Sehr geehrter Fragesteller!
So wie Sie den Sachverhalt schildern, kann man bezweifeln, dass zwischen Ihnen und dem ersten (Internet-)Makler durch die gemeinsame Besichtigung der Immobilie ein wirksamer Mäklervertrag zustande gekommen ist. Hier würde es auf die konkreten Umstände ankommen. Hat der Makler beispielsweise von Anfang an zu verstehen gegeben, dass Sie sein Auftraggeber sind und für den Nachweis bzw. für die Vermittlung eines Kaufvertrages über die Immobilie Provisionsansprüche entstehen? Oder hat der Makler den Eindruck vermittelt, dass er vom Verkäufer der Immobilie beauftragt war, einen Vertrag mit einem potentiellen Käufer abzuschließen ? Gibt es überhaupt einen schriftlichen Vertrag? Auf den Inhalt würde es dann entscheidend ankommen.
Nehmen wir mal an, dass ein wirksamer Maklervertrag zwischen Ihnen und dem ersten Makler zustande gekommen ist. Ich meine, Sie können dann den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten. Denn der Makler hat Ihnen einen Preis genannt, der deutlich niedriger war als der tatsächliche Kaufpreis. Der Makler ist aber verpflichtet, Ihnen keine falschen Vorstellungen zu vermitteln. Hier gilt das oben Gesagte entsprechend, d.h. wenn Sie aufgrund der Umstände davon ausgehen konnten, dass der erste Makler für den Verkäufer tätig werden wollte, sind Sie getäuscht worden. Ich rate Ihnen deshalb, gegenüber dem Makler zu erklären, dass Sie einen Vertragsschluss bestreiten und hilfsweise sollten Sie erklären, dass Sie einen angeblichen Vertrag anfechten. Zur Begründung führen Sie Irrtum und Täuschung an.
Der erste Makler muss sich auch die Frage gefallen lassen, ob seine Leistung überhaupt ursächlich für den Abschluss des Kaufvertrages war. Man könnte hier zu dem Ergebnis gelangen, dass die Kausalkette dadurch unterbrochen wurde, dass zwischen dem Angebot des ersten Maklers in Höhe von 180.000 € und den Vorstellungen des Verkäufers von 280.000 € eine erhebliche Differenz bestand und deshalb völlig neue Voraussetzungen gegeben waren. Hier ist der zeitliche Abstand zwischen der ersten Besichtigung und dem Abschluss des Kaufvertrages wichtig. Je weniger Zeit dazwischen lag, desto wahrscheinlicher war die Leistung des ersten Maklers kausal für den Vertragsschluss. Hier könnte und muss man meines Erachtens zu dem Ergebnis kommen, dass die Preisdifferenz von 40.000 € zwischen dem ersten Angebot und dem Kaufpreis die inhaltliche Kongruenz zwischen Maklervertrag und Kaufvertrag entfallen lässt. Damit würde auch der Provisionsanspruch entfallen.
Zuletzt sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der erste Makler vermutlich seinen Provisionsanspruch auch gemäß § 654
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verwirkt hätte, wenn dieser Anspruch denn überhaupt entstanden ist. Dadurch dass er Ihnen einen viel zu niedrigen Preis genannt hat, hat der Makler nach meinem Gefühl grob gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen.
Ich denke, dass Sie genug Anhaltspunkte haben, dem Provisionsverlangen des ersten Maklers mit Ablehnung zu begegnen. Doch bitte sprechen Sie den Fall nochmals mit einem Anwalt durch, da es doch um eine Menge Geld geht. Sie können mich dazu gern in der nächsten Woche anrufen…
Beste Grüße
Dennis Sevriens
Rechtsanwalt
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Diese Antwort ist vom 30.09.2004 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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