Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Der Verlag wird keine eigenen Rechte mehr an den bis 1918 gedruckten Postkarten besitzen.
Bezüglich der abgebildeten Kinder könnten nur rein theoretisch noch Rechte bestehen. Allerdings ist die Schutzdauer der vermögenswerten Bestandteile des postmortalen Persönlichkeitsrechts, wie das Recht am eigenen Bild (§ 22 Satz 3 KUG
), auf zehn Jahre nach dem Tod der Person begrenzt (Urteil des BGH vom 05.10.2006 Az. I ZR 277/03
- kinski-klaus.de). Die abgebildeten Kinder müssten also 2007 oder später in einem Alter von über 100 Jahren verstorben sein, was eher unwahrscheinlich ist.
Bezüglich der Urheberrechte des Fotografen bzw. dessen Erben wird es leider komplizierter. Das Photographieschutzgesetz von 1876 sah nur eine Schutzfrist von 5 Jahren für Fotos vor. Also können Fotos um die Jahrhundertwende schon gemeinfrei geworden sein, bevor 1907 das KUG mit zunächst 10 Jahren Schutzfrist für Fotos in Kraft trat. 1934 wurde die allgemeine Schutzfrist von 30 auf 50 Jahre verlängert. 1965 wurden die 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers mit dem neuen UrhG eingeführt, aber zugleich auch die Unterscheidung in Lichtbilder und Lichtbildwerke. Bei Lichtbildern (=simple Abbildungen eines Motivs) galt dann zunächst 25 Jahre Schutzfrist, ab 1985 dann 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers für Lichtbildwerke und 50 Jahre ab Veröffentlichung für Lichtbilder , siehe § 72 UrhG
. Daraus ergibt sich gemäß § 135a Abs. 1 UrhG
, dass Fotos, die vor 1985 erschienen sind, ggf. nur dann in den Genuss der 70 Jahre Schutzfrist kommen, wenn ihre damalige 25-jährige Schutzfrist 1985 noch nicht abgelaufen war.
Wenn der Urheber der Fotos z.B. erst nach 1960 gestorben wäre, wäre die 70-jährige Schutzfrist nach dem Tode zumindest nach nationalem Recht ggf. noch nicht abgelaufen. Gemäß § 64 UrhG
, der über § 129 UrhG
auch auf ältere Werke anwendbar ist (soweit diese zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes 1965 noch urheberrechtlich geschützt waren), erlischt das Urheberrecht aber nur dann 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers, wenn dieser sich zu dem Werk bekannt hat. Ansonsten erlischt das Urheberrecht bei einer anonymen Veröffentlichung bereits 70 Jahre nach der Veröffentlichung, § 66 UrhG
.
Kurz gesagt: Wenn das Foto nicht unter Nennung des Fotografen veröffentlicht wurde (auch nicht an anderer Stelle), sind sämtliche Rechte hieran mittlerweile mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erloschen und Sie können es kommerziell nutzen. Sollte das Foto aber vom Fotografen noch zu dessen Lebzeiten unter Urhebernennung veröffentlicht worden sein, könnten rein theoretisch noch Urheberrechte hieran bestehen, wenn der Fotograf erst nach 1960 verstorben ist.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 13.01.2017 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
Brandsweg 20
26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
Web: http://www.jan-wilking.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Jan Wilking