Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Leider teilen Sie nicht mit, ob Sie bzw. das Anstellungsverhältnis unter eine tarifvertragliche Regelung fällt.
Ich gehe daher davon aus, dass dem nicht so ist. Gem. § 13 Abs. I BUrlG kann von zwingenden Vorschriften der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 BUrlG gar nicht und von den anderen nur in Tarifverträgen abgewichen werden.
Es gilt die Richtlinie 2003/88/EG.
Da die Anstellungsverträge seit dem Beginn des ersten am 19.04.2021 nahtlos aneinandergereiht sind, ist von der Gesamtlaufzeit auszugehen.
Die Mitarbeiterin ist daher schon über 6 Monate beschäftigt und hat in 2022 den vollen Urlaubsanspruch
(§ 4 BUrlG).
Ich gehe weiter davon aus, dass die Arbeitszeit pro Tag gleich geblieben ist. Wie viele Stunden Mitarbeiter pro Tag tätig sind bleibt unberücksichtigt.
Das BUrlG aus dem Jahr 1963 geht von einer 6-Tage-Woche aus, wenn es 24 Werktage als gesetzlichen festlegt (incl. Samstag als Werktag), d.h. 4 Wochen.
Nach der Rechtsprechung des BAG ist der gesetzliche Urlaubsanspruch an die tatsächlichen Arbeitstage anzupassen: insgesamt vier Wochen!
Bei einer 5 Tage Woche beträgt der Mindesturlaub daher 20 Werktage.
Im Falle einer unregelmäßig verteilten Arbeitszeit in einem sich regelmäßig wiederholenden System wird ein Zeitraum ermittelt, auf den statt 1 Woche abzustellen ist.
Der kann zwischen 2 bis 4 Wochen, Monaten und sogar einem ganzen Jahr liegen.
Das BAG geht bei der 5-Tage-Woche von 260 Tagen Arbeitsverpflichtung aus (52 × 5), ohne Rücksicht auf Feiertage und 365 Tage pro Jahr.
Bei einer unterjährigen Veränderung der Wochenarbeitstag darf bei einer Reduzierung von Vollzeit zu einer Teilzeitbeschäftigung der in Vollzeit erworbene Urlaubsanspruch, dessen Inanspruchnahme während der Vollzeittätigkeit nicht möglich war, nach dem Übergang in eine Teilzeitbeschäftigung nicht verhältnismäßig gekürzt werden
[EuGH, Urteile v. 22.04.2010 Zentralbetriebsrat (Az.: C-486/08) und v. 13.06.2013 „Brandes″ (Az.: C-415/12)]. Argument war das Verbot der Diskriminierung der Teilzeitkräfte.
Das BAG übernimmt diese Vorgaben
[BAG, Urteil v. 10.02.2015 (Az.: 9 AZR 53/14 (F)].
Bei einer unterjährigen Erhöhung der Wochenarbeitstage wegen eines Wechsels von Teilzeit in Vollzeit, ist nur eine Neuberechnung für den Zeitraum vorzunehmen, ab dem sich die Arbeitszeit erhöht hat.
Es besteht kine Verpflichtung, die Anzahl der Urlaubstage für Zeiten vor der Erhöhung neu zu berechnen
[EuGH„Greenfield″ Urteil v. 11.11.2015 Az.: C-219/14)].
In der 2. Jahreshälfte besteht immer ein Anspruch auf vollen Jahresurlaub
(§ 5 Abs. I BUrlG). Nur unter den hier genannten Voraussetzungen besteht Teilurlaub für volle Kalendermonate.
Für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses steht dem Arbeitnehmer 1/12tel des Jahresurlaubs zu (§ 5 Abs. I BUrlG).
Zur Berechnung:
Vertrag (1): 4 Tage Woche
19.04.2021 - 31.07.2021 (3 Monate)
16 ./. 12 x 3 = 4 Tage
kein Urlaub für den 1/2 Monat
Vertrag (2): 4 Tage Woche
01.08.2021 - 31.08.2021 (1 Monat)
16 ./. 12 x 1 = 1,3 Tage
Vertrag (3): 5 Tage Woche
01.09.2021 - 31.08.2022 (12 Monate)
20 ./. 12 x 12 = 20 Tage
Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, dass Arbeitnehmer den vierwöchigen Mindesturlaub gem. § 3 BurlG bzw. gem. Art. 7 Abs. I der Richtlinie 2003/88/EG bis zum 31. Dezember vollständig nehmen.
Daher ist rechtzeitig vor Ablauf des Kalenderjahres schriftlich / eMail ein Hinweis zu erteilen, dass der Urlaub bis spätestens zum 31. Dezember in Anspruch zu nehmen ist, weil er sonst ersatzlos untergeht.
Ansonsten ist er nicht verfallen.
Von den berechneten Tagen ziehen Sie die genommenen Urlaubstage ab.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Helge Müller-Roden
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Fachanwalt für Arbeitsrecht