Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Der Pflichtteil kann innerhalb von drei Jahren geltend gemacht werden. Diese Frist beginnt mit dem Tag, an dem der Pflichtteilsberechtigte vom Tod des Erblassers (und seiner Enterbung) Kenntnis erlangt hat. D. h. der Pflichtteilsanspruch verjährt nach drei Jahren. Diese Frist beginnt mit dem Schluß des Jahres, in dem der Pflichtteilsanspruch entstanden ist und der Berechtigte Kenntnis erlangt hat.
2.
Nach Ihrer Schilderung ist dem älteren Sohn die Enterbung nach dem Tod des Vaters, also im Jahr 2003, bekannt geworden. Damit ist die Verjährung der Pflichtteilsansprüche mit Ablauf des 31.12.2006 eingetreten.
D. h. der Pflichtteil nach dem Vater kann nicht mehr verlangt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Rückfrage vom Fragesteller
18.06.2011 | 20:07
Hinweis - siehe meine Frage !!!:
Die Erlangung der Kenntnis von der den andern Sohn total begünstigenden Verfügung war nicht 2003, sondern im Mai 2011 !!!
"Die notarielle Verfügung wird nun vor kurzem eingestanden und umfasst rd. 80 % des vom Vater übernommenen und noch aktuellen Gesamtvermögens."
TR
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt
18.06.2011 | 20:28
Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Aufgrund der Sachverhaltsschilderung gehe ich davon aus, daß dem älteren Sohn nach dem Tod des Vaters bekannt geworden ist, daß die Mutter Alleinerbin geworden war. Das ergibt sich aus Ihrer Formulierung, daß der Sohn "auf die fristgerechte Pflichtteilsgeltendmachung nach dem Tode des Vaters" verzichtet habe.
Das ist der erste Erbfall (nach dem Tod des Vaters), auf den sich Ihre Frage bezieht.
Dann gibt es das Testament, das die Mutter errichtet hat, wonach auch die Mutter den älteren Sohn enterbt.
Folglich müssen Sie zwei Erbfälle voneinander unterscheiden und trennen: den Erbfall nach dem Tod des Vaters und den Erbfall nach dem Tod der Mutter.
Der Hinweis, die notarielle Verfügung sei nun vor kurzem eingestanden worden und umfasse rd. 80 % des vom Vater übernommenen und noch aktuellen Gesamtvermögens, betrifft doch die letztwillige Verfügung der Mutter (sie war ja alleinige Erbin geworden) und nicht das Testament des Vaters.
2.
Nochmals: Nach dem Tod des Vaters ist die Mutter Alleinerbin geworden. Das hat der ältere Sohn - und so ist der Sachverhalt zu lesen - gewußt. Gleichwohl hat er auf die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen verzichtet, vielleicht in der Hoffnung, er werde nach dem Tod der Mutter Miterbe. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß mit Ablauf des 31.12.2006 die Pflichtteilsansprüche nach dem Tod des Vaters verjährt sind.
Auf den Inhalt der letztwilligen Verfügung der Mutter kommt es im Hinblick auf die Pflichtteilsansprüche nach dem Tod des Vaters also nicht an.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt