Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Für einen Betrugsverdacht bestehen aufgrund Ihrer Schilderung leider erhebliche Anhaltspunkte, wobei sich dies aufgrund der Ihnen bekannten Umstände nicht vollkommen sicher beantworten lässt.
In Betracht kommt die Fallgruppe des sog. Eingehungsbetruges, strafbar gem. § 263 StGB
. Der Eingehungsbetrug ist dadurch gekennzeichnet, dass der Täter entweder über eine innere Tatsache täuscht, in diesem Falle seine Zahlungswilligkeit bzw. Erfüllungswilligkeit, oder über eine äußere Tatsache, in diesem Falle seine Zahlungsfähigkeit. Entscheidend ist hierbei der Zeitpunkt des Eingehens der vertraglichen Verpflichtung, zu welchem es entweder an der Zahlungsfähigkeit oder an der Zahlungsbereitschaft gefehlt haben muss. Eine rechtliche Unsicherheit besteht darin, dass der Verkäufer ja zur vereinbarten Lieferung der Ware möglicherweise imstande gewesen wäre. Immerhin hat der Verkäufer sich ja nicht zur Zahlung eines Betrages, sondern zur Lieferung von Ware verpflichtet. Allerdings bin ich der Auffassung, dass ein gewerblicher Verkäufer wegen des bestehenden vierzehntägigen Widerrufsrechts im Fernabsatzrecht damit rechnen muss, bis zum Ablauf der Widerrufsfrist vereinnahmte Kaufpreise wieder auskehren zu müssen. Hierfür muss er ausreichende Rücklagen bilden und kann die Kundengelder nicht in ein gegebenenfalls debitorisches Konto laufen lassen.
Da Sie zum jetzigen Zeitpunkt weder die Zahlungsfähigkeit des Verkäufers kennen, noch dessen Zahlungsbereitschaft, bewegen wir uns allerdings im Verdachtsbereich. Die bloße schlampige Bearbeitung von Kundenanfragen ist für sich genommen noch kein Betrug. Indizien für das Vorliegen einer Straftat sind allerdings die von Ihnen geschilderten unlogischen Ausflüchte des Verkäufers, der relativ große Zeitablauf sowie die nunmehr auftretenden negativen Kundenbewertungen. Das Gesamtverhalten erscheint geradezu klassisch für den Eingehungsbetrug, so dass es mit Sicherheit auch polizeiliche Ermittlungen geben wird, zumal gegebenenfalls noch andere Geschädigte sich an die Polizei wenden.
So wie ich Sie verstehe, sind Sie zivilrechtlich bereits anwaltlich vertreten. Es bietet sich an, den Verkäufer auf die mögliche Strafbarkeit seines Verhaltens ,,aufmerksam" zu machen, um die Motivation zur Rückzahlung zu erhöhen. Allerdings muss es unbedingt vermieden werden, die Strafanzeige für den Fall der ausbleibenden Rückzahlung anzudrohen - dies könnte als strafbare Nötigung gewertet werden.
Sollte auch dies nichts nützen, bleibt Ihnen nur die Erstattung einer Anzeige bei der Polizei. Parallel sollte über ein Mahnverfahren ein Vollstreckungstitel gegen den Verkäufer erwirkt werden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
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Diese Antwort ist vom 17.02.2016 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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17.02.2016
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19:15
Antwort
vonRechtsanwalt Christian Schilling
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