Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Wie Sie schreiben, haben die Eltern Ihres Enkels das gemeinsame Sorgerecht. Da das Enkelkind bei Ihnen lebt, gehe ich davon aus, daß Ihnen ein Teil der Personensorge als Pflegeperson übertragen worden ist. Eine Übertragung der teilweisen Personensorge auf eine Pflegeperson kann durch das Familiengericht erfolgen; vgl. § 1630 Abs. 3 BGB
. Insoweit sind die Eltern dann von der elterlichen Sorge enthoben. Das folgt aus § 1630 Abs. 1 BGB
.
2.
Die Eltern haben die Möglichkeit, Dritten schriftlich oder formlos in stets widerruflicher Weise die tatsächliche Sorge zu übertragen.
Wie der Aufenthalt des Kindes bei Ihnen geregelt worden ist, ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen.
3.
Solange Sie als Pflegeperson die teilweise Sorge ausüben, wird das Enkelkind bei Ihnen leben.
Es wird sich hinsichtlich des weiteren Schicksals des Kindes die Frage stellen, ob das Kind zu einem späteren Zeitpunkt zur Mutter oder zum Vater zieht. Diesbezüglich müssen sich die Eltern verständigen, da Sie das gemeinsame Sorgerecht haben.
4.
Eine für Sie nicht unbedeutende Frage wird die Klärung des Kindesunterhalts sein. Unterhaltspflichtig sind die Eltern. Da Sie das Enkelkind betreuen, sind die Eltern des Kindes barunterhaltspflichtig. Gegen den zahlungsfähigen Elternteil können folglich Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden. Außerdem sollte dafür gesorgt werden, daß Sie das Kindergeld erhalten.
5.
Vom Grundsatz her gesehen läßt sich Ihre Rechtsposition dahingehend charakterisieren, daß Sie solange die Pflege des Kindes übernehmen können, bis die Eltern ihr Kind wieder zu sich nehmen wollen.
Ihre Formulierung, die Eltern hätten das Sorgerecht und Sie die Sorgen, ist folglich schon recht treffend.
Wenn Sie das Enkelkind bei sich haben und versorgen wollen, ist dagegen absolut nichts einzuwenden. Streitigkeiten kann es geben, sobald die Eltern eine andere Entscheidung treffen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 06.01.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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vielen Dank für Ihre schnelle Antwort! Eine Frage noch: wir machen uns Sorgen, dass das Kind instrumentalisiert wird. Ab welchem Alter kann sich das Kind selbst entscheiden, wo es leben möchte? Kann es rückwirkend den Unterhalt einfordern?
Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Ihre Befürchtungen, daß die Eltern das Kind als Druckmittel einsetzen, um eigene (vermeintliche) Ansprüche durchzusetzen, sind durchaus berechtigt. Bei der Trennung der Eltern wird das Kind häufig zum Spielball der widerstreitenden Interessen. Das ist bedauerlich, aber fast nur zu verhindern, wenn die Eltern die Fähigkeit besitzen, über den Tellerrand der eigenen Interessen hinauszuschauen.
2.
Ab welchem Alter kann sich das Kind selbst entscheiden, wo es leben möchte?
Hier hilft ein Blick ins Gesetz: § 1671 Abs. 2 Satz 1 BGB
. Danach gilt, daß dem Antrag stattzugeben ist, soweit
- der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, daß das Kind das 14. Lebensjahr vollendet hat und der Übertragung widerspricht, oder
- zu erwarten ist, daß die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
3.
Unterhalt kann nicht rückwirkend verlangt werden, sondern nur für die Zukunft.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt