Sehr geehrte Fragestellerin,
ich beantworte Ihre Fragen gerne wie folgt:
Ich habe meine Antworten jeweils unter Ihre Fragen geschrieben:
"Können Sie eine Aussage treffen, ob eine realistische Chance mit o.g. Begründungen besteht, dass auf der Einkommensseite der Ehefrau die tatsächlichen Altersvorsorgekosten (welche über die o. g. 4% des Teilzeitgehaltes Ehefrau liegen) anerkannt werden müssen? Macht es Sinn, dafür weiterhin zu „kämpfen" (ggf. zu prozessieren)?
Gibt es dazu Rechtsprechungen? Was kann als „angemessen" angesehen werden? Ist es zumutbar, dass Ehefrau bereits im Trennungsjahr ihre seit Jahren bestehende Altersvorgen reduzieren muss? Gibt es ggf. weitere Argumente/Begründungen, dass die vollen/tatsächlichen Beiträge abzugsfähig sind?"
Falls die Abzugsfähigkeit über 4% liegen darf:
bis wann kann die volle Höhe angerechnet werden? Bis Ende Trennungsjahr? Bis Ende Zugewinngemeinschaft? Bis Zustellung Scheidungsantrag? Bis zur rechtskräftigen Scheidung?
Oder darf sogar auch nach der rechtskräftigen Scheidung (beim nachehelichen Unterhalt bzw. Kindesunterhalt nach der Scheidung) der volle Beitrag weiterhin abgezogen werden? Welche Unterschiede gibt es zwischen Trennungs- bzw. Geschiedenen-Unterhalt bezogen auf diesen Punkt?
ODER muss/sollte eine Aufteilung der verschiedenen Altersvorgemaßnahmen erfolgen?
So das z.B. die Riester-Rente und/oder die Berufsunfähigkeitsversicherung separat gesehen werden muss und nicht zu der 4% Grenze gezählt werden darf?
(vgl. z. B. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 06.12.11 - 10 UF 253/10
unter Hinweis auf BGH, FamRZ 2005, 1817
; FamRZ 2007, 793
und Nr. 10.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts)."
Ihre Argumente lassen sich hören, finden jedoch in der Rechtsprechung bislang so kein Gehör. Die gefestigte Rechtsprechung auch des BGH geht von den 4 % pauschal aus. Daher wird es schwierig, hier eine anderslautende Entscheidung zu erreichen. Wenn jedoch nie jemand mit neuen Argumenten/Ideen kommt, so gäbe es nie eine Rechtsfortbildung. Allerdings ist das natürlich für den Einzelnen mit Kosten, Zeit-und Nervenaufwand verbunden, ggf. in mehreren Instanzen zu prozessieren. Auch muss überlegt werden, ob es sich tatsächlich in einem erheblichen Betrag am Ende auswirkt, wenn man hierum kämpfen würde. Zur Zeit geht es Ihnen offenbar um eine grundsätzliche Klärung, wie man das bereinigte Nettoeinkommen berechnet. Falls Sie Trennungsunterhalt verlangen wollen, so endet dieser ohnehin mit der Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses (oder unter Umständen sogar früher). Nachehelicher Unterhalt ist schwieriger durchsetzbar, da das Gesetz davon ausgeht, dass Frauen sich heutzutage im Gegensatz zu früher alleine unterhalten können und die ehelichen Lebensverhältnisse nach der Scheidung keine Rolle mehr spielen. Dann hätte es nur noch Bedeutung für den Kindesunterhalt, so dass man sich schon überlegen muss, wie viel in tatsächlicher Hinsicht eine Berücksichtigung bringen würde.
Ein Berufen auf eine Entscheidung des OLG Brandenburg und auch die brandenburgischen Leitlinien zum Unterhalt wird nicht gelingen, da Sie nicht im Bezirk des OLG Brandenburg leben.
"Ist es rechtens und zulässig, dass die Leasingraten weiterhin sein unterhaltsrechtliches Einkommen verringern? Obwohl er Leasingnehmer (vertraglicher Zahlungspflichtiger) ist, die Ehefrau den PKW nicht mehr fahren darf und er aufgrund aktuellem Fahrverbot ansonsten keinen PKW hätte? Muss nicht er als Leasingnehmer alleinig für die Raten (für die restlichen 5 Monate nach Rückgabe) aufkommen, da ja keine Nutzung durch Ehefrau mehr möglich ist? Ferner es unverhältnismäßig ist, dass Ehefrau mit einem geringen Teilzeitgehalt auch noch diese Kosten aufgebürdet werden?
Oder dürfte im Gegenzug die 5% berufsbedingte Pauschale nicht mehr in voller Höhe anerkannt werden? Gibt es dazu Rechtssprechungen?
Mit welchen Begründungen kann Ehefrau die Abzugsfähigkeit der PKW-Leasingraten anfechten?"
Hier halte ich es für maßgebend, dass alleiniger Leasingnehmer der Ehemann ist, eine Rechtsgrundlage für eine Zahlungsverpflichtung der Ehefrau ist nicht ersichtlich. Für die getroffene Absprache zwischen den Eheleuten dürfte angesichts der völlig veränderten Umstände die Geschäftsgrundlage weggefallen sein. Daher kommt man auch gar nicht zu der Frage einer Nicht-Anerkennung der 5 % berufsbedingten Aufwendungen. Hierbei handelt es sich um eine von der Rechtsprechung anerkannte Pauschale, die mindestens berücksichtigt wird, Ausnahmen können sich beim Nachweis höherer Kosten etwa für Fahrten ergeben. Auf diese zielt die Pauschale im Wesentlichen ab, Leasingraten fallen unter die Rubrik der abzugsfähigen Schulden. Eine Vermischung / Gegenzug ist nicht vorgesehen.
Ihre Argumente halte ich alle für stichhaltig. Sie sind sehr einzelfallbezogen und finden sich daher so nicht in der Rechtsprechung.
Ich hoffe, Ihnen weiter geholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen. Nutzen Sie ggf. gerne die kostenlose Nachfragefunktion.
Draudt, Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Brigitte Draudt-Syroth
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Sehr geehrte Fr. Rechtsanwältin Brigitte Draudt,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
Gern möchte ich die kostenlose Nachfragefunktion nutzen und beziehe mich auf Ihre Antworten.
zu 1) abzugsfähige Altersvorsorge über 4%
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, gibt es derzeit keine aktuelle Rechtsprechung zu dem Thema. So lange bis eine „Teilzeit-Frau" (meist betrifft es ja die Mütter) klagt, was aber die meisten nicht machen werden, genau wegen den Argumenten, welche Sie angeführt haben (Kosten, Zeit, Nerven).
Das ist sehr traurig und ungerecht (v.a. bei so krassen Einkommensunterscheiden wie in meinem Fall), da ja das verringerte Teilzeit-Einkommen als Grundlage der Berechnung nicht allein die „Schuld" der Ehefrau ist, sondern der Kindererziehung geschuldet ist.
In meinem Fall macht es ca. 150€/mtl. weniger Unterhalt aus. Bei diesem Betrag auf ca. 10 Monate gesehen lohnt sich wahrscheinlich kein Prozess, oder?
Würden Sie, wenn ich Ihre Mandantin wäre, mit den o.g. Argumenten (v.a. in Bezug auf die ehelichen Lebensverhältnisse, Kindererziehung) zu einer Klage im Rahmen der Scheidung raten oder eher abraten?
Ist es ein Versuch wert, wenigstens die Riester-Rente aus der 4%-Pauschalgrenze „auszugliedern" (separat zustellen)?
Die Eigenverantwortung nach der Scheidung, welche mit der Rechtsreform 2008 (Grundsatzes der nachehelichen Eigenverantwortung gem. § 1569 BGB
) verschärft wurde, ist mir selbstverständlich bekannt. Von daher wäre eine höhere Abzugsfähigkeit über die 4% v.a. für den Trennungsunterhalt (bzw. dem Kindesunterhalt im Trennungsjahr) wichtig.
zu 2) PKW-Leasingraten
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind hier meine Chancen höher (als bei 1), dass bei seiner Seite die Leasingraten nach Rückgabe des PKW´s nicht (mehr) abzugsfähig sind?
Allerdings verstehe ich dann Ihre Aussage „Daher kommt man auch gar nicht zu der Frage einer Nicht-Anerkennung der 5 % berufsbedingten Aufwendungen." bzw. „Leasingraten fallen unter die Rubrik der abzugsfähigen Schulden" nicht.
Meine RA sagte mir, die Gegenseite könnte nur eins von beiden abziehen – also entweder 5% pauschal ODER die Leasingrate! Ein Nachweis von höheren Kosten über die 5% ist ausgeschlossen.
Kann ich zusammenfassend Ihre Antwort so verstehen, dass die Gegenseite trotzdem weiterhin die Leasingraten als „eheliche Schulden" - und somit als abzugsfähige Kosten für die Berechnung des bereinigten (bedarfsprägenden) Einkommens - rechtens anwenden/abziehen kann? Somit würde ich ja weiterhin indirekt die Hälfte der Leasingkosten weiterhin tragen, da sich dadurch sein Einkommen verringert.
Könnten Sie mir das bitte noch mal näher erläutern? Ist es nicht möglich die Leasingraten komplett aus der Unterhaltsberechnung rauszulassen? Wenn ja, mit welchen Argumenten?
Vielen Dank für Ihre Hilfe und Ihre Bemühungen.
Sehr geehrte Fragestellerin,
ich beantworte Ihre Nachfragen gerne wie folgt:
Möglicherweise ist es ein kleiner Trost, wenn Sie sich klarmachen, dass Ihnen die Kindererziehungszeiten bei der Rentenversicherung gutgeschrieben werden. In rechtlicher Hinsicht hatte ich Ihnen die Risiken einer Klage aufgezeigt, die tatsächliche Entscheidung müssen Sie selbstverständlich selbst treffen. Im Rahmen einer online Einschätzung kann ich hierzu keine weiteren Aussagen treffen.
Die 5 % berufsbedingten Aufwendungen können immer abgezogen werden. Ich wollte nur klarmachen, dass das Thema Leasingraten nicht hier zu berücksichtigen sind, sondern im Rahmen von Schulden. Im Rahmen dieses Themenkreises muss dann die Entscheidung getroffen werden, ob es nun berücksichtigungsfähige Schulden sind oder nicht. So sind meine Ausführungen zu verstehen. Wenn sie als berücksichtigungsfähige Schulden gelten, so wäre das zu Ihren Lasten, das stimmt. Um die Frage des "Komplett-Rauslassens" kann man sich nun gerade streiten.
Ich hoffe, Ihnen auch durch die Beantwortung der Nachfrage weiter geholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen.
Draudt
Rechtsanwältin