Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
I. Pflichtwidriges Handeln des Arbeitgebers
Mit Übergabe der betriebsbedingten Kündigungserklärung an die Mitarbeiter der Außenstelle verlangte der Arbeitgeber gleichzeitig betrieblich wie privat genutzte Laptops und Handys heraus. Es handelt sich bei der erlaubten Privatnutzung betrieblicher Gerätschaften um Sachbezüge, also um Einkommensbestandteile, die der Arbeitgeber grds. erst mit Ablauf der Kündigungsfrist herausverlangen darf. Der Arbeitgeber handelte damit pflichtwidrig.
II. Pflichtwidriges Handeln des Mitarbeiters
Durch die vertragswidrige Inbesitznahme entdeckte der Arbeitgeber auf dem Laptop gespeicherte Rechnungen, in denen der besagte Mitarbeiter eigene Leistungen an Kunden des Arbeitgebers vom Arbeitsplatz aus berechnete. Damit hat der Mitarbeiter gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot analog § 60 HGB
verstoßen. Da Arbeitnehmer Ihrem Arbeitgeber zur Loyalität verpflichtet sind, haben Sie Wettbewerbshandlungen im selben Geschäftszweig zu unterlassen. Dieser Verstoß ist an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Die außerordentliche Kündigung kann dabei auch während der Laufzeit der ordentlichen Kündigungsfrist erklärt werden, wenn dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, bis zum Vertragsende das Arbeitsverhältnis weiter aufrechtzuerhalten.
III. Verwertungsverbot / Datenschutz
Vorliegend stellt sich aber die Frage, ob die privaten Informationen auf dem Laptop für die geplante Kündigung verwertet werden dürfen. Im Zivilrecht gibt es kein Verwendungs- bzw. Verwertungsverbot für rechtswidrig erlangte Informationen oder Beweismittel, wie erst jüngst das LAG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 14.1.2016, Az.: 5 Sa 657/15
) feststellte. Damit kann der Arbeitgeber die Informationen zur Begründung der Kündigung dem Grunde nach als Nachweis nutzen.
Da die Daten / Informationen nicht durch Überwachungsmechanismen wie etwa Keylogger oder dergleichen erlangt wurden, sondern eher zufällig aus Anlass der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, ist der Arbeitnehmer auch nicht in seinen Allgemeinen Persönlichkeitsrechten (hier: Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1
i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG
) verletzt worden, § 32 I BDSG
.
Hier hat der Arbeitgeber aber pflichtwidrig vorzeitig, die Mitarbeiter regelrecht genötigt, die Laptops herauszugeben, ohne ausreichende Zeit für die Löschung der Privatdaten zu gewähren.
Hier sollte der betroffene Mitarbeiter bei seiner Stellungnahme ansetzen. Er sollte argumentieren, dass die Informationen auf rechtswidrigem Wege erlangt wurden und darlegen, dass er im Falle einer außerordentlichen Kündigung Kündigungsschutzklage erhebt. In diesem Verfahren werde klar, dass dem Arbeitgeber das Abwarten des Ablaufs der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar sei, da er freigestellt sei und überdies noch etwaig bestehende Urlaubsansprüche während der Freistellung verrechnet werden. Eine Gesamtwürdigung der Interessen des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestand bis zum 31.10.2017 dürfte dann zu Gunsten des Arbeitnehmers ausfallen. Der Mitarbeiter sollte darauf achten, dass der Arbeitgeber in der Arbeitsbescheinigung, § 312 SGB III
, an die Bundesagentur für Arbeit nicht ankreuzt, dass eine Kündigung wegen verhaltensbedingter Gründe erfolgte. Denn dieser Aspekt führt zu Sperrzeiten.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Beate Künzel
Rechtsanwältin