Sehr geehrte Ratsuchende,
gern nehme ich zu Ihren Fragen wie folgt Stellung:
Aus den Testamenten aus 2001 und 2002 können keine Rechte mehr hergeleitet werden, da die dort getroffenen Verfügungen mit Testament aus 2005 widerrufen wurden.
Die Verfügungen in dem Testament aus 2005 sind unzweideutig und rechtlich nicht zu beanstanden. Sie sind insoweit bereits Miterbe geworden, einer Annahmeerklärung bedarf es hierzu nicht. Sollte sich das Erbe für Sie als wirtschaftlich oder rechtlich nachteilig darstellen, steht es Ihnen frei, das Erbe auszuschlagen. Beachten Sie hier die 6-Wochen-Frist seit Kenntnis von der Erbenstellung. Ansonsten können Sie Ihren Erbteil auch auf andere Erben oder Dritte übertragen, natürlich auch entgeltlich. Dazu wäre jedoch ein Notarvertrag zu schließen.
Vorstehendes gilt auch für die Verfügungen zur Lastentragung durch die Erben. Der Erblasser kann das durchaus so bestimmen. Die Erben sind an diese Anordnungen gebunden, es sei denn, sie schlagen das Erbe aus. Welche Lasten genau von den Erben zu tragen sind, ist im Zweifel durch Auslegung des Testamentes unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Willens des Erblassers zu ermitteln. Ich würde nach Ihrer Darstellung dazu tendieren, dass den Erben auch die Übernahme der kosten für Grundsteuer und Abfallentsorgung obliegt.
Zunächst fällt in den Nachlass nur das, was dem Erblasser bei seinem Ableben gehörte, also ggf. auch Inventar der Immobilie. Hier wären die Einkommensverhältnisse an einzelnen Sachen zu prüfen. Bei der Bewertung der Immobilie spielt jedoch das Inventar regelmäßig keine Rolle.
Sollte ein Erbe die Erbschaft ausschlagen, verliert er in der Regel auch seinen Pflichtteilsanspruch. Ist ein Erbem jedoch durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentvollstreckers oder eine Teilungsanordnung beschränkt oder ist er mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert, so kann er die Erbschaft ausschlagen und seinen Pflichtteil verlangen. Diese Voraussetzung wäre bei Ihnen erfüllt, weshalb Sie bei Ausschlagung gegen den oder die Erben, also ggf. auch den Brüdern des Erblassers, Anspruch auf Zahlung eines Pflichtteils in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils hätten.
Sollten alle Erben ausschlagen, fällt das Erbe dem Fiskus zu. Dieser muss dann auch sämtliche Nachlassverbindlichkeiten und auch Pflichtteilsansprüche bedienen, wobei letzteres eher selten vorkommen wird.
Bedenken Sie bitte auch, dass Ihnen aufgrund der Verfügungen in dem Testament Pflichtteilsergänzungsansprüche bzw. Ansprüche auf den Zusatzpflichtteil zustehen könnten. Dieses selbst dann, wenn Sie das Erbe annehmen. So gilt: Ist der hinterlassene Erbteil geringer als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, hat der insoweit Bedachte neben seinem Erbteil zusätzlich eine restliche Pflichtteilsforderung gegen den oder die Miterben in Höhe des zum vollen Pflichtteil wertmäßig fehlenden Betrages. Ob dieses bei Ihnen in Betracht kommt, kann derzeit nicht beantwortet werden, sondern bedarf einer umfangreichen Einzelfallprüfung.
Wer nach dem Inhalt des Testamentes als Erbe oder Vermächtnisnehmer in Betracht kommt, ist im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln. Dabei wird nicht allein auf den Wert der Zuwendung abgestellt, sondern auch die sonstigen Einzelumstände. In jedem Fall liegt hierbei kein Fall vor, an welchem ein Testament anzufechten ist. Vielmehr bleibt das Testament trotz seiner Unklarheiten wirksam. Streit über die Erbeinsetzungen sind dann im Erbscheinsverfahren zu klären.
Mit freundlichen Grüßen
Wundke
Rechtsanwalt