Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Die Übertragung von stillen Reserven bei dem Verkauf von Anlagevermögen funktioniert nach § 6b EStG
bei bestimmten Wirtschaftsgütern durch entsprechenden Abzug der stillen Reserven von den neuen Anschaffungskosten im Jahr der Veräußerung oder über die Bildung einer Reinvestitionsrücklage („6b-Rücklage") in der Steuerbilanz. Die Reinvestitionsrücklage muss dann binnen 4 Jahren auf ein neu angeschafftes Wirtschaftsgut übertragen werden.
Dies ist bei Verkauf von Grund und Boden und Übertragung auf Grund und Boden möglich, wenn das veräußerte Grundstück zuvor mind. 6 Jahre zum Betriebsvermögen gehört hat. Auch das zu erwerbende Grundstück muss natürlich Betriebsvermögen werden. Eine Übertragung ins Privatvermögen ist ausgeschlossen.
Gewinne aus der Veräußerung von bebauten Grundstücken müssten auf Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits aufgeteilt werden, wenn unbebauter Grund und Boden angeschafft wird. Dies hat den Hintergrund, dass stille Reserven aus einer Gebäudeveräußerung nicht auf unbebauten Grund und Boden übertragen werden können (umgekehrt aber möglich).
Sofern Sie in Ihrem Betrieb nicht bilanzieren, ist nach § 6c EStG
entsprechend zur Rücklage ein Verzeichnis über die zu übertragenden stillen Reserven zu führen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie gern die Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Nils Hoefer
Rechtsanwalt und Steuerberater
Diese Antwort ist vom 15.05.2019 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Hoefer,
ich möchte es ganz genau wissen: Ich bin Landwirt (führe steuerlich eine Ein- und Ausgabenrechnung) in einem Dorf in Niedersachsen. Hier ist mein Betrieb und Lebensmittelpunkt. Erkennt das FA den Kauf von Ackerland in Sachsen-Anhalt steuerneutral an, obwohl ich dort nicht wohne und keinen zweiten landwirtschaftlichen Betrieb habe? Oder anders ausgedrückt: Kann ich die stillen Reserven aus dem Ackerlandverkauf hier steuerneutral übertragen auf Ackerland, welches ich in Sachsen-Anhalt kaufe (und dann natürlich im Betriebsvermögen geführt werden muss)?
Alle anderen von Ihnen angeführten Voraussetzungen treffen zu.
Sehr geehrter Fragensteller,
das angeschaffte Grundstück muss als Betriebsvermögen qualifiziert werden können. Zudem muss das angeschaffte Grundstück Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte sein. Hierzu hat der Bundesfinanzhof bereits vor einiger Zeit entschieden, dass bei einem Land- und Forstwirt ein Grundstück, welches mehr als 100 km von der Hofstelle entfernt liegt, regelmäßig nicht dem notwendigen Betriebsvermögen eines aktiv bewirtschafteten oder eines verpachteten L+F-Betriebs zugeordnet werden kann (Bundesfinanzhof: Urteil vom 19.07.2011 – IV R 10/09
). Anders wäre dies natürlich bei der Einrichtung einer zweiten Hofstell vor Ort.
Die Frage ist daher, wie die neuen Flächen in Sachsen-Anhalt genutzt werden sollen?
Wenn Sie die neuen Flächen kein notwendiges Betriebsvermögen sind, weil Sie diese nicht selber bewirtschaften, können Sie diese nur als gewillkürtes Betriebsvermögen im betrieblichen Anlagevermögen ansetzen.
Aus EStR 4.2 (1) zu § 4 wird bestimmt, dass "Wirtschaftsgüter, die in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihn zu fördern bestimmt und geeignet sind (…) als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden (können)."
Zudem ist bei gewillkürtem Betriebsvermögen ein gewisser Grad an betrieblicher Nutzung erforderlich. Eine betriebliche Nutzung von mindestens 10% und maximal 50% muss vorliegen, um Güter als gewillkürtes Betriebsvermögen behandeln zu können. Bei solchen Wirtschaftsgütern wird dem Eigentümer bei Anschaffung somit ein Wahlrecht eingeräumt, ob der Vermögensgegenstand betrieblich verbucht wird oder ins Privatvermögen kommt. Besteht keinerlei betrieblicher Zusammenhang oder Nutzung, liegt notwendiges Privatvermögen vor.
Grundstücke können zudem gewillkürtes Betriebsvermögen darstellen, wenn sie nicht betrieblich genutzt werden, eine Nutzung aber künftig in Betracht kommt oder das Grundstück ansonsten dem Betrieb dienen kann. Eine zukünftige Bewirtschaftung oder Fremdverpachtung wären hier also denkbar. Fremdvermietete Grundstücke können grundsätzlich gewillkürtes Betriebsvermögen darstellen, wenn sie der finanziellen Absicherung des Betriebes dienen und seine Ertragsfähigkeit steigern. Dies geht aber nur, wenn dadurch das Gesamtbild der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit nicht wesentlich verändert wird.
Für eine abschließende Beurteilung sind also weitere Informationen notwendig, da Ihre Sachverhaltsdarstellung insbesondere hinsichtlich der beabsichtigten Nutzung recht kurz ausfallen bislang. Hierzu können Sie mir gern weitere Informationen zukommen lassen
Mit freundlichen Grüßen
Nils Hoefer
Rechtsanwalt und Steuerberater