits- oder Mietvertrag geschlossen wurde, usw. Regelmäßig stelle ich dann nach Durchsicht der Unterlagen fest, dass die verschiedenen Fälle ganz inviduell sind. Einen Standardfall, den man quasi blind bearbeiten könnte, gibt es nicht.