Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Ich gehe nach Ihren Angaben davon aus, dass es sich nicht um einen eingetragenen Verein (e.V.) handelt.
Wie Sie richtig vermuten, kann die Satzung eines Vereins von den Grundregeln des BGB abweichen, soweit dies durch 40 BGB zugelassen ist. Die Verfahrensweise für Beschlüsse der Mitgliederversammlung als wichtiges Organ des Vereins können abgeändert werden, da 32 BGB in 40 BGB genannt ist.
Die Regelung, dass 70%-Stimmenmehrheit erforderlich ist, ändert zulässig die gesetzliche Festlegung auf die einfache Mehrheit.
Das BGB sagt leider nicht konkret was eine Stimme ist. Der Bundesgerichtshof hat aber schon im Jahr 1982 entschieden, dass im Vereinsrecht Enthaltungen nicht mitgezählt werden (AZ: II ZR 164/81
). Der Grund hierfür ist der Vergleich, dass ein Mensch der sich enthält nicht damit rechnet, seine Stimme werde anders gewertet, als die eines nicht anwesenden Mitglieds.
Auslegungssache ist allerdings die Frage, ob die konkrete Benennung von 70%-Stimmenmehrheit der Erschienenen tatsächlich die Kopfzahl der Anwesenden oder nur das Verhältnis der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen meint. Nachdem der Wortlaut zum einen von Stimmenmehrheit und zum anderen von erschienenen Mitgliedern spricht ist dieser zur Auslegung eher untauglich. Das Gesetz ist uneindeutig. So verbleibt nur der Sinn und Zweck der Regel. Nach meiner Auffassung vom Willen der Satzungsgeber soll hier lediglich die Mehrheit der Stimmen und nicht der Köpfe maßgeblich sein.
Stimmenmehrheit im Sinne des BGB, der Rechtsprechung und wohl auch Ihrer Satzung bedeutet die Zahl der abgegebenen Ja-Stimmen im Vergleich zu den Nein Stimmen. Damit kann die 70%-Mehrheit auch unter den von Ihnen errechneten 52 Köpfen liegen, wenn sich auch nur eine Person enthalten hat.
Die Aussage des Vorsitzenden ist ein Abbild dieser Einschätzung und dürfte damit nicht als unzulässig zu bewerten sein.
Zusammengefasst:
Die Satzung bestimmt zulässig eine abweichende Stimmenmehrheit. Diese liegt m. E. bei 70% der abgegebenen Stimmen ohne Enthaltungen. Die Aussage des Vorsitzenden gibt den Satzungsinhalt wieder und dürfte unbedenklich sein.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Achtung Archiv
Diese Antwort ist vom 13.10.2016 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Rückfrage vom Fragesteller
13.10.2016 | 22:48
Wie sieht die Sache bei einem e.V. aus, der wir tatsächlich sind?
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt
14.10.2016 | 08:29
Sehr geehrte Fragesteller,
im Wesentlichen gleich. Nur erfordert das BGB bei e.V.s einen Grundinhalt der Satzung, den ich nicht ohne den vollen Text prüfen kann. Das würde auch wohl den Rahmen Ihrer Frage sprengen.
Vorausgesetzt die Satzung an sich ist wirksam, bleibt es bei dem o.g. Ergebnis.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Pieperjohanns