Sehr geehrter Fragesteller,
eingangs möchte ich erwähnen, dass eine abschließende Beurteilung der Rechtslage einer Einsichtnahme in den konkreten Vertrag sowie die entsprechenden AGB erfordern könnte, so dass Ihnen im Folgenden lediglich eine grobe Ersteinschätzung geben werden kann. Insbesondere könnte auch der „Standardtext" im Telefonmitschnitt von entscheidender Bedeutung für die Rechtslage sein. Im Folgenden können Ihnen also lediglich Grundsätzlichkeiten aufgezeigt werden, die Sie möglicherweise entsprechend für Ihren Fall verwerten und Ihnen bereits weiterhelfen.
Um den Sachverhalt zusammenfassend zu würdigen, ist festzustellen, dass telefonisch offensichtlich etwas anderes vereinbart wurde als tatsächlich geleistet, zumindest aber berechnet wird. Soweit ich Sie richtig verstanden habe, zahlen Sie seit dem 01.10.2014 die ursprüngliche monatliche Gebühr zuzüglich einer Erhöhung von insgesamt 30,00 EUR für 9 Monate ab dem 01.10.2024; nach diesen 9 Monaten zahlen Sie nur noch eine Erhöhung von 10,00 EUR bis zum Ende der gesamten Vertragslaufzeit. Darüber hinaus sollen Sie einmalig 200,00 EUR für das Smartphone zahlen.
Sie schreiben, dass am Telefon lediglich über die Erhöhung und nicht über die tatsächliche Grundgebühr gesprochen wurde. Sollte dem so sein und die gegenständliche erste Rechnung – ich gehe in der Annahme, dass Sie von der Rechnung für den aktuellen Monat Oktober sprechen – der vereinbarten (von Ihnen aus Ihrem ursprünglichen Tarif und der Erhöhung um 30,00 EUR errechneten) neuen Monatsgebühr widersprechen, so entspricht diese Rechnung tatsächlich nicht dem „neuen", verlängerten Vertrag. An dieser Stelle gebe ich nur kurz zu überdenken, ob sich der erhöhte Betrag auch daraus ergeben könnte, dass Sie das Smartphone i.H.v. 200,00 EUR in monatlichen Raten abzahlen?!
Nach den allgemeinen Beweislastregeln trägt Vodafone die Beweislast für diejenigen Tatsachen, die den geltend gemachten Anspruch rechtfertigen, d.h. Vodafone müsste beweisen, dass Sie telefonisch genau diese Konditionen zu dieser Monatsgebühr vereinbart haben. Dazu sollte sicherlich der Telefonmitschnitt dienen. Auch könnten hier möglicherweise wieder die AGB von Vodafone eine Rolle spielen.
Soweit Sie sich sicher sind, dass der geltend gemachte Betrag für den Monat Oktober nicht den Vereinbarungen entspricht, so bliebe Ihnen zunächst die Möglichkeit, nur den tatsächlich vereinbarten Betrag zu zahlen. Dann wird Vodafone sicherlich entsprechende Schritte (Mahnung, Mahnbescheid etc.) gegen Sie einleiten. Allerdings ist dies nicht Ihr eigentliches Ziel, denn Sie wollen die Vertragsverlängerung ja rückgängig machen.
Was den Widerruf anbelangt, so entschied das Oberlandesgericht Koblenz mit Urteil vom 28.03.2012 (Az. 9 U 1166/11), dass dem Verbraucher das Widerrufsrecht bei einer „wesentlichen"(!) Vertragsänderung immer noch zusteht. Allerdings könnte man auf den Gedanken kommen, dass hier zwei unterschiedliche Verträge vorliegen. Zum einen ein Dienstleistungsvertrag (Mobilfunkvertrag) und zum anderen ein Kaufvertrag (Smartphone). Da unter der Voraussetzung dieses Gedanken Ihrer Schilderung zufolge zumindest die entscheidende Widerrufsfrist des (vermutlich wesentlich) veränderten Vertrages bereits abgelaufen ist, dürften die Erfolgsaussichten für einen Widerruf für eher gering sein. Dem entgegnet allerdings die Rechtsprechung des Amtsgerichts Karlsruhe mit Urteil vom 12.10.2007 (Az. 12 C 169/07), mit dem es entschied, dass
„sich in Vertragsgestaltungen wie der vorliegenden das auf den Kaufvertragsteil bezogene Teil-Widerrufsrecht nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB auch auf den Mobilfunk-Teil erstrecke, denn im Regelfall hat der Verbraucher – erkennbar – am Mobilfunkvertrag nur in Verbindung mit dem zugleich geschlossenen, subventionierten Handy-Kaufvertrag Interesse." Diese Auffassung des Amtsgerichts Karlsruhe findet seinen Ursprung unter anderem in einer älteren Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 139, 368): „(…) auch wenn es möglich ist, Mobiltelefone ohne Kartenverträge zu erwerben und Kartenverträge ohne gleichzeitigen Erwerb eines Mobiltelefons zu schließen, müssen doch die meisten Erwerber eines Mobiltelefons einen Netzkartenvertrag abschließen, um das Telefon überhaupt in der beabsichtigten Weise einsetzen zu können. (…) Unter diesen Umständen liegt die Annahme einer Gesamtleistung bestehend aus dem Mobiltelefon und dem für den Betrieb notwendigen Netzzugang nahe."
Ihnen bliebe jedenfalls als „Notanker" die denkbare Möglichkeit der Anfechtung des Vertrages. Dazu sollten Sie die Anfechtung Ihrer Willenserklärung, die zum Vertragsschluss geführt hat, innerhalb der Anfechtungsfrist des § 121 BGB unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) gegenüber Vodafone erklären. In Betracht kommt eine Irrtumsanfechtung gem. § 119 BGB. Die Erfolgsaussichten sind hierbei nach derzeitiger Sachverhaltskenntnis allerdings schlecht einschätzbar, da die Anfechtungsgründe zunächst in einem Beratungsgespräch erörtert werden sollten.
Nach alledem empfehle ich Ihnen, sich von einem ortsansässigen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, dessen Kosten Ihnen im Erfolgsfalle unter gewissen Voraussetzungen (insbesondere Verzug der Gegenseite) erstattet werden können. Ein Beratungsgespräch unter Erörterung meiner hiesigen Ansätze mit anschließender Mandatierung halte ich für sinnvoll.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet und Ihnen weitergeholfen zu haben. Mit einem Dank für das mir entgegengebrachte Vertrauen verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Oliver Daniel Özkara
Rechtsanwalt