Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Da Ihr Mann sowohl über sein Einkommen und den Arbeitgeber getäuscht hat, um an die Kreditkarte zu gelangen und dann mit der Kreditkarte erhebliche Käufe gestartet hat, ohne dafür zu bezahlen, dürfte wohl eine Strafbarkeit wegen Betrugs vorliegen, und zwar in mehreren Fällen.
Zum einen wurde das Kreditkartenunternehmen getäuscht und hat, wenn die Kreditkarte nicht gedeckt war und die Forderungen nicht beigetrieben werden konnten/können, einen Vermögensschaden erlitten. Darüber hinaus wurden die Onlinekaufhäuser über die angebliche Zahlungsfähigkeit und -willigkeit getäuscht und haben wegen der offenen Rechnungen ebenfalls einen Vermögensschaden erlitten. Es wird daher auf einen Betrug in mehreren Fällen hinauslaufen, was sich in der Höhe der Strafe sicherlich bemerkbar machen wird.
Ein einfacher Betrug hat nach § 263 Abs. 1 StGB ein Strafmaß von Freiheitsstrafe bis fünf Jahre oder Geldstrafe. Da es hier gleich mehrere Betrugstaten geben wird und der Gesamtschaden nicht gerade gering ist, könnte hier u. U. auch schon eine Haftstrafe in Betracht kommen, vor allem dann, wenn nicht damit zu rechnen ist, dass eine Geldstrafe bezahlt würde. Welche Strafe genau ausgeurteilt wird, hängt von sehr vielen Einzelfaktoren zusammen, so dass dazu an dieser Stelle keine verlässlichen Angaben gemacht werden können. Sofern noch eine Geldstrafe ausgeurteilt würde, orientiert sich die Höhe u. a. an den Einkommensverhältnissen des Täters. Aber auch hier können an dieser Stelle keine näheren Angaben zur erwartenden Höhe gemacht werden.
Könnte man Ihrem Mann einen besonders schweren Fall des Betrugs nachweisen, erhöht sich das Strafmaß auf eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu 10 Jahren. Eine Geldstrafe ist dann nicht mehr vorgesehen. Ein besonders schwerer Fall des Betrugs liegt z. B. vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt, wobei dies schon dann gegeben ist, wenn er sich mit den Betrugstaten eine längerfristige Einnahmequelle verschaffen will, oder bei einem besonders hohen Vermögensschaden, also einem Vermögensschaden von insgesamt mehr als 50.000 Euro. Ob ein besonders schwerer Fall des Betrugs vorliegt, hängt aber von den Gesamtumständen ab, so dass hier erst einmal nur der Vollständigkeit halber auf die Möglichkeit hingewiesen werden soll.
Ein Europäischer Haftbefehl kann sowohl zum Zweck der Strafverfolgung, also vor der Verurteilung, als auch zum Zweck der Strafvollstreckung, also nach der Verurteilung, erlassen werden. Neben dem Haftbefehl wird die gesuchte Person meist auch zur Fahndung ausgeschrieben, so dass z. B. bei der Einreise oder Ausreise die Person "gefunden" und sofort verhaftet werden kann. Sofern das Strafmaß bei bestimmten Katalogtaten nicht bereits eine Mindestfreiheitsstrafe von 3 Jahren vorsieht, darf der Europäische Haftbefehl nur dann erlassen werden, wenn die Mindeststrafe ein Jahr Freiheitsstrafe beträgt oder aber eine Strafvollstreckung von mindestens vier Monaten durchgesetzt werden soll. Die Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe wird hier aber, soweit es nur bei den Betrugsdelikten bleibt, wohl nicht erreicht werden.
Sofern Ihr Mann also "nur" einen Betrug begangen hat, dürfte der Erlass eines Europäischen Haftbefehls wohl eher nicht in Betracht kommen.
Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass Ihr Mann vielleicht im Inland zur Fahndung ausgeschrieben wurde oder es in Deutschland einen Haftbefehl gibt wegen Flucht oder Fluchtgefahr.
Im Strafrecht wird nur der Täter verfolgt und bestraft. Solange Sie bei den Taten nicht als Mittäter, Anstifter oder in Beihilfe mitgewirkt haben, besteht gegen Sie kein Tatverdacht, so dass man Sie wegen der Taten auch nicht verfolgen wird. U. U. kommen Sie als Zeuge in Betracht, dann würde man aber wahrscheinlich auch erst an Sie herantreten, wenn man Ihren Mann gefasst hätte. Ferner liegt es in der Entscheidung der Ermittlungsbehörden, wie man in der Sache vorgeht. Dass man bislang noch nicht an Sie herangetreten ist, heißt allerdings nicht, dass dies nicht doch noch geschehen könnte.
Zivilrechtlich haften Eheleute auch nicht immer füreinander. Wurden die Käufe allein von Ihrem Mann getätigt, werden Sie wahrscheinlich nicht als Gesamtschuldner haften, so dass man von Ihnen auch keine Zahlung verlangen könnte.
Ich hoffe, Ihre Fragen damit beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin