Sehr geehrter Rechtsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:
I.
Grundsätzlich sieht das deutsche Strafrecht auch eine Verjährung der Strafvollstreckung vor. Näher geregelt ist dies in den §§ 79 ff. StGB
.
Nach § 79 Abs. 3 Nr. 4 StGB
verjährt Vollstreckung einer Geldstrafe von mehr als 30 TS innerhalb von 5 Jahren. Nach Ablauf dieser Verjährungsfrist darf die Strafe nicht mehr vollstreckt werden, § 79 Abs. 1 StGB
. Die Verjährungsfrist beginnt zu laufen mit Rechtskraft des Urteils, § 79 Abs. 6 StGB
.
Allerdings gibt es eine Reihe von Gründen, die dazu führen, dass die Verjährung ruht. Für den Zeitraum des Ruhens läuft die Verjährungsfrist nicht ab; sie wird also entsprechend „verlängert".
Diese Gründe ergeben sich aus § 79a StGB
.
Nach Nr. 1 dieser Vorschrift ruht die Verjährung, wenn die Vollstreckung nach dem Gesetz nicht begonnen oder fortgesetzt werden kann. Gemeint sind damit solche Fälle, in denen es aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist, die Strafe zu vollstrecken. Ein solcher Fall liegt bei Ihnen nicht vor, da die Vollstreckung in Ihrem Fall rechtlich möglich ist (auch wenn dies tatsächlich nicht zu gelingen scheint). Ein Ruhen der Vollstreckung wegen „Flucht" ist von dieser Vorschrift ausdrücklich nicht erfasst (vgl. Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 79a Rn. 2)
Nach Nr. 2 der o.g. Vorschrift ruht die Verjährung in Zeiten, in denen
a) dem Verurteilten Aufschub oder Unterbrechung der Vollstreckung gewährt wurde oder
b) die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde oder
c) dem Verurteiltem bei Geldstrafe Zahlungserleichterung bewilligt wurde.
Für die Fälle a) und b) sehe ich in Ihrer Sachverhaltsschilderung keine Anhaltspunkte. Fall c) dürfte aber gegeben sein, dass Sie hinsichtlich der Geldstrafe eine Zahlungserleichterung – Ratenzahlung – bewilligt bekommen haben. Für den Zeitraum zwischen Bewilligung der Zahlungserleichterung und Widerruf derselben ruhte daher die Verjährung. Entsprechend müssen Sie diesen Zeitraum bei der Berechnung der Verjährungsfrist berücksichtigen.
Nr. 3 setzt schließlich einen Aufenthalt des Verurteilten in einer Anstalt voraus, wofür ich nach Ihrer Schilderung keine Anhaltspunkte sehe.
II.
Nach § 457 Abs. 2 S. 1 StPO
ist die Vollstreckungsbehörde berechtigt, zur Vollstreckung einer (Ersatz-)Freiheitsstrafe einen Haftbefehl zu erlassen. Entsprechend darf der Haftbefehl nur erlassen werden, wenn es eine zu vollstreckende Strafe gibt.
Nach Ablauf der Vollstreckungsverjährungsfrist ist dies nicht mehr der Fall. Mangels vollstreckbarer Strafe dürfte ein Haftbefehl nicht mehr erlassen werden.
Ob sich der Haftbefehl durch den bloßen Eintritt der Vollstreckungsverjährung ohne Weiteres erledigt, lässt sich leider nicht abschließend klären. Insbesondere Rechtsprechung hierzu habe ich – trotz Datenbanksuche – nicht gefunden.
Aus Gründen anwaltlicher Vorsicht rate ich Ihnen daher, sich nicht auf eine (nur) vielleicht eintretende Erledigung oder selbstständige Aufhebung des Haftbefehls durch die Vollstreckungsbehörde zu vertrauen. Lassen Sie nach Ablauf der Verjährungsfrist einen Verteidiger prüfen, ob der Haftbefehl aufgehoben wurde oder sich sonst erledigt und – falls nicht – weitere Schritte einleiten.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen.
Bitte beachten Sie, dass es sich bei den vorstehenden Ausführungen um eine erste Einschätzung aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhalts handelt, die eine persönliche Beratung durch einen Rechtsanwalt nach umfassender Sachverhaltsaufklärung nicht ersetzen kann. Durch Auslassen oder Hinzufügen von Tatsachen Ihrerseits kann sich die rechtliche Bewertung ändern.
Bei Unklarheiten können Sie gerne von Ihrem Nachfragerecht Gebrauch machen.
Mit freundlichen Grüßen
Gina Haßelberg
(Rechtsanwältin)
Achtung Archiv
Diese Antwort ist vom 28.09.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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