Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Nach § 84 Abs. 1 HGB
ist der Begriff des Handelsvertreters wesentlich durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
• Der Handelsvertreter ist selbständig; darin unterscheidet er sich insbesondere vom angestellten Handlungsreisenden, der als Arbeitnehmer dem Weisungsrecht seines Arbeitgebers unterworfen ist.
• Der Handelsvertreter ist damit betraut, Geschäfte für einen anderen Unternehmer zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen; darin liegt der wesentliche Unterschied zum Vertragshändler, der im eigenen Namen im Geschäftsverkehr auftritt. Vermitteln bedeutet das unmittelbare oder mittelbare Einwirken auf den Kunden, damit dieser sich zum Vertragsschluss mit dem Unternehmer entschließt. Wer nicht Geschäfte vermittelt oder abschließt, sondern nur allgemein mit der Pflege der Geschäftsbeziehungen z. B. zu bestimmten Behörden oder Investoren betraut ist, ist ebenfalls nicht Handelsvertreter (BGH, NJW 1983, 42
).
• Der Handelsvertreter ist ständig mit den genannten Tätigkeiten betraut, die Beauftragung ist also auf eine unbestimmte Anzahl von Geschäften gerichtet; darin unterscheidet er sich vom Handelsmakler gemäß §§ 93–104 HGB; der Handelsvertreter ist verpflichtet den Absatz oder die Beschaffung des Prinzipals zu fördern.
Für die Qualifikation als Handelsvertreter kommt es auf das Gesamtbild an. Unerheblich ist, welche Bezeichnung die Parteien wählen, so dass die vertragliche Benennung als "Subunternehmer" „Freier Mitarbeiter" o.ä. keinen Einfluss auf die Einstufung als Handelsvertreter und damit den Ausgleichsanspruch hätte.
Nach Ihrer Schilderung wären die Kollegen ständig damit betraut, Geschäfte für Sie bzw. die Firma zu vermitteln. „Selbstständig" ist nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB
, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Ungeachtet seiner Selbständigkeit unterliegt aber der Handelsvertreter dem allgemeinen Weisungsrecht des Unternehmers gemäß § 665 BGB
. Unterstellt, dass auch diese Selbständigkeit gegeben wäre und keine Scheinselbständigkeit vorliegt, wäre der Kollege daher als Handelsvertreter einzustufen und hätte grundsätzlich gemäß § 89b HGB
nach Beendigung des Vertrages einen Ausgleichsanspruch, der auch nicht bei Vertragsschluss ausgeschlossen werden kann (§ 89b Absatz 4 HGB
).
Umgehen können Sie diesen Anspruch eigentlich nur, wenn Sie die Kollegen entweder fest anstellen oder einen Handelsvertreter im Nebenberuf gemäß § 92b HGB
mit der Vermittlung betrauen. Bei der letztgenannten Alternative sind entscheidende Kriterien für die Feststellung einer Nebenberuflichkeit regelmäßig die überwiegende Tätigkeit des Handelsvertreters (zeitlich) und das erzielte Bruttoarbeitseinkommen. Stammt dieses teilweise aus der Tätigkeit als Handelsvertreter und überwiegend aus anderen Beschäftigungen, kommt eine Einordnung als Handelsvertreter im Nebenberuf in Frage.
Eine andere Möglichkeit, die im Streitfalle auch einer gerichtlichen Überprüfung standhalten und nicht als unzulässiges Umgehungsgeschäft angesehen werden würde, sehe ich leider nicht.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 10.02.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Vielen Dank für die fixe Antwort.
Also ich fasse nochmal zusammen, egal wie ich den Vertrag oder das Verhältnis nenne, also Handelsvertreter, subunternehmer oder Vertriebspartner, muss ich den Ausgleichsanspruch Zahlen sobald der Vertreter ständig nur für dieses eine Produkt unterwegs ist.
Die Vertreter sind zur zeit ebenfalls alle selbstständig als Handelsvertreter unterwegs und haben diverse Firmen, bei der sie einen HV Vertrag haben. Dadurch verdienen sie hauptberuflich ihr Geld mit diesen Produkten. Mal mehr mal weniger. Mein Produkt, das ich beim Hersteller beziehe und bei denen ich einen Handelsvertretervertrag habe soll als Zusatz gelten um ein bisschen Geld zusätzlich zu machen. Die Idee mit dem Handelsvertreter im Nebenberuf hört sich gut an, aber was ist wenn er irgendwann mehr Umsatz / Provision mit meinem Produkt macht und nicht mehr wie vorher mit den anderen? Vertraglich ist das ja das gleiche, außer das oben dann Handelsvertreter im
Nebenberuf steht oder?
Vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich wie folgt beantworten möchte:
Das ist korrekt, die Anwendbarkeit der Regelungen zum Handelsvertreterausgleich bestimmt sich allein nach der tatsächlichen Tätigkeit, nicht nach der Bezeichnung im Vertrag.
Zum Handelsvertreter im Nebenberuf möchte ich noch Folgendes klarstellen: Entscheidend ist, dass die Handelsvertretertätigkeit an sich neu nebenberuflich ausgeübt wird, z.B. neben einem Angestelltenverhältnis oder Studium. Ist jedoch ein hauptberuflicher Handelsvertreter für mehrere Unternehmen tätig, so ist jedes dieser Unternehmen ihm gegenüber nach Vertragsbeendigung ausgleichspflichtig. Es kommt also nicht auf den Umsatz an, den der Vertreter mit „Ihrem" Produkt machen würde, sondern auf den gesamten Umsatz aus der Vertretertätigkeit für alle Firmen – gegenüber diesem Umsatz muss das Einkommen aus einer anderen Beschäftigung (die keine Handelsvertretertätigkeit ist), überwiegen, um eine Einstufung als nebenberuflich vornehmen zu können.
Vertraglich muss der Vertreter ausdrücklich als Handelsvertreter im Nebenberuf mit der Vermittlung betraut werden. Ändert sich dieser Status während der Laufzeit des Vertrages, ist der Vertreter grundsätzlich verpflichtet, dies seinem Vertragspartner anzuzeigen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen