Sehr geehrte Ratsuchende,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Zunächst einmal dürfte Ihrer Tante gemäß § 810 BGB
gegen Frau B. ein Anspruch auf Einsicht in die Vertragsurkunde zustehen. Das hierfür erforderliche rechtliche Interesse begründet sich darin, dass Ihre Tante sich nur durch Einsicht in den Vertrag über das Bestehen und den Umfang Ihrer Rechte Gewissheit verschaffen kann. Grundsätzlich kann Ihre Tante die Geltendmachung dieses Anspruchs auch auf Sie übertragen, allerdings kann Frau B. dann möglicherweise unter Hinweis auf vertrauliche Inhalte im Vertrag eine Einsicht verweigern.
Zudem können Sie versuchen, beim Grundbuchamt des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Wohnung liegt, eine Grundbucheinsicht zu nehmen und so herausfinden, ob Ihre Tante noch Eigentümerin der Wohnung ist oder ob das Eigentum an Frau B. übertragen wurde und für Ihre Tante im Gegenzug möglicherweise bestimmte Rechte (z.B. Nießbrauch) eingetragen wurden. Nach § 12 GBO
ist jedem Einsicht ins Grundbuch zu gestatten, der ein berechtigtes Interesse darlegen kann. Sicherheitshalber sollten Sie sich schriftlich die Zustimmung Ihrer Tante (als wahrscheinlich noch Eigentümerin der Wohnung) zur Grundbucheinsicht geben lassen und beim Grundbuchamt vorzeigen.
Liegt tatsächlich eine Schenkung und Übertragung des Eigentums an der Wohnung an Frau B. vor (wofür allerdings eine notarielle Beurkundung der Verträge notwendig gewesen wäre), könnte Ihre Tante dieses Geschenk gemäß § 528 BGB
zurückfordern, wenn Sie außerstande sein sollte, einen angemessenen Unterhalt zu bestreiten (z.B. die Kosten des Heims aufzubringen) und die Schenkung nicht länger als 10 Jahre zurückliegt. Auch an einen Widerruf gemäß § 530 BGB
könnte gedacht werden, wenn Frau B. aus egoistischen Motiven versucht, Ihre Tante oder nahe Angehörige zu schädigen.
Ich gehe aber aufgrund der strengen Formvorschriften, die im Falle einer Eigentumsübertragung einzuhalten gewesen wären, eher davon aus, dass lediglich ein Leih- oder Mietvertrag über die Wohnung geschlossen wurde. Dieser könnte dann eventuell, je nach Vertragsinhalt, unter Berücksichtigung einer Kündigungsfrist von Ihrer Tante gekündigt werden.
Grundsätzlich kommt auch eine Anfechtung des Vertrages in Betracht bzw. ist dieser Vertrag nie rechtswirksam geworden, wenn Ihre Tante bei Abschluss des Vertrages geschäftsunfähig war oder einem Irrtumm oder arglistiger Täuschung unterlag. Es dürfte allerdings schwierig sein, dies im Streitfalle nachzuweisen.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
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Diese Antwort ist vom 15.08.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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15.08.2011
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16:21
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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