Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Folgendes möchte ich vorausschicken:
Ihre Fragen sind sehr detailliert. Um belastbare Antworten geben zu können, müsste ich mich anhand der Unterlagen, der bisher mit der Behörde erfolgten Kommunikation, usw. in die konkrete baurechtliche Situation einarbeite. Das ist in dem hier vorgegebenen Rahmen nicht möglich.
Meine nachfolgenden Ausführungen können daher nur als erste Information und lose Richtschnur verstanden werden.
Allgemeines zu 1:
Grundsätzlich hätten Sie erst nach Erteilung der Baugenehmigung mit den Arbeiten beginnen dürfen.
Der Bauvorbescheid berechtigt nicht dazu, mit den Arbeiten zu beginnen. Das folgt aus § 72 Abs. 1 Satz 1 NBauO (Durchführung baugenehmigungsbedürftiger Baumaßnahmen):
„Vor Erteilung der Baugenehmigung darf mit der Baumaßnahme nicht begonnen werden."
Allgemeines zu 2:
- Bußgeld:
Im Falle der Zuwiderhandlung kann nach § 80 Abs. 1 Satz 10 NBauO ein Bußgeld verhängt werden. Ob und wenn ja in welcher Höhe ein Bußgeld verhängt wird steht im Ermessen der Behörde. Das Bußgeld kann gemäß § 80 Abs. 5 NBauO höchstens 500.000 Euro betragen.
- Baustopp/Rückbau:
Da (noch) keine Baugenehmigung vorliegt ist die Durchführung der Bauarbeiten formell illegal. Die Baubehörde kann daher gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NBauO die Einstellung der Arbeiten anordnen bzw. nach Nr. 4 einen „Rückbau" anordnen.
Ihr konkreter Fall (zu 1 & 2):
Die oben genannten allgemeinen Bestimmungen vorausgeschickt, gehe ich davon aus, dass Sie sich in Ihrem konkreten Fall keine allzu großen Sorgen machen müssen.
Das beruht auf folgenden Überlegungen:
Man unterscheidet die formelle und die materielle Illegalität.
Formelle Illegalität bedeutet (nur), dass keine Baugenehmigung vorliegt.
Materielle Illegalität bedeutet, dass die Baumaßnahme (tatsächlich) gegen baurechtliche Bestimmungen verstößt.
So wie Sie den Sachverhalt schildern, dürfte in Ihrem Fall (nur) formelle Illegalität vorliegen.
Die Umnutzung als solche dürfte erlaubt sein, sonst wäre kein positiver Bauvorbescheid erteilt worden. Die Bauarbeiten als solche sind - Ihrer Schilderung nach - genehmigungsfrei.
Die Baumaßnahme wäre daher insgesamt (materiell) legal. Wenn das der Fall ist, muss die Baugenehmigung erteilt werden. Dass die Baumaßnahme (noch) formell illegal ist, läge nur daran, dass die Baugenehmigung (noch) nicht erteilt wurde.
In einem solchen Fall würde die Baubehörde grundsätzlich weder den Abriss noch einen Rückbau anordnen dürfen.
Auch die Anordnung eines Baustopps oder die Verhängung eines Bußgeldes halte ich für eher unwahrscheinlich.
Sollte ein Bußgeld verhängt werden, könnten Sie sich möglicherweise auf einen sogenannten Tatbestandsirrtum berufen, da Sie davon ausgegangen waren, dass die Arbeiten genehmigungsfrei sind.
Zu 3:
Was im Falle eines Baustopps (noch) zulässig wäre, kann ich nicht beurteilen, solange eine entsprechende Verfügung nicht vorliegt.
Zu 4 & 5:
Grundsätzlich gilt, dass die Baubehörde das Genehmigungsverfahren „zweckmäßig und zügig" durchzuführen hat.
Anders als manche anderen Landesbauordnungen sieht die NBauO jedoch keine gesetzlich festgelegte Frist im Sinne einer Höchstbearbeitungsdauer vor.
Es gibt jedoch Verwaltungsanweisungen, die besagen, dass das Verfahren grundsätzlich nicht länger als 8 Wochen dauern soll. Müssen noch Unterlagen nachgereicht werden etc. verlängert sich das Verfahren natürlich entsprechend.
Sollte die Behörde das Genehmigungsverfahren pflichtwidrig in die Länge ziehen, kann dies prinzipiell Ansprüche aus Amtshaftung auslösen. Da in Ihrem Fall aber (erst) ca. 8 Wochen vergangen sind und zudem noch Unterlagen nachgereicht werden mussten, ist diese Grenze noch nicht überschritten.
Zu 6:
Im Worst-Case-Szenario ist zunächst einmal alles „denkbar". Schließlich kann es immer auch sein, dass die Behörde falsch oder gar rechtswidrig handelt. Wie schon oben ausgeführt, glaube ich jedoch nicht, dass Sie mit drastischen Konsequenzen zu rechnen haben – vorausgesetzt natürlich, dass die Baumaßnahme (materiell) tatsächlich baurechtskonform ist.
Zu 7:
Einen ganz konkreten Rat zu erteilen fällt mir hier nicht leicht, da ich nicht genau weiß, inwieweit die Baubehörde bisher involviert ist. Für eine konkrete Beratung müsste ich den Sachverhalt wesentlich genauer kennen und insbesondere sämtliche Unterlagen, Kommunikation mit der Behörde, usw. vorliegen haben (siehe schon oben).
„Aus der Hüfte geschossen" würde ich Ihnen raten, zunächst einen schriftlichen Antrag mit der Bitte um Beschleunigung des Verfahrens zu stellen (schildern Sie dabei auch Ihre wirtschaftliche Lage und gehen Sie darauf ein, dass Sie die Genehmigung dringend brauchen um Ihren Betrieb aufzunehmen).
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Henry Naeve, Rechtsanwalt