Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
zunächst bedanke ich mich für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage der mir von Ihnen mitgeteilten Informationen gerne summarisch beantworten möchte.
1. Erfassung der Situation
Aufgrund des von ihnen vorgetragenen Sachverhalts ist es durchaus nahe liegend, dass bei Zurückweisung des Änderungsvertrages der Arbeitgeber mit einer Änderungskündigung reagieren wird. Ob eine solche Änderungskündigung sozial gerechtfertigt ist (im Sinne des § 1 KSchG
) vermag ich im Rahmen der hier anzustellenden „Ferndiagnose“ nicht abschließend zu beurteilen. Einerseits spricht die Neueinstellung der Kollegin gegen das Vorhandensein betriebsbedingter (Änderungs-) Kündigungsgründe. Denn das Wegfallen ihres konkreten Arbeitsplatzes lässt sich insoweit wohl nicht behaupten. Dies wäre aber Voraussetzung für eine betriebsbedingte Kündigung. Andererseits sprechen Sie selbst an, dass Sie Probleme hätten mit dem „strukturierten Verkaufen“, was dazu führen kann, dass gegebenenfalls eine verhaltensbedingte (Änderungs-) Kündigung möglich wäre. Auf jeden Fall sollten Sie damit rechnen, dass der Arbeitgeber, bei Nicht-Zustandekommen einer Einigung, entsprechend kündigt.
Sollte dies der Fall sein, kann ich nur dringend empfehlen, ein Rechtsanwalt Ihres Vertrauens, mit der konkreten Prüfung ihres Arbeitsvertrages, ihre Arbeitsbedingungen und aller sozialen Aspekte zu betrauen. Eine derartige persönliche Prüfung kann dieses Forum nicht ersetzen (vgl. Hilfe-Hinweise oben) und auch ohne Vorliegen einer entsprechenden
Kündigungserklärung nicht seriös bieten.
2. Direktionsrecht
Möglicherweise ist das Verlegen in die neue Abteilung sogar vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt. Auf keinen Fall können mittels Weisung des Arbeitgebers etwa Tätigkeiten außerhalb des Bereichs der Tätigkeitsmerkmale einer Vergütungsgruppe übertragen werden. Insbesondere gibt das Weisungsrecht nicht die Befugnis zur Versetzung auf einen Arbeitsplatz mit geringerer Vergütung, soweit sich der Arbeitgeber nicht auch die Übertragung niedrigwertiger Tätigkeiten arbeitsvertraglich in zulässiger Weise vorbehalten hat. Dies gilt auch, wenn die bisherige Vergütung fortgezahlt wird. Auf jeden Fall kann der Arbeitgeber Sie nicht zwingen, den Keller zu entrümpeln. Nach alledem habe ich durchaus meine Zweifel, dass die von Ihnen beschriebene Änderung ihrer Arbeitsbedingungen vom Direktionsrecht gedeckt ist. Darüber hinaus spricht das Verhalten des Arbeitgebers bereits gegen eine solche Einordnung in das Direktionsrecht, da ansonsten kaum erklärbar wäre, wieso der Arbeitgeber Ihnen einen Änderungsvertrag anbietet. Von daher halte ich es für realistisch, dass noch eine Änderungskündigung folgen wird.
3. Aktuelles Vorgehen
Wenn sie tatsächlich sicher sind, dass ein Outsourcing zu erwarten ist, kann ich Ihnen nicht raten, den Änderungsvertrag zu unterschreiben. Wenn der Arbeitgeber allerdings nachweisen kann, dass die im Rahmen des Arbeitsvertrages liegenden Aufgaben von ihnen nicht ordnungsgemäß erfüllt werden, wie sie selbst andeuten, sehe ich Schwierigkeiten sich der Versetzung, nach Ausspruch einer Änderungskündigung, zu widersetzen. Andererseits sollten Sie durchaus auf Zeit spielen und ohne zu zögern bei Vorliegen einer Änderungskündigung eine Kündigungsschutzklage erheben. Unabhängig von der Frage, ob eine entsprechende Kündigung gerechtfertigt ist, können sie dadurch nur gewinnen. Ist sie es nicht, hat der Arbeitgeber vor Gericht keinerlei Erfolgsaussichten. Ist sie es doch (was regelmäßig auch gilt, wenn die Kündigung nicht gerechtfertigt ist), können sie zumindestens eine lukrative Abfindung aushandeln, um einen langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden. Auf jeden Fall können Sie aber, wenn eine derartige Kündigung nicht gerechtfertigt ist, nach Durchführung des Rechtsstreits auf ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren.
Eine Möglichkeit, einer betriebsbedingten Kündigung eingehen, ohne dabei auf Konfrontationskurs zu gehen, sehe ich nur in der Annahme der neuen Tätigkeit. Allerdings habe ich meine Zweifel, dass sie dies wirklich weiter bringt.
Ich hoffe, Ihnen mit der ersten Prüfung der Rechtslage weiter geholfen zu haben. Gerne stehe ich Ihnen auch für die weitere Vertretung – soweit gewünscht – zur Verfügung und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Hans-Christoph Hellmann
-Rechtsanwalt-
www.anwaltskanzlei-hellmann.de
Diese Antwort ist vom 14.08.2005 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Viele Dank für die schnelle und umfassende Antwort.
Wie Sie selber auch angedeutet haben, halte auch ich eine Änderungküdigung eher für unwahrscheinlich, betriebsbedingt sowieso, aber auch verhaltensbedingt, da ich mir nichts zuschulden kommen lassen habe, sondern einfach nur weniger Geschäft an Land ziehe wie meine Kollegen.
Meine Sorge sind einfach Mobbing und Repressalien, falls ich den Änderungsvertrag ablehe. Dehalb meine Frage: Falls ich mich versetzen lasse und die Abteilung in einiger Zeit aufgelöst wird, kann ich dann verlangen (evtl. im Rahmen einer Kündigungsschutzklage) in meine alte Tätigkeit als Kundenberater zurückzukehren? Schließlich ist ein Arbeitgeber doch verpflichtet, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, wenn sich die betroffenen Mitarbeiter woander ensprechend ihrer fachlichen Qualifikation einsetzen lassen. Oder kann sich der Arbeitgeber darauf berufen, dass im Änderungsvertrag nichts mehr von Kundenberater als Tätigkeitsfeld steht ?
Danke im voraus.
Sehr geehrter Herr K.,
ich befürchte auch, dass nach einer entsprechenden Unterschrift unter den Änderungsvertrag ein neues Tätigkeitsfeld definiert ist, sodass eine Rückkehr zu dem „alten Arbeitsplatz“ schwierig ist, weil neben der fachlichen Qualifikation für die Umsetzung (als Vorrang zur Kündigung) die vertraglich vereinbarte Tätigkeit maßgeblich ist.
Ein Outsourcing an sich ist ein anerkannter Kündigungsgrund für eine betriebsbedingte Kündigung. Allerdings darf die damit zusammenhängende Entscheidung nicht willkürlich sein. Dies ist der Fall, wenn (in Verbindung mit einer vorherigen Änderungskündigung) nur eine ansonsten nicht mögliche betriebsbedingte Kündigung getarnt werden soll. Allerdings muss zur Offenlegung dieser „Machenschaft“ die gesamte (potentielle) Unternehmerentscheidung überprüft werden. Insoweit wäre in einem Kündigungsschutzprozess eine entsprechende Kündigung durchaus anfechtbar, da das Begründungserfordernis für den Arbeitgeber hoch ist (insbesondere nach einem entsprechenden Einwand von Ihnen im potentiellen Kündigungsschutzprozess).
Ich rate aber sicherheitshalber, soweit sich dies irgendwie durchsetzen lässt, eine entsprechende „Rückkehrklausel“ vorab im Änderungsvertrag einzubauen (Rückkehr an alten oder entsprechenden Arbeitsplatz, wenn Outsourcing), dann stehen Sie (auch ohne zu erwartenden Kündigungsschutzprozess) auf der sicheren Seite.
Hochachtungsvoll
RA Hellmann