Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Unterhaltspflicht:
Ihre Eltern müssen den Besuch des Berufskolleg und das sich eventuell anschließende Studium nicht mehr finanzieren, wenn sie nach Ihrer Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten nicht mehr mit weiteren Ausbildungen rechnen mussten. Das wäre nur dann der Fall, wenn schon bei Beginn Ihrer praktischen Ausbildung erkennbar war, dass Sie eine Weiterbildung einschließlich des späteren Studiums anstreben werden, BGH Urt. v. 17.5.2006 – XII ZR 54/04
. Da diese Voraussetzung Ihren Angaben zufolge nicht vorliegt, besteht keine weitere Unterhaltspflicht. Dieser Umstand sollte Sie aber nicht daran hindern, Ihre beruflichen Ziele weiter zu verfolgen.
Bafög für das Berufskolleg zur Erlangung der Fachhochschulreife:
Dafür bekommen Sie auf jeden Fall elternunabhängiges Bafög nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 BaföG, sog. zweiter Bildungsweg (diesem sollen sozialpolitisch keine finanziellen Hürden entgegenstehen, weshalb er (unbürokratisch) gefördert wird).
Bafög für das sich anschließende Studium:
Nach Abschluss des Kollegs besteht für das sich anschließende Studium keine elternunabhängige Förderung mehr. Ein Anspruch ergibt sich aber dann nach Maßgabe des § 36 BaföG als Vorausleistung, weil zuerst die Unterhaltswilligkeit bzw. -pflicht der Eltern überprüft wird. Die Eltern werden angehört (schriftlich oder persönlich). Da das Amt für Ausbildungsförderung dann feststellen wird, dass kein gesetzlicher Unterhaltsanspruch gegen die Eltern mehr besteht, und sich das Amt die Vorausleistung somit nicht bei den Eltern zurückfordern kann, wird i.d.R. dann Bafög analog § 11 Abs. 2 a BaföG gewährt (also wieder elternunabhängig).
Anträge/Erklärungen
Vor Besuch des Kollegs, ca. 2 Monate zuvor, sollten Sie den Antrag auf elternunabhängiges Bafög stellen (Formblatt). Ausbildungsförderung wird vom Beginn des Monats an geleistet, in dem der Antrag im Amt eingeht, frühestens jedoch vom Beginn des Monats an, in dem die Ausbildung tatsächlich beginnt. Der Antrag kann auch online gestellt werden.
Für das Studium ist ein eigenes Formblatt vorhanden (Antrag auf Vorausleistung nach § 36 BaföG).
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen und alles Gute
Diese Antwort ist vom 01.03.2015 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrte Frau Schmidt-Fröhlich,
vielen Dank für die rasche Antwort.
Der §11 Abs.3 Nr.1 BAföG trifft leider nicht auf das einjährige Berufskolleg, welches ich besuchen möchte zu, weil es, wie in der Frage beschrieben, in Baden-Württemberg als Fachoberschulklasse nach §12 Abs.2 Nr.2 BAföG zählt und somit elternabhängig gefördert wird.
Daher kommt meiner Meinung nach in diesem Falle auch nur der Vorausleistungsantrag in Betracht, sodass ich dann nur diesen Antrag stellen sollte mit den entsprechenden Erklärungen oder ?
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen,
J.
Sehr geehrte J.,
Egal, ob sich die Schule Kolleg oder Fachoberschule nennt, beide sind gleichgestellt:
"Den Auszubildenden an Fachoberschulen sind Auszubildende am einjährigen Berufskolleg in Baden-Württemberg geichgestellt. (Definition aus den Bafög-Verwaltungsvorschriften, § 2 VwV 2.1.6).
Eine unterschiedliche Behandlung wäre auch nicht begründbar, weil beide Schulen die Erlangung der Fachhochschulreife ermöglichen.
Ich hoffe, Ihre Zweifel an der elternunabhängigen Förderung beseitigt zu haben..
Mit freundichen Grüßen
A.Schmidt-Fröhlich