Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Frage unter Zugrundelegung Ihrer Angaben wie folgt:
Im Kern geht es bei Ihrer Frage eigentlich darum, ob Sie an die Abschreibungstabellen, was die Abschreibung Ihrer Küchen anbetrifft, gebunden sind.
In dem Urteil des BFHs vom 3.8.2016 (IX R 14/15
) wurde diese Frage nicht geklärt, es ging lediglich darum, dass eine Einbauküche nicht sofort absetzbar ist, sondern zwingend abgeschrieben werden muss.
Bei der Nutzungsdauer von 10 Jahren richtet sich das Gericht nach den Tabellen und bisheriger Rechtsprechung.
Wie verbindlich sind nun diese AfA-Tabellen?
So entschied das Finanzgericht Niedersachsen in seinem Urteil vom 9. Juli 2014 (Az. 9 K 98/14
) folgendes:
AfA-Tabellen haben den Charakter einer Dienstanweisung.
Die Richter verkündeten, dass die AfA-Tabellen des BMF für das Finanzamt den Charakter einer Dienstanweisung haben. Mit anderen Worten: der Fiskus muss sich an die vorgegebenen Abschreibungssätze der AfA-Tabelle halten und darf hiervon zumindest so lange nicht zu Ungunsten des Steuerpflichtigen abweichen, als die Erfahrungswerte der Tabelle den Einzelfall vertretbar abbilden.
Für den Steuerpflichtigen und das Finanzgericht hingegen handele es sich bei den AfA-Tabellen lediglich um ein Angebot der Finanzverwaltung für eine tatsächliche Verständigung im Rahmen der Schätzung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer. Dieses Angebot der Finanzverwaltung darf also angenommen werden – es muss aber nicht.
Bringt der Steuerpflichtige plausible Gründe vor, warum für ein Wirtschaftsgut eine kürzere Nutzungsdauer angenommen werden muss als in den amtlichen AfA-Tabellen „vorgeschlagen", z.B. weil eine Maschine vor Ende der steuerlichen Nutzungsdauer technisch unbrauchbar sein wird oder den rechtlichen Vorgaben nicht mehr entsprechen würde, so darf eine kürzere Nutzungsdauer berücksichtigt werden.
Will hingegen der Fiskus zu Ungunsten des Steuerpflichtigen von den Vorgaben seiner eigenen AfA-Tabellen abweichen, muss er dies deutlich besser begründen: Es sei in diesem Fall eine „detaillierte Auseinandersetzung mit den eigenen Erkenntnisgrundlagen erforderlich", wobei Schätzungenauigkeiten in der AfA-Tabelle hinzunehmen seien.
In Ihrem Fall gibt es gute Gründe, hier ausnahmsweise eine verlängerte Abschreibung anzusetzen, wie geplant.
Dies sollten Sie auch so Ihrem Finanzamt mitteilen und ggf. Einspruch erheben.
Eine andere Alternative wäre nur diejenige, sämtliche Steuerbescheide, deren Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten ist, rückwirkend zu ändern und zwar unter Zugrundelegung des 10 Jahres Wertes, verteilt auf die Zeiträume der noch änderbaren Bescheide.
Beantragen Sie nach Wahl des Finanzamt beides und legen Sie notfalls Einspruch ein.
Sie haben Recht: Dem Finanzamt hätte dies schon damals bekannt sein sollen und müssen und dies darf nicht zu Ihren Lasten gehen.
Deshalb wird man Ihnen hier helfen müssen.
Ist die AfA nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 4 Satz 2 EStG
ganz oder teilweise unterblieben, kann sie auf die Weise nachgeholt werden, dass die noch nicht abgesetzten Anschaffungs- oder Herstellungskosten (Buchwert) entsprechend der bei dem Wirtschaftsgut angewandten Absetzungsmethode auf die noch verbleibende Restnutzungsdauer verteilt werden, so dass auch die Abschreibung als Rest in 2018 angesetzt werden könnte.
Ich halte alle Alternativen für machbar.
Sie müssen sich in jedem Fall mit Ihrem Finanzamt auseinandersetzen, denn selbst, sollte keine der Möglichkeiten akzeptiert werden, sehe ich hier eine staatshaftungsrechtlichen Schadensersatzanspruch Ihrerseits für möglich.
Gerne helfe ich Ihnen hier weiter.
Viele Grüße!
15.07.2020
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15:57
Antwort
vonRechtsanwalt Andreas Wilke
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