Sehr geehrter Ratsuchender
vor der Frage zum europäischen Recht erlauben Sie mir eine kurze Anmerkung.
Da vor einem maltesischen Gericht erstmals verhandelt wurde und dieses Gericht ein Urteil gefällt hat, müsste erst Berufung zu dem in der maltesischen Strafprozessordnung zuständigen Gericht eingelegt werden. Dies ist nicht nur praktischer, sondern die Ausschöpfung des nationalen Rechtswegs ist regelmäßig eine Vorbedingung zur Anrufung europäischer Gerichte.
In dieser Verhandlung vor dem maltesischen Berufungsgericht kann der Angeklagte, der in der ersten Instanz nach Ihren Ausführungen keine Angaben gemacht hat, zur Sache aussagen und den Tatvorwurf der angeblichen Bedrohung richtigstellen, so dass ggf. das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und der Angeklagte freigesprochen würde.
Der Betreffende hat als Anfechtungsmöglichkeit nach europäischem Recht nur eine überschaubare Anzahl von Alternativen zur Verfügung.
Eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dürfte ausscheiden.
Vor dem EuGH und dem EuG (Europäisches Gericht)gilt ein "numerus clausus" der zulässigen Verfahrensarten, d.h. eine Anrufung von EuG und EuGH kommt nur in Betracht, wenn der EGV in den Art. 226 ff. eine entsprechende Verfahrensart vorsieht. Die Verfahrensarten des EGV sind:
•Vertragsverletzungsverfahren gegen
Mitgliedstaaten (Art. 226, 227 EGV)
•Nichtigkeitsklage gegen Rechtsakte der
Gemeinschaftsorgane (Art. 230 EGV)
•Untätigkeitsklage wegen unterlassener
Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane (Art. 232
EGV)
•Vorabentscheidungsverfahren für Fragen
mitgliedstaatlicher Gerichte über die Auslegung
und Gültigkeit des Gemeinschaftsrechts (Art.
234EGV)
•Amtshaftungsklage wegen der deliktischen
Haftung der Gemeinschaftsorgane (Art. 235, 288
Abs.2 EGV)
Wie Sie an dieser Aufzählung erkennen, sind keine Anfechtungsmöglichkeiten gegen ein erstinstanzliches Strafurteil eines maltesischen Gerichts vorgesehen.
Eine Individualbeschwerderecht ist zwar eigens im Erstes Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vorgesehen, aber dürfte mangels Verletzung von Menschenrechten unbegründet sein.
Eine Individualbeschwerde kann entsprechend der Europäischen Menschenrechtskonvention gemäß Art. 13 und gemäß Art. 34 EMRK
erhoben werden. Seit 1998 werden Individualbeschwerden gemäß Art. 34 EMRK
ausschließlich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg behandelt. Allerdings setzt auch diese
Möglichkeit der Individualbeschwerde die Erschöpfung aller innerstaatlichen Rechtsmittel voraus. Nach der Erschöpfung der innerstaatlichen Rechtsmittel gegen dieses erstinstanzliche Urteil eines maltesischen Gericht ist eine solche Individualbeschwerde zum EGMR möglich und ggf. erfolgreich.
Mit freundlichen Grüßen
RA Kreutzer
Diese Antwort ist vom 29.09.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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wäre das Urteil des maltesischen Gerichts so lange 'nicht rechtskräftig' oder 'schwebend', bis dass vom EGMR noch nicht entschieden wurde?
(Die Anwältin hatte mir gleich gesagt, dass meine Berufung in Malta mit einer "penalty", also einer Geldstrafe, vom Gericht beantwortet wird, bevor es überhaupt zu einem Berufungsverfahren kommt. Also allein mein Berufungswunsch würde mit dieser Geldstrafe belegt.)
Sehr geehrter Ratsuchender
wenn keine Berufung eingelegt wird und die Frist zur Berufungseinlegung verstreicht, wird das Urteil in Malta rechtskräftig. Der EGMR prüft nach, ob dieses rechtskräftige Urteil gegen spezifische Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt.
Malta wurde neulich erst im Juli 2013 wieder vom EGMR verurteilt.
In zwei wichtigen Urteilen hat der EGMR die Rechte von Schutzsuchenden gestärkt und die beiden Inselstaaten Malta und Zypern wegen massiver Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verurteilt.
Die Haftbedingungen für Schutzsuchende auf Malta stellen aus Sicht des Gerichtshofes eine „unmenschliche und erniedrigende Behandlung" nach Artikel 3 EMRK
dar, der dies verbietet.
Zu der weiteren Nachfrage nach einer "Penalty" wegen Einlegung der Berufung ist auszuführen, dass nicht die Berufung mit einer Geldstrafe belegt wird, sondern einfach zu höheren Gerichts-und Anwaltskosten führt. Dies ist aber üblich, da durch diesen Rechtsweg Kosten einer weiteren Instanz entstehen.
Mit freundlichen Grüßen
RA Kreutzer
Mit freu