Sehr geehrter Ratsuchender,
ich bedanke mich für Ihre Anfrage, die ich wie folgt nach Ihren Angaben beantworten möchte.
In Ihrem Fall ist es erst einmal vonnöten, den Unterschied von Sonder- und Gemeinschaftseigentum sowie Sondernutzungsrecht zu erläutern.
Sondereigentum ist in Ihrem Fall insbesondere an Ihrer Wohnung spätestens nach Durchschreiten der Wohnungstüre begründet und bezieht sich hinsichtlich Wänden und Böden etc. insbesondere auf das was innerhalb der Wohnung wahrgenommen werden kann.
Hinsichtlich etwaiger Fenster und Balkone wird ein Blick in die Teilungserklärung Aufschluss geben, ob diese Sonder- oder Gemeinschaftseigentum sind.
Jedenfalls ist Gemeinschaftseigentum alles, was nicht dem jeweiligen Sondereigentum der Mitglieder der Wohnungseingentumsgemeinschaft zugeführt wurde.
Sondernutzungsrecht ist wie die Vokabel schon zum Ausdruck bringt kein gesondertes Eigentum neben dem Sonder- und Gemeinschaftseigentum, sondern wird etwaig einem Wohnungseigentümer am Gemeinschaftseigentum durch die Gemeinschaft zugewiesen.
Dies ist in Ihrem Fall im Wege einer Nutzungsregelung als Vereinbarung dahingehend getroffen worden, dass der jeweilige Eigentümer der Gaststätte bis 31.12.2001 an der als Sondernutzungsrecht ausgewiesenen Freifläche ein solches unentgeltlich erhalten soll.
Danach soll für dieses Sondernutzungsrecht eine ortsübliche Miete durch den jeweiligen Sondernutzungsberechtigten an die Gemeinschaft gezahlt werden.
Dies hat zur Folge, dass die Gemeinschaft Begünstigte dieser „Miete“ sein soll, nicht jedoch Sie als einzelner Wohnungseigentümer diese unabänderlich sollen beanspruchen können.
Somit ist es der Wohnungseigentumsgemeinschaft grundsätzlich auch möglich, bei Wahrung der Form etc. eine Änderung der Regelung über den 31.12.2001 hinaus herbeizuführen.
Dies hat sie in der von Ihnen angesprochenen Wohnungseigentümerversammlung in 2000 auch getan, wovon nach Ihrem Vortrag auszugehen ist, dass der Beschluss zu TOP 7 zum einen aufgrund einer formgerechten Einladung wie auch einstimmig getroffen wurde. Ein derartiger Beschluss kann dazu führen, dass auch etwas in einer Vereinbarung bisher „Beschlossenes“ durch einen einstimmigen Beschluss geändert werden kann. Somit hätte dieser einstimmige Beschluss dieselbe Wertigkeit wie eine Vereinbarung, was einem Mehrheitsbeschluss nicht zukäme.
Somit wäre formal die Fortsetzung der Unentgeltlichkeit der Nutzung des jeweiligen Eigentümers der Gaststätte hinsichtlich des Sondernutzungsrechtes in der Welt.
Sollte dieser einstimmige Wohnungseigentümerbeschluss jedoch gegen ein Gesetz oder die Teilungserklärung verstoßen, könnte ein so genannter Zitterbeschluss vorliegen, da dieser auch wenn eine Anfechtung dessen nicht mehr möglich ist, sodann nichtig wäre, somit die vormals beschlossene Vereinbarung wieder aufleben würde.
Sollten Sie dies erreichen, wäre sodann vom Gaststätteninhaber zugunsten der Gemeinschaft eine ortsübliche „Miete“ zu entrichten.
Hinsichtlich der Anfechtbarkeit des Wohnungseigentümerbeschlusses wäre noch anzumerken, dass diese hätte innert eines Monats nach dem Tage der Versammlung hätte beim zuständigen Amtsgericht beantragt werden müssen, so dass eine solche heute nicht mehr möglich wäre.
Sollte der Beschluss jedoch tatsächlich nichtig sein, schlüge diese bis zum heutigen Tage durch.
Um noch auf den letzten Absatz Ihres Vortrages zu sprechen zu kommen, ist es an Ihnen sich, auch wenn dies etwas anstrengend sein dürfte, sich vor dem Kauf durch die Protokolle der Wohnungseigentümerversammlungen zu „quälen“, um nicht etwaig die „Katze im Sack“ zu kaufen.
Durch die Verlängerung der Unentgeltlichkeit des Sondernutzungsrechtes über den 31.12.2001 hinaus ändert sich am Gemeinschaftseigentum nichts.
Im Übrigen wird auf den obigen Vortrag verwiesen.
Die ortsübliche Miete wäre nur dann von der Stadt vorgegeben, wenn diese über eine so genannten qualifizierten Mietspiegel verfügen.
Die Mieteinnahmen wären dann nicht auf Ihr Gemeinschaftseigentum, sondern auf das der gesamten Gemeinschaft, und diese hat sich in der Eigentümerversammlung im Jahre 2000 umentschieden.
Sollte diese „Umentscheidung“ wirksam sein, werden Sie sich insbesondere auch als später hinzugekommenes Mitglied der Eigentümergemeinschaft mit dieser abfinden müssen.
Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Zahn
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 23.11.2006 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Zahn,
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Sie schreiben, dass ein einstimmig getroffener Beschluss bei Wahrung der Form in einer Eigentümerversammlung dieselbe Wertigkeit habe wie eine Vereinbarung.
Bei meiner Recherche zu diesem Thema bin ich auf folgende Aussage getroffen:
"Existiert keine rechtswirksam in der konkreten Gemeinschaftsordnung vereinbarte sogenannte Öffnungsklausel mit entsprechender Beschlusskompetenz-Regelung, müssen jegliche Beschlüsse und zwar unabhängig davon, ob sie seinerzeit mit einfacher, qualifizierter Mehrheit bzw. einstimmig oder gar allstimmig gefasst wurden, grundsätzlich als von Anfang an nichtig angesehen werden, wenn sie inhaltlich insoweit das (abdingbare) Gesetz oder bisher getroffene Vereinbarungen "auf Dauer" ändern sollten bzw. dadurch tatsächlich auch Änderungen bewirkt und praktiziert wurden. Durch solche Beschlüsse abgeschlossene Sachverhalte sind allerdings als erledigt und aus heutiger Sicht unangreifbar anzusehen „
Darüber hinaus schreiben Sie, dass es sich um einen Zitherbeschluss handelt könnte wenn dieser Beschluss gegen ein Gesetz oder die Teilungserklärung verstoßen sollte.
In einem BGH Beschluss vom 20.09.2000 (V ZB 58/ 99
; Kammergericht; LG Berlin; AG Schöneberg) war folgendes zu lesen:
„Die hier erfolgte Zuweisung der ausschließlichen Nutzung des im Gemeinschaftseigentum stehenden Vorgartens an die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin ist als Begründung eines Sondernutzungsrechts einer Beschlußfassung von vorneherein entzogen (Ott, ZWE 2000, 333, 336; Wenzel, ZWE 2000, 2, 5 f.; a. A. Buck, NZM 2000, 645, 649). Sie unterfällt nicht der Bestimmung des § 15 WEG
, weil sie nicht eine Konkretisierung des Gebrauchs, sondern neben der Zuweisung an den begünstigten Wohnungseigentümer für die übrigen Wohnungseigentümer den vollständigen Ausschluß vom Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums samt der damit verbundenen Gebrauchsvorteile zum Gegenstand hat. Ein solcher Gebrauchsentzug ist aber keine Regelung des Gebrauchs nach § 15 WEG
, weil diese den Mitgebrauch voraussetzt. Er ändert vielmehr § 13 Abs. 2 WEG
ab und hat deswegen nicht (auch) vereinbarungsersetzenden Charakter (a. A. Häublein, ZMR 2000, 423, 429), sondern gesetzesändernden Inhalt. Eine solche Regelung ist dem Mehrheitsprinzip von vorneherein ebensowenig zugänglich wie die Änderung einer Vereinbarung.“
Auf meinen Fall bezogen sehe ich ebenfalls durch die ausschließliche unentgeltliche Zuweisung des Gemeinschaftseigentums an einen Eigentümer den Entzug ohne Einräumung der Gebrauchsvorteile (In meinem Fall die in der Vereinbarung angesprochene Miete).
„Ein Beschluß über die Vermietbarkeit ist Gebrauchsregelung im Sinne des § 15 WEG
. Der BGH begründet dies in seinem Beschluß vom 29.06.2000 - V ZB 46/99
- DNotZ 2000, 851
- damit, daß der Beschluß, Gemeinschaftseigentum durch Vermietung zu nutzen die Miteigentümer nicht vom Mitgebrauch ausschließt, sondern weiterhin den Mitgebrauch voraussetzt und nur die Art und Weise der Ausübung des Mitgebrauchs regelt, in dem er die Möglichkeit des unmittelbaren Eigengebrauchs durch die des mittelbaren Fremdgebrauchs ersetzt und an die Stelle des unmittelbaren Gebrauchs den Anteil an den Mieteinnahmen treten läßt (§§ 13 Abs. 2 Satz 2
, 16 Abs. 1 WEG
). Ein Beschluß der Eigentümergemeinschaft, Gemeinschaftseigentum zu vermieten ist daher wirksam.“
Können Sie mir sagen ob es sich in diesem speziellen Fall um einen Zitherbeschluss handelt und nichtig wäre, so dass die damalig beschlossene Vereinbarung wieder aufleben würde?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Ratsuchender,
ob es sich um einen Zitterbeschluss handelt, vermag ich leider noch immer nicht zu entscheiden, da auch nach einem neuerlichen Vortrag nicht zum Ausdruck kommt, ob dieser gegen ein Gesetz oder die Gemeinschaftsordnung verstößt.
Ich bitte Sie daher, sich direkt noch einmal an meine Person zu wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Zahn
Rechtsanwalt