Sehr geehrter Fragensteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Anhand Ihrer Angaben beantworte ich
Ihre Fragestellungen wie folgt:
Zunächst haben Sie die Kündigungsfrist richtig berechnet. Sie beträgt für Ihren Vermieter auch bei einer Eigenbedarfskündigung 9 Monate. Mit Urteil vom 18. Juni 2003 hat der BGH darüber hinaus entschieden, dass für vor dem 01. 09.2001 abgeschlossene Mietverträge grundsätzlich die alten Kündigungsfristen gelten. Die Kündigungsfrist beträgt danach auch 9 Monate. Nach einem weiteren Urteil des BGH vom 10.03.2004 soll das auch gelten, wenn im Mietvertrag auf die gesetzlichen Fristen verwiesen wird und dann der alte Gesetzestext aufgeführt ist. Daher ist die ausgesprochene Kündigung unwirksam. Sie kann aber erneut ausgesprochen werden.
Die Eigenbedarfskündigung soll außerdem einen Hinweis auf das Widerrufsrecht des Mieters enthalten. Hierbei soll auch auf dessen Form und Frist verwiesen werden. Fehlt der Hinweis, wie in Ihrem Fall, bleibt die Kündigung zwar wirksam, aber Sie können Ihren Widerspruch noch im Termin des ersten Räumungsrechtstreits erklären.
Ferner trifft Ihre Rechtsauffassung zu, dass der Vermieter Ihnen wegen Eigenbedarfs nur bei Vorliegen triftiger Gründe wirksam kündigen kann. Legitimer Eigenbedarf bedeutet, dass Ihre Vermieter wegen der Enkel auf Ihre Wohnung angewiesen sind, um ihre eigenen Wohnbedürfnisse zu decken, z.B. weil sie derzeit selbst unzureichend untergebracht sind. Ihre Vermieter tragen die Darlegungs- und Beweislast.
Das Gesetz spricht von einem berechtigten Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses, wenn dieser die Räume für sich, für die zu seinem Hausstand gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen benötigt. Als Familienangehörige gelten im Sinne des BGB alle Verwandten gerader Linie, also auch die Enkelkinder. Das LG Weiden hat in einem Urteil vom 05.12.2002 entschieden, dass der angemeldete Eigenbedarf für die Tochter der Schwiegertochter des Vermieters die Eigenbedarfskündigung nicht rechtfertige. Eine Ausnahme besteht jedoch dann, wenn eine nachweisbare besondere persönliche Bindung zum Vermieter existiert, die über das normale Vorhandensein des Verwandtschaftsverhältnisses hinausgeht. Bitte prüfen Sie daher den genauen Grad der Verwandtschaft. Außerdem klingt es so, als kämen die Enkel nur zu Besuch, was die Rechtsposition Ihrer Vermieter schwächt. Die Vermieter werden wohl nicht mit allen vier Enkeln zusammenziehen.
Aufgrund der erheblichen rechtlichen Anforderungen an eine Eigenbedarfskündigung muss der Vermieter bereits im Kündigungsschreiben ganz ausführlich darlegen, aus welchen Gründen die Beendigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs angestrebt wird. Die Begründung der Kündigung muss deshalb so detailliert erfolgen, dass Sie in der Lage sind, zu überprüfen, ob eine Verteidigung gegen die Kündigung möglich und sinnvoll ist. Als Leitfaden haben sich folgende Kriterien -unter Auswahl der relevanten für Ihren konkreten Fall- in der Rechtsprechung herausgebildet, die im optimalen Fall vom Vermieter eingehalten werden sollten:
Darstellung, wer die Wohnung in Zukunft nutzen soll
Darstellung des Verwandtschaftsgrades bzw. der besonderer Bindung unter Angabe des Namens, der Anschrift, des Alters und der Berufstätigkeit
Angabe der aktuellen Wohnverhältnisse der Person, für die Eigenbedarf beantragt wird
Darstellung der unzureichenden Unterbringung
Angabe von etwaigen beruflichen Gründen
Angebot von Alternativwohnungen, falls diese zum Zeitpunkt der Kündigung frei sind
Ausführungen über die Vorteile der zu nutzenden Wohnräume im Hinblick auf Größe, Lage, Anzahl der Räume und die Ausstattung.
Ferner könnte die Eigenbedarfskündigung treuwidrig sein, wenn die Gründe auf die die Eigenbedarfskündigung gestützt wird, schon bei Abschluss des Mietverhältnisses vorlagen, was Sie überprüfen müssten. Die Kündigung ist rechtsmissbräuchlich und mithin unzulässig, wenn z.B. im gleichen Haus vergleichbare Wohnungen leer stehen. Der Eigenbedarf ist überhöht, wenn Ihre Wohnung für die Vermieter viel zu groß ist. Die Eigenbedarfskündigung ist zudem unwirksam, wenn die Wohnung nur gelegentlich zu Übernachtungen oder nur kurzfristig für einige Monate benötigt wird.
Nach alledem rate ich Ihnen, Widerspruch gegen die Eigenbedarfskündigung einzulegen. Ich empfehle Ihnen, im Widerspruchsschreiben, welches Sie per Einschreiben Ihrem Vermieter übersenden, eine umfassende Stellungnahme gegen alle vom Vermieter vorgebrachten Gründe abzugeben. Auch sollten hier die von Ihnen in der Anfrage mitgeteilten zu berücksichtigenden Interessen und sozialen Gründe darlegen. Es ist jedoch zu beachten, dass grundsätzlich bei einer Eigenbedarfskündigung keine Interessensabwägung stattfindet.
Teilen Sie dem Vermieter mit, dass Sie nicht freiwillig ausziehen werden. Ihr Vermieter muss die Rechtsmäßigkeit seiner Kündigung durch Einreichung einer Räumungsklage beim zuständigen Amtsgericht feststellen lassen. Erst wenn die Eigenbedarfskündigung vor Gericht Bestand hat, werden Sie zur Räumung der Wohnung verurteilt werden.
Gerade um kostenintensive Auseinandersetzungen für beide Parteien zu vermeiden, sollten Sie alle Möglichkeiten ausloten, eine außergerichtliche Lösung zu finden. Lösungsmöglichkeit ist Ihr Vorschlag mit der zeitlichen Perspektive für das Jahr 2009. Eine andere Perspektive eröffnet der Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages, der Ihnen gegen Zahlung einer Geldsumme und Übernahme der Umzugs- und Renovierungskosten den Auszug aus der Wohnung versüßt.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen ersten Einschätzungen weiterhelfen konnte und verweise bei Unklarheiten nochmals auf die kostenlose Nachfragefunktion. Falls Sie meine Beauftragung in Betracht ziehen, bitte ich um Kontaktaufnahme über die u.a. E-Mail-Adresse.
Einstweilen verbleibe ich
mit besten Grüßen
Inga Dransfeld-Haase
Rechtsanwältin
E-Mail: dr-haase@dr-schwoebbermeyer.de
Ich bitte noch folgendes zu beachten:
Die Beratung ist beschränkt durch die von Ihnen gegebenen Informationen. Es kann entsprechend den vorliegenden Bedingungen nur ein erster Überblick geboten werden, der eine abschließende, umfassende und verbindliche Anwaltsberatung nicht ersetzen kann. Der Umfang der Antwort steht weiterhin in Abhängigkeit zu Ihrem eingesetzten Honorar.
Diese Antwort ist vom 02.02.2008 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrte Frau Dr. Haase, vielen Dank für die ausführliche Mühe die Sie sich gemacht haben. Eine Mandatierung könnte ich mir mir zwar gut vorstellen, ist aber aufgrund der Entfernung nach Breisach/Südbaden eher unpraktikabel, da ich von Korrespondenzanwälten die den Termin dann wahrnehmen nicht viel halte. Und von einem reinen schriftlichen Verfahren dürfte wohl kaum auszugehen sein. Schade :-( zumal ich auch eine andere Mietrechtsache aus der Position als Vermieter hätte, wo die Mieterin selbst gekündigt hat, aber nicht ausgezogen ist und nun auch noch die Miete einbehält. Ganz üble und viel kompliziertere Sache - Gerichtsstand wäre dort das AG Neuwied/Rhein.
Also nun zu meiner Nachfrage aus dem Fall. Zunächst zum besseren Verständnis. Die Enkelkinder sind kleine Kinder und Babys des Vermietersohnes. Der Großvater beansprucht also den Platz für seinen Sohn und dessen 4 Kinder. Ihrer Stellungnahme entnehme ich nicht ganz eindeutig ob nun die Kündigung grundsätzlich unwirksam ist und damit eine neue Kündigung ausgesprochen werden muss z.B. Anfang März plus 9 Monate also zum Ende November oder ob die 6 monatige Kündigung zum 30.6. automatisch nur um drei zusätzliche Monate verlängert wird, mithin für Ende September wirksam ist. Natürlich möchte ich eine kostenintensive gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden, aber dennoch mit allen legalen Tricks den Auszug so lange als möglich hinauszögern. Wenn ich also gem. Ihrem Rat sofort der Kündigung widerspreche, könnte der Vermieter eine neue fristgerechte Kündigung zum 30 November aussprechen und ich verschenke meines Erachtens kostbare Zeit. Deshalb die konkrete Frage: Wenn ich das detaillierte und allumfassende Widerspruchsschreiben erst Mitte Mai abschicke, dann müsste es doch wohl so sein, dass der Vermieter erst Anfang Juni 2008 rechtswirksam neu zum Ende Februar 2009 kündigen kann? Dann würde ich gleichzeitig zur Vermeidung einer gerichtlichen Räumungsklage , die sich zusätzlich auch bestimmt ca. 3-4 Monate in die Länge ziehen ließe, Ende Februar 2009 dem Vermieter vorschlagen, dass wir freiwillig per Ende April oder Mai 2009 ausziehen, was ein akzeptabler Termin wäre. Vielen Dank im voraus für die Zusatz-Beantwortung. MfG
Sehr geehrter Ratsuchender!
Gerne beantworte ich Ihre Nachfrage:
Zunächst muss Ihr Vermieter eine neue Kündigung aussprechen bezogen auf die unzureichende Begründung des Eigenbedarf, etc. Bezogen auf den fehlenden Hinweis auf Ihr Widerspruchsrecht, ist die Kündigung wirksam. Die Unwirksamkeit der Kündigung folgt aber bereits aus dem ersten Grund.
Die weiteren Vorgehensweise stelle ich in Ihr Ermessen. Da Ihr Vermieter meines Erachten auch in Zukunft kein berechtigtes Interesse wird darlegen können, kann er Sie überhaupt nicht wegen Eigenbedarf kündigen. Weil kein Hinweis auf Ihr Widerrufsrecht erfolgte, könnten Sie theoretisch auch noch im ersten Termin des Räumungsprozesses den Widerspruch erklären, sonst 2 Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses.
Mit freundlichen Grüßen
Inga Dransfeld-Haase
(Rechtsanwältin)