Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Schilderung summarisch gerne wie folgt beantworte:
Grundsätzlich unterliegen auch die Zahlungsansprüche des Stromversorgers gemäß § 195 BGB
der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren.
Nach § 199 Abs. 1 BGB
beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat. Im Hinblick auf die Entstehung des Anspruchs ist dabei auf die Fälligkeit abzustellen.
Nach § 23 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden (AVBEltV) wird eine Rechnung frühestens zwei Wochen nach Zugang fällig. Folglich entsteht der Anspruch erst mit Kenntnisnahme der Rechnung. Eine Verjährung ist Ihren Angaben zufolge deshalb nicht eingetreten, da Sie offenbar zum ersten Mal eine Rechnung erhalten haben.
Allerdings könnte der Anspruch verwirkt sein, was dann der Fall ist, wenn der Gläubiger ihn längere Zeit nicht geltend gemacht hat und der Schuldner darauf vertraut, dass der Anspruch auch nicht geltend gemacht wird und er sich hierauf eingestellt hat.
Um den Fall abschließend beurteilen zu können ist neben Einsicht in alle Unterlagen die Frage entscheidend, was Sie im Hinblick auf die Entrichtung der Zahlungen für den Strom dachten und ggf. eine Gutgläubigkeit vorliegt.
Daher sollten Sie einen Rechtsanwalt vor Ort mit der weiteren Beratung und ggf. Wahrnehmung Ihrer Interessen beauftragen. Dieser sollte den Stromversorger mit dem Argument der Verwirkung konfrontieren und so zumindest einen Teil der Forderungen abzuwenden versuchen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick vermitteln. Bei Bedarf stellen Sie gerne eine kostenfreie Nachfrage.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Böhler
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 28.04.2008 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Hallo,
die Antwort ist mir etwas zu allgemein. Wann ist denn der Fall gegeben, dass "der Gläubiger ihn längere Zeit nicht geltend gemacht hat und der Schuldner darauf vertraut, dass der Anspruch auch nicht geltend gemacht wird und er sich hierauf eingestellt hat"? Ich hatte ja in meiner 1. Frage bereits erläutert, "was Sie(wir) im Hinblick auf die Entrichtung der Zahlungen für den Strom dachten", liegt nun eine "Gutgläubigkeit" vor? An Unterlagen haben wir nichts außer den jetzt angekommenen Rechnungen und den Notizen zum Zählerstand bei Übernahme und Übergabe der Wohnung. Auch hätte ich genre noch einen Tip zu meinem weiteren Vorgehen, wenn ich nicht einen Rechtsanwalt bemühen möchte.
Vielen Dank im Voraus und beste Grüße.
Sehr geehrte Ratsuchende,
Ihre Nachfrage beantworte ich gerne wie folgt:
Die Frage der Verwirkung ist stets individuell zu prüfen. Wenn ein Stromversorger sechs Jahre überhaupt keine Rechnung für den Energiebezug stellt, dürfte wenigstens für die ersten drei Jahre eine Verwirkung vorliegen, wenn Sie darauf vertrauen durften, dass keine Rechnung an Sie gestellt wird. Eine Gutgläubigkeit läge dann vor, wenn Sie davon ausgingen, dass der Strom anderweitig bezahlt werden würde, etwa wie hier vom Vermieter.
Falls Sie keinen Rechtsanwalt beauftragen möchten, sollten Sie sich mit dem Stromversorger in Verbindung setzen und ihn mit der Verwirkung zumindest eines Teils des Anspruchs konfrontieren. Gegebenenfalls zeigt sich die Gegenseite dann kompromissbereit.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Böhler
Rechtsanwalt