Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Ihre Entscheidung, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, ist richtig. Ihre Gesundheit ist wichtiger. Sicherlich verstößt Ihr Chef gegen den Arbeitsvertrag und das Arbeitszeitgesetz (AZG), aber wenn Sie hiergegen gerichtlich vorgehen, ist damit zu rechnen, dass Ihnen Ihr Chef unter einem Vorwand kündigen oder Sie wegmobben wird. Am Ende verlieren Sie Ihren Arbeitsplatz dann so oder so.
Sie sollten sich ärztlich untersuchen und sich Ihren gesundheitlichen Zustand bescheinigen lassen, damit Sie im Falle der Arbeitslosmeldung nachweisen können, aus wichtigem Grund gekündigt zu haben. Ansonsten müssen Sie mit der Verhängung einer dreimonatigen Sperrfrist durch die Agentur für Arbeit wegen des Arbeitslosengeldes rechnen (§ 144 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 SGB - III).
Lassen Sie sich bei dieser Gelegenheit auch ärztlich untersuchen, ob Sie auf Grund Ihrer psychischen Situation überhaupt noch arbeitsfähig sind. Auf keinen Fall dürfen Sie aber im Vorhinein gegenüber Ihrem Chef oder Kollegen eine Krankheit oder Krankmeldung ankündigen, denn dies könnte - insbesondere nach vorausgegangener Abmahnung - Ihren Chef sogar zur fristlosen Kündigung berechtigen.
Um eine Sperrzeit zu vermeiden, sollten Sie die gesetzwidrigen Anweisungen zum Nachteil von Arbeitnehmern gegenüber der Agentur für Arbeit als zusätzlichen Kündigungsgrund angeben. Auch dies ist ein wichtiger Grund für eine Kündigung. (Dies sollten Sie aber nicht in die Kündigung schreiben, da Sie die mündlichen Anweisungen nicht beweisen können, und Ihr Arbeitgeber dies zum Anlass für eine fristlose Gegenkündigung wegen angeblicher strafbarer "Verleumdung" nehmen könnte.)
Zur Kündigungsfrist:
Sechs Wochen sind 42 Kalendertage. Damit Sie rechtzeitig zum 31.03.2013 kündigen können, muss die Kündigung rechnerisch bis zum 17.02.2013 Ihrem Arbeitgeber zugehen. Es bleiben dann noch 42 Tage (11 Tage im Februar und 31 Tage im März). Da der 17.02.13 auf einen Sonntag fällt, gilt § 193 BGB
:
"Ist an einem betimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben (...) und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, (...), so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag."
Dies ist vorliegend Montag, der 18.02.2013. Da aber Ihr Chef möglicherweise die Bestimmung nicht kennt, und die Rechtzeitigkeit Ihrer Kündigung in Frage stellen könnte, sollten Sie, um Ärger aus dem Weg zu gehen, die Kündigung Ihrem Chef schon bis Freitag, 15.02.2013, zugehen lassen.
zu Frage 1)
Ich empfehle Ihnen, falls Sie nicht ohnehin arbeitsunfähig sind (s.o.), zusammen mit der Kündigung die Gewährung des Ihnen zustehenden Resturlaubes sowie die Freizeitabgeltung der angelaufenen Überstunden schriftlich zu beantragen. Eine Verweigerung durch den Arbeitgeber ist nur zulässig, wenn dringende betriebliche Gründe dies erfordern. Außerdem gilt der betriebliche Gleichbehandlunsggrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG
), d.h. Sie dürfen bei der Urlaubsgewährung gegenüber anderen Kollegen nicht benachteiligt werden. Sollte Ihnen Ihr Arbeitgeber die Gewährung von Urlaub oder Freizeit-Abgeltung von Überstunden verweigern, können Sie hiergegen - ggfs. mit anwaltlicher Hilfe - einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht stellen. (Dies spricht dafür, mit der Antragstellung und Überreichen der Kündigung die Kündigungsfrist nicht voll auszuschöpfen, damit ggfs. noch Zeit bleibt, um eine Entscheidung des Arbeitsgerichts im einstweiligen Rechtsschutzverfahren herbeizuführen.)
Die tatsächliche Ableistung von Arbeit im Betrieb während der Kündigungsfrist sollte nur als "ultima ratio" in erfolgen. Erfahrungsgemäß sind - gerade bei ohnehin schon belasteten Arbeitsverhältnissen - die Zeiten während langer Kündigungsfristen durch wachsendes gegenseitiges Misstrauen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber und Schikanen geprägt.
zu Frage 2:
Das Geltendmachen von Schadenersatzansprüchen dürfte schwierig sein. Man könnte argumentieren, dass Ihr Arbeitgeber permanent den Arbeitsvertrag verletzt hat, weil er Ihnen erheblich mehr Arbeit zugewiesen hat, als Sie nach dem Vertrag abzuleisten verpflichtet waren, und für die Mehrarbeit zusätzlichen Lohn verlangen. Aber ist dies nachweisbar? Vor allem wird Ihr Chef argumentieren, er habe Ihnen gar nicht zuviel Arbeit zugewiesen, sondern Sie seien einfach nur überfordert und nicht leistungsfähig gewesen.
zu Frage 3:
Sie können gegen eine Abmahnung gerichtlich vorgehen. Dies ist auch zulässig, wenn Sie der Abmahnung noch nicht widersprochen oder keine Gegendarstelllung zur Personalakte gereicht haben. Allerdings kann das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage entfallen, wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist und sich nicht auf das Zeugnis ausgewirkt hat. (Dann kann Ihnen aus der Abmahnung kein Schaden mehr entstehen.) Eine einzelne Abmahnung darf im Zeugnis auch nicht zu Ihrem Nachteil verwertet werden, es sei denn, Ihr Arbeitgeber kann nachweisen, dass das in der Abmahnung gerügte Verhalten dauerhaft vorgelegen hat.
Empfehlenswerter ist es, ggfs. eine Zeugnisklage zu erheben, wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen ein (zu) ungünstiges Zeugnis erteilt. Dies muss innerhalb von acht Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen, sonst ist eine Anbspruch auf Zeugniserteilung oder -berichtigung wegen Zeitablaufs verwirkt, falls nicht in Arbeits- oder Tarifvertrag noch kürzere Fristen vorgesehen sind.
Zu Ihrem Nachteil kann sich ein schlechtes Zeugnis auswirken, hieraus können evtl. Schadenersatzansprüche gegen Ihren Arbeitgeber entstehen, wenn er gegen seine Wahrheitspflicht verstoßen hat und Sie in Ihrem beruflichen Fortkommen beeinträchtigt werden.
Gegen eine Klage gegen die Abmahnung spricht auch, dass sich Ihr Arbeitgeber auf die Aussage Ihrer Kollegin beruft. Diese würde unter Druck des Arbeitgebers in einem Prozess wahrscheinlich bei ihrer Aussage bleiben. Wie wollen Sie dann die Aussage Ihrer Kollegin widerlegen? Am Ende stehen Sie dann noch als der "Anschwärzer" Ihrer Kollegin da.
zu Frage 4:
Beginnen Sie mit der Arbeit zur nach dem Arbeitsvertrag vorgesehenen Zeit. Nach § 3 AZG darf die werktägliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers acht Stunden nicht übersteigen. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (wobei der Samnstag auch als Werktag mitzählt). Nach Ihrer Schilderung sind weitere Überstunden über acht Stunden täglich gar nicht mehr zulässig. Mehr müssen Sie auch nicht arbeiten. Sollte Ihr Arbeitgeber Sie dennoch mit soviel Arbeit zuschütten, dass diese ohne Mehrarbeit nicht ausführbar ist, sollten Sie Ihren Arbeitgeber hierauf schriftlich hinweisen. Die Verantwortung für liegengebliebene Arbeit trifft dann Ihren Arbeitgeber.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Neumann, Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 03.02.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Carsten Neumann
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Rechtsanwalt Carsten Neumann
Hallo Herr Neumann,
vielen Dank für die ausführliche Beantwortung meiner Frage. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sollte ich unbedingt schriftlich beantragen, dass ich meine Überstunden und Resturlaub abfeiern möchte. Ist dies in dem Kündigungschreiben selbst möglich?
z.B. Hiermit kündige ich fristgerecht das bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.03.2013. Ich beantrage hiermit ein Abfeiern meiner Überstunden sowie die Gewährung meines Resturlaubs. Bitte geben Sie mir hierfür eine schritfliche Bestätigung. Vielen Dank!
Muss mir mein Chef das unterzeichnen? Ich habe Angst, dass er eine rechtliche Grundlage findet, so dass ich bis zum 31.03 in der Kanzlei weiter arbeiten muss. Dies möchte ich auf jeden Fall umgehen.
Sehr geehrter Ratsuchender,
Die Beantragung des Resturlaubs und der Freizeit-Abgeltung der Überstunden ist zusammen mit dem bzw. im Kündigungsschreiben möglich und auch empfehlenswert.
Sie brauchen und sollten nicht auf eine schriftliche Gegenzeichnung Ihres Chefs warten, sondern das Schreiben entweder per Einschreiben mit Rückschein (dann Postlaufzeit miteinplanen) übersenden oder per Boten überbringen lassen.
Im Schreiben sollte die Anzahl der Ihnen zustehenden Urlaubstage genau angegeben werden wie auch die Anzahl der Überstunden (und wieviel Arbeitstage sich hieraus ergeben). Ferner sollten Sie Ihren Chef bitten, bis zum Datum XY schriftlich mitzuteilen, ob er Ihren Antrag bewilligt. Lassen Sie sich nicht mit irgendwelchen mündlichen Erklärungen abspeisen, die dann widerrufen werden, oder an die sich Ihr Chef hinterher nicht mehr "erinnern" kann. Erfolgt die schriftliche Bewilligung nicht innerhalb der von Ihnen gesetzten Frist, sollten Sie beim Arbeitsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen.
Mit freundlichen Grüßen,
Carsten Neumann
Rechtsanwalt