Sehr geehrter Fragesteller,
Sie beziehen sich auf ein Urteil des OLG Hamm vom 03.12.2007 - 5 U 118/07
und sprechen von „relativer Ähnlichkeit". Genau das ist das Problem, auf die ich zuvor hinweisen möchte. Zum einen entfalten Urteile des Zivilrechts immer nur Wirkung zwischen den streitenden Parteien, sofern überhaupt rechtskräftig. Zum anderen ist in der Tat „jeder Fall anders", wie schon Studenten oft leidvoll erfahren müssen, wenn Sie sich den vorgegebenen Tatbestand „zurecht gebogen" haben.
Insofern würde ein von dem OLG Hamm unabhängiges Gericht im Streitfall Ihren Sachverhalt in der Prognose wie folgt bewerten:
Ihr Fall:
„Wir haben vor 6 Jahren ein Haus gekauft, in welchem sich ein Primäranschluss für die Fernwärmeversorgung befindet. Dieser Anschluss wurde in den 70er Jahren in Betrieb genommen, als sich die 3 versorgten Häuser im Besitz einer Person befanden."
Antwort:
Hier kann der Unterschied zwischen einer Fernwärmeversorgung und einem „Blockheizkraftwerk" dann eine Rolle spielen, wenn die Versorgung nur über Ihren Primäranschluss überhaupt möglich wäre. Da aber „ein Haus beim Verkauf von der Versorgung getrennt wurde und einen eigene Versorgung bekam", wie Sie schreiben, gehe ich davon aus, dass dies auch in dem jetzt vorliegenden Streitfall möglich ist, mithin kein Hindernis.
Ihr Fall:
„Als wir das 3te Haus gekauft haben, wurden wir auf den Umstand der Mitversorgung hingewiesen. Es existieren keinerlei Verträge, Grundbucheintragungen etc. Bisher klappte alles relativ gut, es gab eine mündliche Absprache, dass Arbeiten an der Anlage von beiden Seiten zu 50% übernommen werden."
Antwort:
Sofern sich diese Schilderung auf den streitbefangenen Nachbarn bezieht, ist das sehr wohl relevant, auch im Unterschied zu OLG Hamm, denn dort wurde das Bestandsinteresse deshalb verneint, weil
…"der Beklagte nach seinen Bekundungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat das Objekt vor dem Abschluss des Kaufvertrages nicht besichtigt hat und gar nicht wusste, dass sein Haus über dasjenige des Klägers mitversorgt wird. Abgesehen davon wären aber auch Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte im Falle einer Kenntnis davon hätte ausgehen dürfen, dass sich an dem vorgefundenen Zustand nichts ändert, nicht ersichtlich. Der Beklagte hätte dann vielmehr auf eine Absicherung der Fortdauer der Versorgung über eine fremde Heizungsanlage drängen müssen." (OLG Hamm a.a.O.)
Mithin spricht für Sie die „mündliche Absprache, dass Arbeiten an der Anlage von beiden Seiten zu 50% übernommen werden"
...und gegen Sie dass „alles relativ gut klappte", was eine vertragliche Abrede ist, die auch in mündlicher Form gilt, allerdings gem. § 749 Absatz 1 BGB
„jederzeit" kündbar ist, sofern nicht andere, mir nicht dargelegte Rechte und Pflichten bestehen.
Ihre Frage:
„Darf ich den Nachbarn nach mehrfacher Ermahnung von meinem Heizungsnetz trennen? Oder besteht für mich eine Pflicht zur Versorgung?"
Antwort:
Sie müssen einen bestehenden - auch mündlichen - Vertrag wirksam kündigen, Ihrer Schilderung entsprechend nach § 749 Absatz 1 (möglicherweise auch Absatz 2) BGB.
Danach können Sie von dem Nachbarn verlangen, die Versorgungsleitungen von Ihrer Versorgungsleitung – auf seine Kosten – zu trennen, weil Sie nicht gem. § 1004 Absatz 2 BGB
zur Duldung der Benutzung verpflichtet sind, so der Tenor des von Ihnen zitierten Urteils.
In nachbarrechtlichen Streitigkeiten empfehle ich übrigens immer, den Weg zur Schiedsperson nach dem SchiedsamtsG Ihres Landes, weil dies sehr viel kostengünstiger ist und nach Einvernehmen oft auch nachhaltig Frieden stiftet.
Ihre Verhandlungsposition ist gut, denn der Nachbar schuldet Ihnen zumindest den vertraglichen 50%-Anteil an der/den anstehenden (und auch künftigen) Reparatur(en).
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 27.07.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
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Hallo,
Vielen Dank für die schnelle Antwort. Ich wollte allerdings weniger einen Vergleich mit dem Urteil des OLG Hamm, vielmehr eine Beurteilung meines Falles.
Bin ich denn zur Duldung der Nutzung verpflichtet?
"Relativ gut klappte" heisst in diesem Falle, dass bisher kein Defekt aufgetreten ist.
Mit Dank für die positive Bewertung beantworte ich gerne Ihre Nachfrage:
Der Vergleich mit dem Urteil diente nur der vorsorglichen Abgrenzung und der Besorgnis, dass man ein bestehendes Urteil zu sehr auf den eigenen Fall ausrichten möchte.
Ihr Fall steht natürlich konkret im Vordergrund meiner Beratung. Hier gilt:
"Bin ich denn zur Duldung der Nutzung verpflichtet?"
Antwort. Nach Kündigung: Nein.
"Relativ gut klappte" heisst in diesem Falle, dass bisher kein Defekt aufgetreten ist.
Antwort: Die Tatsache der 50%-Absprache der Reparaturkosten spricht für ein mdl. Vertragsverhältnis, das es nunmehr zu kündigen gilt oder fortzusetzen mit Liquidation der Reparaturkosten.
Mfg
Ihr W. Burgmer, RA