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Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen aufgrund des geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:
Ihre Frage betrifft das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil des Sorgerechts. Ich gehe davon aus, dass beiden Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den 8-jährigen Sohn zusteht.
In diesem Falle ist ein Umzug ohne Zustimmung der Kindesmutter nicht möglich, da hierdurch auch das Umgangsrecht der Mutter erschwert wird. Im Streitfalle muss hierüber ein Gericht entscheiden. Zu berücksichtigen ist dann auch, dass die Mutter sich einmal wöchentlich an dem neuen Wohnort des Kindes aufhält und der Umgang somit leichter ermöglicht werden kann als in anderen vergleichbaren Fällen.
Sollte die Mutter dem Umzug des Kindes nicht zustimmen, müsste Ihr Lebensgefährte eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen, die ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Sohn überträgt. Dann kann auch der Wohnort des Kindes frei bestimmt werden. Ob Ihrem Lebensgefährten das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen wird, hängt davon ab, ob dies dem Kindeswohl entspricht. Hierbei werden die mit dem Umzug verbundenen Nachteile wie ein Schulwechsel etc. berücksichtigt und auch, wie das Umgangsrecht mit der Mutter wahrgenommen werden kann. Hierzu wird üblicherweise auch das Jugendamt gehört. In Ihrem Falle ist natürlich von Vorteil, dass die Mutter regelmäßig vor Ort ist und auch gesundheitliche Aspekte eine Rolle spielen.
Bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung wird das Kind sicherlich angehört werden. Dessen Wille ist umso beachtlicher, je älter das Kind ist.
Eine Eheschließung kann durchaus Einfluss auf die richterliche Entscheidung haben, es sind aber sicherlich noch weitere Umstände zu berücksichtigen, die einzelfallabhängig sind. Schwerwiegender und beachtlicher sind berufliche Gründe, die einen Umzug erforderlich machen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen zunächst weiterhelfen konnte und bin gern bereit, Sie in einem gerichtlichen Verfahren zu vertreten.
Mit freundlichen Grüßen,
Marion Deinzer
Rechtsanwältin
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Rückfrage vom Fragesteller
09.08.2010 | 15:19
Vielen Dank für Ihre erste Antwort, allerdings waren mir manche Inhalte im Prinzip schon bewußt, da mein Lebenspartner und ich natürlich viel über diese Thema und die Möglichkeiten geredet haben.
Daher empfinde ich Ihre freundliche Antwort trotzdem leider als etwas vage und unklar.
Mein Lebenspartner ist pessimistisch und glaubt, daß das Gericht bei einer Entscheidung zu seinen Ungunsten entscheiden würde. Welche Faktoren könnten denn, betreffend das Wohl des Kindes, die Möglichkeit eines Umzuges definitiv begünstigen?
Charakterlich ist das Kind sowohl sehr sensibel als auch temperamentvoll und vielseitig interessiert, es schließt schnell neue Kontakte.
Was ich zuvor nicht erwähnt hatte ist die schulische Situation des Kindes, es hat Probleme beim Lesen und Schreiben sowie Konzentrations- und Geduldsprobleme und soll daher auch Anfang des nächstenSchuljahres einen Test machen, ob ein diesbezüglicher Krankheitsfall vorliegt bzw. welche fördernden Maßnahmen getroffen werden könnten. Ich mache dafür zum Teil seine Lehrerin verantwortlich, wie sie seit der Einschulung pädagogisch mit dem Kind umgegangen ist und erreichte, daß es bereits zwei Wochen nach Einschulung keine Freude mehr an der Schule hatte und eine definitive Angst vor seiner Lehrerin (bis heute, da hat sich ein regelrechter Hass entwickelt) entwickelte, woraus unregelmäßig bereits psychosomatische Probleme (Übelkeit und Bauchschmerzen morgens vor der Schule) entstanden sind.
Das Kind hat seinem Vater gegenüber selbständig ausdrücklich den Wunsch geäußert, wegzuziehen, obwohl es ihm klar war, daß es dadurch den Kontakt mit seinen drei besten Freunden hier verlieren würde - nach meinem Verständnis sowohl aufgrund der oft schwierigen emotionalen Situation bei der Mutter als auch aufgrund seines Unglücklichseins mit der Schulsituation. Ebenso bezeichnet es deutlich meinen Lebenspartner und mich als "seine Familie".
Beruflich arbeitet mein Mann im Gesundheitsbereich im Schichtdienst und ich sowohl im Home-Office von zu Hause aus als auch zusätzlich einige Tage der Woche halbtags. Im Falle eines Umzugs in den Norden ist mein Mann sicher, einen neuen Arbeitsplatz zu finden und ich hätte durch einen Ortswechsel mit meinem Home-Office keinen wesentlichen Unterschied.
Mit dem zuständigen Sozialarbeiter vom Jugendamt hat mein Mann bereits vor einigen Wochen gesprochen und hatte offensichtlich dessen Unterstützung: es hieß, daß, da das Kind bereits seit drei Jahren beim Vater wohnt, der Vater mit dem Kind umziehen könne, ohne daß die Kindesmutter dagegen einschreiten könne. Richtig oder nicht?
Da wir finanziell keine großen Schritte machen können, schreckt mein Mann jedoch vor einem Gerichtsverfahren mit ungewissen Ausgang zurück, da ihn die möglichen entstehenden Kosten Sorgen machen.
Er würde es nur dann wagen, ein Gerichtsverfahren zur Übertragung eines alleinigen ABR anzustreben, wenn der Ausgang positiv zu vermuten wäre.
Diese Informationen haben wohl noch bei meiner ersten Anfrage gefehlt und tragen hoffentlich noch dazu bei, daß Sie Ihre Antwort vielleicht doch genauer konkretisieren können.
Ganz herzlichen Dank im voraus.
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt
09.08.2010 | 16:04
Vielen Dank für Ihre Nachfrage und die weiteren Informationen.
Bedauerlicherweise kann man nie vorher sagen, wie ein Gericht entscheiden wird. Meine Erfahrung mit den Gerichten hier im für Sie zuständigen OLG-Bezirk Nürnberg zeigt, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht eher demjenigen Elternteil zugesprochen wird, bei dem das Kind lebt. Die Gründe sind natürlich vielfältig und vom Einzelfall abhängig, entscheidend ist aber immer das Kindeswohl. Ich konnte bisher eher selten feststellen, dass die Gerichte dieses vernachlässigen. Es wird geprüft, bei wem das Kind am besten aufgehoben und in seiner Entwicklung ungestört ist. Kriterien hierfür sind, wer die Bezugsperson des Kindes ist, zu wem die engere Bindung besteht, wer sich hauptsächlich um das Kind kümmert, wie sich das Kind in die neue Umgebung einleben kann etc.
Nach Ihren Schilderungen wäre es für den Sohn Ihres Lebensgefährten durchaus positiv, wenn ein Schulwechsel stattfinden würde. Hinzukommen die zu erwartenden Verbesserungen der gesundheitlichen Probleme und dass das Kind keine Schwierigkeiten hat, neue Kontakte zu schließen. Dies alles ist natürlich zu berücksichtigen. Zudem wird das Gericht die Äußerungen des Sohnes und dessen Willen, beim Vater leben zu wollen, sicherlich nicht ignorieren. Allerdings muss das Gericht auch abwägen, ob und in welcher Art die Umgangskontakte zur Mutter durch einen Wohnortwechsel erschwert werden. Da die Mutter mehrmals pro Monat vor Ort ist, sehe ich durchaus gute Chancen, dass ein Familiengericht zu Gunsten Ihres Lebensgefährten entscheidet. Eine konkrete Einschätzung wird man allerdings erst abgeben können, wenn bekannt ist, wie die Stellungnahme des zuständigen Jugendamts ausfällt, die das Gericht höchstwahrscheinlich einholen wird.
Die Aussage des Jugendamts, dass die Mutter nicht um Zustimmung gefragt werden muss, weil das Kind bereits seit 3 Jahren beim Vater lebt, ist so nicht richtig, da es darauf ankommt, wer das Aufenthaltsbestimmungsrecht hat.
Ich verstehe, dass Sie eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden wollen. Dies wird aber wohl nur gelingen, wenn die Mutter dem Umzug zustimmt. Bitte bedenken Sie, dass auch die Kindesmutter einen entsprechenden Antrag bei Gericht stellen kann. Sie sollten daher gut überlegen, ob Sie diesem Antrag nicht zuvor kommen wollen.
Mit freundlichen Grüßen,
Marion Deinzer
Rechtsanwältin