Sehr geehrte Ratsuchende,
Vielen Dank zunächst für Ihre Anfrage!
Sehr gerne beantworte ich die von Ihnen gestellten Fragen zusammenfassend wie folgt:
Bei meiner Beantwortung gehe ich von der Prämisse aus, dass es Ihnen sehr wichtig ist, Ihre Arbeitsstelle zu behalten und nach wie vor bestenfalls eine Arbeitszeitverringerung zu erreichen.
Zu1.) Hilfe des Integrationsdienstes
Zur Erfüllung seiner Aufgaben kann das Integrationsamt einen sog. Integrationsfachdienst beauftragen.
Diese Integrationsfachdienste, die von den zuständigen Integrationsämtern eingesetzt werden können, sind wichtige Ansprechpartner für behinderte und schwerbehinderte Arbeitnehmer.
Zu den wichtigsten Aufgaben der Integrationsfachdienste gehört es unter anderem, vorhandene Arbeits- und Ausbildungsplätze durch qualifizierte Betreuung und Beratung zu sichern und die Suche nach geeigneten Arbeitsplätzen zu unterstützen.
In diesem Zusammenhang helfen die Integrationsdienste insbesondere bei Arbeitsplatzproblemen, bei persönlichen Problemen, die sich auf die Arbeit auswirken, sowie bei Leistungsproblemen, bei Konflikten mit Kollegen, Vorgesetzen und Arbeitgebern und bei drohendem Arbeitsplatzverlust.
In Ihrem Fall würde sich die Hilfe des Integrationsdienstes dringend empfehlen. Diese sind nämlich nicht nur sehr kompetent und erfahren, sondern vermitteln zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber, so dass Ihr Arbeitgeber weiß, dass Sie Unterstützung haben, und Sie und Ihr Anliegen ernster nehmen wird.
Zu 2.) Hausverbot?
Zwar könnte Ihr Arbeitnehmer, wenn er Eigentümer des Betriebsgrundstücks ist, der Dame vom Integrationsamt grundsätzlich Hausverbot erteilen (er kann sich ja wie beispielsweise jeder Haus- und Wohnungsbesitzer aussuchen, wenn er rein lässt und wen nicht), jedoch würde Ihr Arbeitgeber sich in einem eventuellen Arbeitsgerichtsprozess in einem sehr schlechten Licht darstellen, was sich auf seine Prozesschancen negativ auswirken könnte, so dass ich nicht davon ausgehe, dass er ein Hausverbot aussprechen wird.
Selbst falls dies der Fall sein sollte, wird das Integrationsamt bzw. der Dienst schriftlich an ihn herantreten, so dass er sich im Endeffekt einer Kommunikation und Auseinandersetzung mit dem Dienst nicht verschließen können wird.
Zu 3.) Abmelden sowie Angaben zum Gesundheitszustand/Gespräch nächste Woche
Nach Ihrem Gesundheitszustand darf der Arbeitgeber in einem Vorstellungsgespräch dann fragen, wenn evtl. Krankheiten Ihre Arbeitsleistung beeinträchtigen könnten oder am Arbeitsplatz Infektionsgefahr besteht.
Da für das Fragerecht im Zusammenhang mit einem Vorstellungsgespräch viel strengere Regeln gelten (es gibt noch keine vertragliche Bindung und deshalb darf der Arbeitgeber grundsätzlich viel weniger fragen, als wie bei Ihnen im laufenden Arbeitsverhältnis) und hier die Frage erlaubt ist, wenn dies wie bei Ihnen Auswirkungen auf die konkrete Arbeitstätigkeit hat, darf Ihr Arbeitgeber dies im laufenden Arbeitsverhältnis erstrecht fragen.
Dementsprechend ist es auch grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn Sie sich nächste Woche mit Ihrem Arbeitgeber zwecks Klärung Ihrer Gesundheitslage treffen müssen.
Auch das Verlangen nach der ärztlichen Einschätzung ist insoweit nicht zu beanstanden.
Sollte dies aber langfristig in Richtung Schikane gehen, sollten Sie sich mit dem Integrationsdienst auseinandersetzen, dass diese Ihren Arbeitgeber hierauf ansprechen
Auch ist der Wunsch, dass Sie sich abmelden müssen nicht zu beanstanden, da der Arbeitgeber aus seinem Direktionsrecht hierzu berechtigt ist.
Sie müssen vollumfänglich und wahrheitsgemäß Auskunft über Ihren Gesundheitszustand erteilen, wenn Ihr Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an diesen Informationen hat, wovon ich aufgrund Ihrer Sachverhaltsschilderung, insbesondere Ihrer eingeschränkten Arbeitsfähigkeit ausgehe.
Ihre mündlichen Angaben über den Antrag auf Anerkennung des Behindertenstatus sind zur zeit grundsätzlich nicht von Bedeutung. Bedeutung kommt dem erst zu, wenn Ihr Antrag bewilligt wurde, da sich dadurch erhebliche Veränderungen in Bezug auf das Arbeitsrecht, insbesondere auch den Kündigungsschutz (Sie haben dann ein besonderes Kündigungsschutzrecht) ergeben.
Zu 4. ) Kündigung / Aufhebungsvertrag
Grundsätzlich ist es möglich, dass eine Verhaltensbedingte (bsp. Arbeitsverweigerung) oder Personenbedingte (Sie sind körperlich/psychisch nicht mehr in der Lage, Ihren arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen) Kündigung ausgesprochen werden könnte, wenn deren Voraussetzungen vorliegen.
In Ihrem Fall wird eine solche Kündigung aber für Ihren Arbeitgeber sehr schwer sein. Zum einen ist das Kündigungsschutzgesetz in Ihrem Fall anwendbar, so dass eine Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen (aus Betriebssicht) nicht gleich in Frage kommt.
Es müsste zunächst ein Sozialplan erstellt werden und herausgefunden werden, welchen Arbeitnehmer die Kündigung am wenigsten hart treffen würde. Dieser Arbeitnehmer wäre dann vorrangig zu kündigen.
Des Weiteren muss einer Kündigung das zuständige Integrationsamt zustimmen, was für Ihren Arbeitgeber eine sehr große Hürde darstellen dürfte, da die Integrationsämter erfahrungsgemäß Ihre Zustimmung nur sehr zurückhaltend erteilen, das es wünschenswert ist, dass behinderte Menschen weiterhin am Erwerbsprozess teilnehmen können, solange dieses tragbar ist.
Wegen weiterer Krankschreibungen darf Ihr Arbeitgeber Sie grundsätzlich erst dann kündigen, wenn absehbar ist, dass Sie Ihre Arbeit in Zukunft nicht mehr ordnungsgemäß erbringen können, also ständig krankgeschrieben sind. Dies ist aber eine sehr stark Einzelfall bezogene Frage, die sich aus der Ferne im Rahmen einer vorliegenden Erstberatung leider nicht abschließend klären lässt.
Einen Aufhebungsvertrag kann Ihr Arbeitgeber Ihnen natürlich vorschlagen, jedoch sind Sie aufgrund der in Deutschland vorherrschenden Vertragsfreiheit (Sie können sich grundsätzlich aussuchen, mit wem Sie welche Verträge schließen und mit wem nicht) nicht verpflichtet, einen solchen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben.
Zu 5.) Weiteres Vorgehen
Wie bereits anfangs ausgeführt, sollten Sie schnell den Draht zum Integrationsamt suchen und dort über Ihren immer noch vorherrschenden Wunsch nach Teilzeitarbeit anbringen. Dort wird man Ihnen sachkundig weiter helfen können.
Sie sollten insoweit dort auch anregen, dass der Integrationsdienst nachdrücklich nochmals Ihren Wunsch sowie die Notwendigkeit (aus gesundheitlicher Sicht) von verringerter Arbeitszeit gegenüber dem Arbeitgeber geltend macht.
Sollte Ihr Arbeitgeber sich versperren und sogar das von Ihnen erwähnte Hausverbot geltend machen, so sollten Sie sich einem im Arbeitsrecht erfahrenen Kollegen vor Ort anvertrauen, der Ihnen beider notfalls gerichtlichen Geltendmachung Ihrer Rechte behilflich ist.
Sie sollten demnach nicht locker lassen, da Sie grundsätzlich einen Anspruch auf Teilzeitarbeit haben, es sei denn es liegen betriebliche Gründe vor, die dagegen sprechen. Diese Gründe müsste Ihr Arbeitgeber in einem gerichtlichen Prozess genaustens darlegen. Der bloße Verweis auf solche Gründe, ohne solche Gründe exemplarisch zu nennen, reicht nicht aus.
Ein Anspruch auf Teilzeitarbeit besteht grundsätzlich nach sechsmonatiger Beschäftigung in jedem Betrieb mit mindestens 15 Arbeitnehmern, so dass diese Voraussetzungen in Ihrem Fall grundsätzlich gegeben sind, vgl. § 8 TzbfG.
Ich hoffe Ihnen eine erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben und wünsche Ihnen für Ihr weiteres Vorgehen noch viel Erfolg!
Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen:
Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann. So kann nämlich durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen eine völlig andere rechtliche Beurteilung die Folge sein.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen geholfen haben. Sie können mich natürlich gerne im Rahmen der Nachfrageoption auf diesem Portal oder über meine E-Mail-Adresse mit mir Verbindung aufnehmen.
Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Sonntagabend!
mit freundlichem Gruß
Dipl.-jur. Danjel-Philippe Newerla, Rechtsanwalt
Heilsbergerstr. 16
27580 Bremerhaven
kanzlei.newerla@web.de
Tel. 0471/3088132
Diese Antwort ist vom 01.03.2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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vonRechtsanwalt Dr. Danjel-Philippe Newerla
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Fachanwalt für Informationstechnologierecht, Fachanwalt für Gewerblicher Rechtsschutz, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht